Silberband 018 - Hornschrecken
fünften Transition, die meinem Organismus die letzten Reserven abgefordert
hatte, waren wir angegriffen worden. Es war noch außerhalb des Atanus-Systems, dicht vor der
Umlaufbahn des fünften Planeten, geschehen.
Ein riesiges Walzenschiff hatte ohne Warnung das Feuer eröffnet und erst danach eine
Funkanfrage abgesetzt. Vorher aber hatten wir einen schweren Treffer erhalten.
Der Thermobeschuß hatte Außenzelle und Doppelwandungen von Laderaum zwei durchschlagen, das
Querschott abgeschmolzen und den Rest seiner Energie im Pumpenraum abgegeben.
Sämtliche Hydrauliksysteme waren ausgefallen. Spezialist Argo Multpol, zweiter Ingenieur des
Schiffes, war schwer verwundet worden. Jetzt bemühten wir uns verzweifelt, die von dem Angreifer
geforderte Landung durchzuführen.
Melbar Kasom flog das Schiff in Manuellsteuerung. Achard und Komo Hetete versuchten, die
durchschossenen Panzerschläuche der Hydraulik zu flicken und eine Reservepumpe in Gang zu
bringen. Wenn wir die Landebeine nicht ausfahren konnten, mußte das Schiff nach dem Aufsetzen
unweigerlich umstürzen.
Der dritte Umlauf begann. Unter uns lag ein rotbrauner Planet mit weiten Geröll- und
Wüstengebieten, die immer wieder von mächtigen Gebirgszügen unterbrochen wurden.
Auf Haknor hatte es noch nie viel Wasser gegeben. Die wenigen Flüsse und Seen hatten jedoch
grüne Vegetationsstreifen hervorgebracht, die von den Springern dicht besiedelt worden waren.
Ibrahim Bentosa und ich kümmerten uns um den Zweiten Ingenieur, dessen rechtes Bein
fürchterlich verbrannt worden war.
Multpol stöhnte nicht mehr. Eine Injektion hatte seine Schmerzen beseitigt und ihn
gleichzeitig einschlafen lassen. Ich bezweifelte, daß Multpols Bein noch zu retten war, es sei
denn, auf dem Planeten hätte es eine moderne Klinik gegeben.
Wir sprühten einen gewebeerneuernden Plasmafilm über die Brandwunden und legten den Verletzten
auf sein Lager. Mehr konnten wir augenblicklich nicht tun.
Ich ließ Bentosa als Wache zurück und rannte zur Zentrale vor. Melbar Kasom saß wie ein
Felsklotz in seinem Kommandosessel. Seine Schaltungen erfolgten schnell und präzise. Wenn jemand
die KASO-V trotz des Treffers auf den Boden bringen konnte, dann war es der Ertruser.
Achard und Hetete arbeiteten in den Tiefen des Schiffes. Hinter uns, knapp drei Kilometer
entfernt, hing scheinbar bewegungslos das Walzenschiff. Seine Kanonen drohten immer noch.
Ich sprang auf den Sessel des Zweiten Kosmonauten und ging hinter der Armlehne in
Sichtdeckung. Die Bildsprechverbindung war von Bentosa kurz nach dem Angriff hergestellt
worden.
»Nach diesem Umlauf landen, Überschwerer. Wir wollen sehen, wie du das schaffst«, klang die
Stimme eines Fremden aus den Lautsprechern.
Ich spähte vorsichtig um die Ecke der Armlehne. Das braungebrannte Gesicht eines
hochgewachsenen Mannes blickte mir von dem Bildschirm entgegen. Seine blauen Haare waren zu
vielen kleinen Zöpfen geflochten, die ihm bis auf die Schultern niederhingen.
Das waren die leicht mutierten Springerabkömmlinge, die vor etwa tausend Jahren den zweiten
Planeten der gelben Sonne Atanus besiedelt hatten. Die Chronik sprach von einem Schiffsunglück,
das die Besatzung auf diese Welt verschlagen hatte. Anschließend waren die Überlebenden seßhaft
geworden, bis sie einige hundert Jahre später wiederentdeckt wurden.
Der Planet Haknor war völlig autark, da er vor einundfünfzig Jahren der Galaktischen Allianz
beigetreten war. Es war aber lediglich ein kluger Schachzug und weniger ein Herzensbedürfnis
gewesen.
»Was hast du angeblich an Bord, Sichellocke?« fragte der Sprecher wieder an. »Terkonitstahl,
eh? Wieviel Tonnen?«
»Ich werde dir das Genick zermalmen, du feiger Halunke«, entgegnete Kasom. »Lasse mich erst
unten sein.«
Der Fremde, es war der Kommandant des Springerschiffs, lachte laut. »Dazu wirst du nicht
kommen.«
»Ich, Melbar Kasom, der Überschwere, komme dazu, du Narr. Seit wann schießt man auf harmlose
Pendler, die nur deshalb gekommen sind, um ein Geschäftchen zu machen? Oder braucht ihr
Schafsköpfe vielleicht keine hochwertigen Schiffsbaubleche?«
»Wir werden sehen, ob deine Angaben richtig sind.«
»Sie sind es.«
»Wir werden sehen, ich sagte es. Vorerst haben wir einmal geschossen. Auf Haknor herrscht
Krieg, Sichelkopf.«
»Woher sollte ich das wissen?« schrie Kasom zurück. Drohend blickte er zu der Bildaufnahme
hinüber. »Das kostet euch ein Vermögen. Ihr
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