Silberband 018 - Hornschrecken
Bildschirm erlosch.
Langsam drehte Rhodan sich um und sah direkt in die weit geöffneten Augen von Bully, seinem
ältesten Freund und Gefährten. Er glaubte, so etwas wie Angst in ihnen flackern zu sehen.
»Der alte Atlan – immer zu einem Schwätzchen aufgelegt«, sagte Bully leichthin. »Dann
wird Gucky also doch mit von der Partie sein. Ich dachte, er könnte sich nicht von Iltu
losreißen. Seit die beiden verheiratet sind, hocken sie doch immer zusammen.«
Etwas in seiner Stimme ließ Rhodan aufhorchen. Er schmunzelte. »Mein Alter, du wirst doch
nicht etwa neidisch sein? Gönne den beiden ihr Glück.«
»Und ob ich das tue.« Bullys Stimme klang scherzhaft, aber seine Augen blieben ernst. Die
Angst war noch nicht aus ihnen gewichen. Sie paarte sich mit Ungewißheit und der Qual, die alles
entscheidende Frage doch einmal stellen zu müssen.
Rhodan beschloß, das grausame Spiel zu beenden. »Gucky bringt den ersten gefundenen
Zellaktivator. Ich werde ihn dir geben. Du warst sowieso der nächste mit der Zelldusche.«
Keine Worte hätten Bullys Erleichterung beschreiben können. Man sah ihm förmlich an, wie ein
imaginärer Stein von seinem Herzen rollte. Seine Augen leuchteten auf, und unwillkürlich machte
er einen Schritt auf Rhodan zu, streckte ihm die Hand entgegen. »Danke, Perry. Ich hätte dich nie
darum gebeten.«
Rhodan nahm die Hand.
»Wem hätte ich den Aktivator sonst geben können?« fragte er mit gespieltem Erstaunen und
kehrte in die Zentrale zurück.
Kommandant Hogard erwartete ihn bereits. Wenn er etwas von dem Gespräch zwischen Rhodan und
Atlan vernommen hatte, so ließ er sich das nicht anmerken.
»Wir nehmen in zwei Minuten wieder Fahrt auf, Sir.«
Rhodan gab ihm die Koordinaten des Treffpunkts und erklärte dann: »Sorgen Sie dafür, daß beim
Austritt aus der Librationszone ständig Peilzeichen mit Hyperfunk gegeben werden. Wann können wir
die angegebene Position erreichen?«
»In drei bis vier Stunden.«
»Gut. Sie finden Reginald Bull und mich in meiner Kabine.«
Die KENIA erreichte die festgesetzte Position nur wenige Minuten später als die
NOSTASA. Nach einem kurzen Funkgespräch der beiden Kommandanten konnte sie ihren Flug
fortsetzen.
Vorher aber teleportierte Gucky in die NOSTASA.
Für den Mausbiber war es eine Kleinigkeit, die geringe Entfernung zu überspringen. Er
entmaterialisierte auf der KENIA und entstand noch in derselben Sekunde wieder auf der NOSTASA.
Er hatte dabei sein Ziel so genau angepeilt, daß er auf dem Schoß des Navigators
rematerialisierte.
Der junge Leutnant, obwohl auf das Erscheinen eines Teleporters vorbereitet, erschrak derart,
daß er entsetzt aufsprang. Dabei rutschte Gucky auf den Boden und landete auf seinem Hinterteil.
Mit einem Satz war er wieder auf den Beinen.
»Schwächling!« zeterte er und rückte seine Spezialuniform zurecht, die man extra für ihn
geschneidert hatte. Sein Biberschwanz zitterte erregt in dem flachen Futteral. »Bei dir hat wohl
noch nie jemand auf dem Schoß gesessen, was?«
»N-nein, Mister Guck – eh, Leutnant Guck.«
Der Mausbiber grinste. Dann aber fauchte er wütend: »Erinnere mich nicht daran, daß ich immer
noch Leutnant bin. Man hat mich vergessen. Ich werde auch dann noch Leutnant sein, wenn wir den
Nebel der Andromeda zur Kronkolonie ausrufen. Na, von mir aus.« Plötzlich grinste er wieder. »Du
bist wohl von Natur aus schüchtern, was?«
Der Navigator hatte sich inzwischen von seinem Schreck erholt. Er schien es nicht zu lieben,
über private Dinge zu sprechen. Schon gar nicht mit Gucky, der ohnehin seine Gedanken lesen
konnte.
»Möchte den sehen, der bei deinem unverhofften Erscheinen keinen Schreck kriegt«, knurrte er
und nahm wieder auf seinem Stuhl Platz.
Gucky hielt ihm drohend die geballte Faust unter die Nase, watschelte dann mit triumphierender
Miene zu dem sprachlosen Ten Hogard und baute sich vor ihm auf. »Telepathischer
Telekinetenteleporter Leutnant Guck wie befohlen zur Stelle.«
Ehe der Oberst einen vernünftigen Ton hervorbringen konnte, traten Rhodan und Bully in die
Zentrale. Mit ausgebreiteten Armen eilte Bully auf den Mausbiber zu, der entsetzt seinen Nagezahn
bleckte und sich hinter Oberst Hogard zu verstecken suchte.
Für einen Augenblick vergaß Rhodan seine Sorgen. Lächelnd sah er zu, wie die beiden Freunde
sich begrüßten.
Ganz so schnell allerdings ging das nicht.
»Was hast du denn, Gucky? Angst vor mir?«
Bully rannte um
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