Silberband 018 - Hornschrecken
Gebieter.
Voszogam ließ sich auf einem eilig herbeigeschafften Liegesessel nieder und lächelte zum
Badebecken hinab.
»Ein guter Kampf, Akwor. Unser Vertrag läuft in wenigen Tagen ab. Wirst du bei mir
bleiben?«
Der Alte, der dem Vernehmen nach ein großer Feldherr sein sollte, lächelte immer noch. Kasom
wurde vorsichtig. Die Frage war bedeutsamer, als uns lieb sein konnte.
»Ich bleibe, Herr«, dröhnte Kasoms Stimme. »Jedoch bitte ich um freien Weg für eine
Ektade.«
»Weshalb?«
Kasom grinste und machte eine Handbewegung, die ich nicht verstand. Die beiden Wächter
begannen zu lachen, und Voszogams Lächeln wurde persönlicher.
»Ich verstehe, Malkinos Vergnügungen locken. Ich gewähre dir freien Weg. Du solltest jedoch
wissen, daß ich dich erwarte.«
»Ich komme, Herr. Es zieht mich nicht in die Wälder meines Stammes zurück.«
»Gut. Du wirst dich fragen, warum ich den Kampf erlaubt habe?«
»Es sollte wenigstens zwischen uns geklärt werden, Herr«, entgegnete Kasom gelassen.
»Der Edle Magontin, ein mächtiger Schiffseigner und Handelsmann aus Oszala, bezweifelte deine
Qualitäten. Er wollte dich vor dem Rachen eines Krötenwolfs sehen.«
»Habe ich ihm an den Hals geschlagen, Herr?«
Voszogam zögerte. »Ich kann es mir nicht vorstellen. Er wettete jedoch mit dem Masho, der
ebenfalls viel von dir hält. Ich konnte deshalb nicht anders als zuzustimmen.«
Ich nickte grimmig vor mich hin. So war das also gewesen. Dieser eigenartige Edle und Reeder
aus der zweitgrößten salonischen Hafenstadt hatte den Umweg über den Masho gewählt, um Voszogam
vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das entsprach ganz perfekter Spezialisten-Taktik.
Der Feldherr wechselte noch einige Worte mit seinem Gladiator. Dann ließ er nach seiner Sänfte
rufen.
Vier Sklaven krochen in den Baderaum. Die Wächter halfen ihrem Herrn auf das von einem
Sonnendach überspannte Liegegestell. Kasom räusperte sich. Das wäre nicht nötig gewesen, denn
auch ich hatte längst erfaßt, daß diese Sänfte eine gute Möglichkeit bot, um schnell und
gefahrlos aus der Arena zu kommen.
Kasom lenkte die Wächter durch einen Zuruf ab. Ich spurtete hinter dem Bottich hervor und
sprang mit einem weiten Satz auf die Polster, unter denen ich mich sofort versteckte.
Augenblicke später legte sich Voszogam nieder. Ich mußte unter dem Rand des Kopfkissens nach
oben kriechen, um nicht zerquetscht zu werden. Kasom bemerkte meine winkende Hand.
»In drei Stunden wird die Stadt mir gehören«, sagte er lachend.
Ich verstand.
Der Weg durch die breiten Gänge der Arena interessierte mich nicht. Die Wächter sorgten für
freie Bahn, und so gelangte ich, ohne entdeckt zu werden, aus dem Labyrinth.
Ehe wir das Hauptportal passierten, schob sich ein Ungeheuer an meine Seite. Vorsichtig das
Tuch des Kissenbezugs anlüftend, spähte ich nach draußen und erkannte einen riesigen Vogel, auf
dem ein Mann ritt. Es war der Salone, in dem Kasom Leutnant Ebrolo vermutete.
Ich prägte mir die Gesichtszüge genau ein. Wahrscheinlich hatte der Unhold alles getan, um
seine Einsatzmaske so zu verändern, daß man ihn anhand der Bilder nicht mehr erkennen konnte.
»Gruß dir, Voszogam«, sagte der Fremde in einem Dialekt, den ich noch nicht gehört hatte. Es
schien die Sprache der Küstenbewohner zu sein.
»Gruß, Magontin«, entgegnete der Feldherr. »Ich werde dir eine Kralle des Krötenwolfs
übersenden. Erinnerungen an verlorene Wetten sollen bedeutsam sein, da sie zur Vorsicht
raten.«
Der Reiter lachte. Er spielte den guten Verlierer. »Wie hat sich dein Gladiator entschieden?
Wirst du ihn an mich abtreten?«
Voszogam seufzte. »Nur die Götter wissen, was diesen Wilden an mich bindet. Ich finde seine
Zuneigung erstaunlich.«
»Er will also nicht?«
»Ich möchte eher sagen, er zieht die Vorsicht der Höflichkeit vor. Gerechterweise mußte ich
ihn darüber aufklären, daß der Kampf nicht ganz nach meinem Willen erfolgte. Dein Wunsch war mir
Befehl, Edler Magontin.«
Der Reiter machte eine bedauernde Handbewegung und verabschiedete sich. Mit einem schrillen
Ruf trieb er seinen Laufvogel an. Zu dieser Zeit hatten wir schon die Arena verlassen. Atlan
stand auf einen dicken Knotenstock gestützt an der Einfassungsmauer und ließ seine kläglichen
Rufe hören.
»Umbarth, der Feuerbläser, treuester Diener des großen Voszogam vor Llahakal, bittet um eine
Gabe«, jammerte der Chef. »Ihr Edlen, denkt an Umbarth, den
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