Silberband 019 - Das Zweite Imperium
umgeben, in der die KOPENHAGEN
unbemerkt und mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf das Ziel zuschoß.
Tausendmal heller als die Streufelder des Lineartriebwerks leuchtete die Energieentfaltung der
Kernladung, und der Gegner war vollauf damit beschäftigt, dem Rätsel der plötzlichen Explosion
auf die Spur zu kommen.
Die KOPENHAGEN aber war in Sicherheit.
Der Astronomische Offizier hatte sich in aller Eile über die Positionen der
einzelnen Planeten informiert. Pahl besaß insgesamt elf Satelliten. Nummer vier davon war Apas,
die Heimatwelt der Apasos, zu denen auch Kody gehört hatte. Apas stand, nachdem die KOPENHAGEN
die Sonne passiert hatte, schräg rückwärts zum Kurs des Schiffes auf der anderen Seite der Sonne,
bei Phi einhundertsiebenundneunzig, wie der Astronom sich ausdrückte. Torav hatte jedoch ohnehin
keine direkte Landung auf Apas geplant und war völlig damit zufrieden, daß in der Flugrichtung
der KOPENHAGEN, mit geringfügigen Abweichungen bis zu maximal fünfundzwanzig Grad, fünf andere
Pahl-Planeten lagen. Als vorläufiges Ziel wählte er Kohnla, den sechsten Satelliten der roten
Sonne, nach Kodys Schilderung eine marsähnliche Wüstenwelt mit einer Handvoll weit voneinander
entfernter Bluesstützpunkte.
Der Orter begann kurze Zeit später mit der Beobachtung des Zielplaneten. Aus sicherer
Entfernung wurden fünf verschiedene Niederlassungen der Blues ermittelt. Kody hatte ausgesagt,
daß sie in erster Linie der Erforschung der Umwelt auf Kohnla dienten. Torav war, während er die
nächsten Manöver plante, von der Überlegung ausgegangen, daß solche Stationen nur über die
gängigen Ortungsgeräte verfügten, die ihnen etwa die Ankunft eines Versorgungsschiffs rechtzeitig
anzeigten. Wenn die KOPENHAGEN sich den richtigen Landeplatz aussuchte und zum Abbremsen das
Korpuskulartriebwerk verwandte, dann bestand keine Gefahr, daß sie von den Blues ausgemacht
würde – immer vorausgesetzt, daß Toravs Vermutung richtig war.
Auf einer weiten Wüstenfläche, mehr als fünfhundert Kilometer vom nächsten Bluesstützpunkt
entfernt, ging die KOPENHAGEN nieder. Die Landung verlief ohne Zwischenfälle. Eine Stunde lang
nach dem Aufsetzen horchte der Orter mit seinen empfindlichen Instrumenten die Umgebung des
Schiffes ab. Es gab kein Anzeichen verdächtiger Aktivität.
Es war so gut wie sicher, daß der Gegner von der Landung des terranischen Raumschiffs nichts
bemerkt hatte.
Torav Drohner atmete auf.
Unweit der Landestelle erzeugten die thermischen Geschütze der KOPENHAGEN eine
Höhlung, in der sich das Schiff mitsamt der zu errichtenden Transmitterstation bequem verbergen
konnte. Die KOPENHAGEN bezog ihr neues Versteck, und ein stationär in den geschmolzenen Grund des
Loches eingebauter Projektor erzeugte in der Höhe des Wüstenbodens ein Fiktivbild, das jedem
unvoreingenommenen Blick aus der Höhe das Bild der konturlosen Sandfläche glaubwürdig
vorgaukelte. Gefahr war nur dann zu erwarten, wenn sich einer der derart Unvoreingenommenen auf
die trügerische Höhlenöffnung hinaustraute. Die Täuschung war nämlich rein optischer Art. Die
ungehemmte Gravitation des Planeten Kohnla, zwar nur null-Komma-sieben-normal, aber immerhin
wirksam, würde dem Unvorsichtigen zum Verhängnis werden. Das Loch war zweihundert Meter tief, und
der geringste Sturz, den er tun konnte, war fünfzig Meter weit bis auf die oberste Kuppel des
Raumschiffs.
Die Aussichten, daß sich so etwas jemals ereignete, waren bei der weitmaschigen Anlage der
gegnerischen Stützpunkte denkbar gering. Torav Drohner war völlig gewiß, daß die KOPENHAGEN sich
hier in nahezu absoluter Sicherheit befand.
Er war ein wenig stolz darauf, daß der erste Teil des Unternehmens so reibungslos geglückt
war. Marschall Mercant hatte vorerst noch nichts, worüber er sich beklagen konnte.
Und doch hätte Torav besser daran getan, die neunundneunzig Prozent Wahrscheinlichkeit, die
die Bordpositronik für die Sicherheit des Schiffes errechnet hatte, nicht für Gewißheit zu
halten.
4. März 2327, 08.30 Terrania- und Bordzeit.
Auf dem Grund des künstlichen Kessels mitten in der Wüste stand das schlanke, torpedoförmige
Beiboot der KOPENHAGEN startbereit. Das Aussehen des Kessels hatte sich in den vergangenen
Stunden merklich verändert. Ein Stollen war durch die Kesselwand ostwärts getrieben und nach
hundert Metern zu einem hallenartigen Raum erweitert worden. In der Halle war die
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