Silberband 021 - Strasse nach Andromeda
wenigen Ausfällen einzelner Splittergruppen abgesehen, Zeit der Ruhe
und des Aufschwungs.
1.
Sie schrien ununterbrochen. Sie beruhigten sich auch nicht, als Icho Tolot den Raum
betrat und vor den beiden Krankenlagern stehenblieb.
Fancan Teik trug noch seinen Kampfanzug. Teik war vor zwei Stunden von einer Drangwäsche
zurückgekommen. Er war müde.
Tolot sah zu dem heimgekehrten Kämpfer hinüber. Niemand würde jemals erfahren, welche
Abenteuer Fancan Teik gesucht und auch gefunden hatte. Über solche Dinge schwieg man –
normalerweise!
Diesmal hatte sich jedoch etwas ereignet, das Teik verpflichtete, wenigstens einen Teil seiner
Erlebnisse zu offenbaren.
Klautos Mur verhielt sich abwartend. Nachdem er seine ärztlichen Pflichten nach bestem Wissen
erfüllt hatte, war er einige Schritte zurückgetreten.
Icho Tolots Haus war groß; eigentlich viel zu groß für einen jungen Mann, der im Rat der Alten
zu schweigen hatte, bis man das Wort an ihn richtete. Dennoch besaß Tolot Qualitäten, über die
man nicht hinwegsehen konnte. Er war ein hervorragender Wissenschaftler.
Tolot beugte sich über die beiden Kranken, in deren Augen der Irrsinn flackerte. Der Mediziner
Klautos Mur hatte sie in einen energetischen Fesselschirm eingebettet, damit sich die Tobenden
nicht verletzen konnten.
Tolots tiefe Stimme klang überraschend weich. Vorsichtig strich er dem jüngeren Mann über die
schweißverklebten Haare. Tolot versuchte durch seinen Gesang den Kranken zu beruhigen. Es gelang
ihm nicht.
»Eine sehr heftige Reaktion«, erklärte Mur. »Sie werden keinen Erfolg haben.«
Tolot richtete sich auf. Seine Hand glitt aus dem Kraftfeld zurück.
»Die körperlichen Schäden haben wir beseitigen können«, fuhr der Mediziner fort. »Die Männer
sind physisch vollkommen in Ordnung. Gegen die geistige Verwirrung bin ich machtlos. Was schlagen
Sie vor?«
Tolot fühlte den milden Vorwurf, der in dieser Frage lag. Er hatte darum gebeten, die Kranken
in seinem Haus aufnehmen zu dürfen.
Er kontrollierte die Robotschaltung der Klimaanlage und nahm neben dem Mediziner Platz. Das
Licht der roten Sonne fiel kraftlos durch die Deckenfenster.
Fancan Teik bemerkte Tolots auffordernden Blick. Es wurde Zeit, die Hintergründe der
Angelegenheit zu erläutern.
Teik griff in eine Außentasche seines Kampfanzuges und zog zwei Klarsichthüllen hervor.
»Das sind die Legitimationen der beiden Männer«, erklärte er übergangslos. »Es handelt sich um
Leutnant Orson Coul, Terraner, und um den Kanonier Heyn Borler, ebenfalls Terraner. Beide
gehörten zur Besatzung des terranischen Schweren Kreuzers OMARON.«
»Gehörten …?« warf Tolot ein.
»Das Schiff ist mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit vernichtet worden.«
»Durch eine Kampfhandlung?«
»Nein. Meine Auswertung spricht dagegen. Es scheint sich um einen Unfall gehandelt zu haben.
Ich habe die Kranken im Szonu-Sektor entdeckt, in einem Rettungsboot. Ich habe es an Bord meines
Schiffes geholt und mich dann entschlossen, die Schiffbrüchigen hierherzubringen. Meine Aufgabe
war ohnehin beendet.«
Mehr zu sagen gehörte nicht zu den Regeln. Es genügte vollauf, wenn Fancan Teik versicherte,
er hätte die beiden Terraner im Raum zwischen den Sternen aufgefischt.
Tolot erhob sich und trat vor einen Bildschirm seiner Erfassungsanlage. Teiks Schiff ruhte auf
dem Landefeld vor Tolots Haus. Das terranische Rettungsboot war bereits ausgeschleust worden. Ein
datenverarbeitender Roboter beschäftigte sich mit der Auswertung der Bordpositronik.
»Es ist unbeschädigt«, sann Icho Tolot laut. »Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihr
Entgegenkommen, Fancan Teik. Sind Sie damit einverstanden, daß ich die Geretteten zum nächsten
terranischen Stützpunkt bringe?«
Teik lachte. Es war ein dumpfes, grollendes Lachen.
»Sie werden wohl gehen müssen, Tolot. Ich bin einverstanden. Werden Sie sich in der Zentrale
abmelden?«
Der Mediziner hielt den Atem an. Fasziniert sah er zu dem jungen Mann hinüber.
Icho Tolots Augen erglühten in einem inneren Feuer. Seine Gestalt verdeckte einen Teil des
Bildschirmes.
»Wahrscheinlich. Ich bin an Terra stark interessiert.«
Fancan lachte erneut, diesmal aber leiser und herzlicher.
»Lassen Sie sich nur nicht dazu verleiten, diesem sympathischen Volk zu hilfreich unter die
Arme zu greifen. Es muß seine Probleme allein meistern.«
Der Mediziner lachte ebenfalls. Er war alt und verbraucht. Trotzdem fühlte
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