Silberband 029 - Der Zeitagent
Ohren der Ratte zuckten. Ihre Vorderpfoten
wanderten unruhig über die glatte Oberfläche eines größeren Trümmerstückes.
»Was für ein Biest!« rief Brank. »Haben Sie jemals eine so große Ratte gesehen, Sir?«
»Nein«, sagte Redhorse ruhig. Jede schnelle Bewegung vermeidend, griff er nach seinem
Strahler.
Die Ratte sah es und verschwand mit einem Sprung zwischen den Trümmern. Ein kurzes Rascheln,
dann war alles still. Brank fluchte unbeherrscht.
»Sie hat es gewußt, daß Sie auf sie schießen wollten, Sir.«
»Immer mit der Ruhe, Leutnant«, gab Redhorse zurück. »Es kann ebensogut Zufall sein, daß sie
flüchtete, als ich zur Waffe griff.«
»Das Biest sah schlau aus«, sagte Brank.
»Wie wollen Sie das feststellen?« fragte Papageorgiu gelassen. »Ich finde, alle Ratten sehen
gleich häßlich aus und gleich dumm.«
Wir hörten, wie Brank sich am Kinn kratzte. Das schabende Geräusch trieb mir einen Schauder
über den Rücken. Ich kam nicht von dem Gedanken los, daß ringsum unzählige Ratten lauerten und
jeden unserer Schritte beobachteten.
»Es war nicht irgendeine Ratte«, sagte Brank beharrlich. »Sie war größer als eine normale
Ratte, und sie war schlau.«
»Wir brechen auf!« befahl Redhorse. Er schien erkannt zu haben, daß wir zu unruhig waren, um
an diesem Platz zu bleiben.
»Wo Ratten sind, gibt es auch Menschen«, sagte Doutreval, als wir die Trümmer hinter uns
ließen und in den schmalen Gang eindrangen, der direkt ins Eis führte.
Redhorse übernahm wieder die Führung. Ab und zu sah ich sein Gesicht im Lichtkreis des
Scheinwerfers. Es war hager und erweckte, solange man die Augen nicht sehen konnte, den Eindruck
einer Maske. Dieser Eindruck des Maskenhaften legte sich sofort, wenn man Redhorses tiefdunkle
Augen sah, die voller Ausdruckskraft und Leben waren.
Bald wurde der Gang so niedrig, daß wir nicht mehr aufrecht gehen konnten. Redhorse machte
jedoch keine Anstalten, in die große Höhle zurückzukehren. Schließlich mußten wir auf allen
vieren weiterkriechen. Ich stieß meinen Rücken und meine Hüften an der rauhen Oberfläche der
Seitenwände wund. Die Luft war so schlecht, daß mir trotz der Kälte der Schweiß ausbrach. Hinter
mir hörte ich Brank ununterbrochen Verwünschungen ausstoßen. Ich fragte mich, warum ein Mann, der
allen Dingen gegenüber so negativ eingestellt war wie Brank, überhaupt in der Solaren Flotte war.
Nun, dachte ich spöttisch, im Weltraum konnte er sein Gift loswerden.
Dann wurde der Gang wieder breiter und höher. Wir konnten uns aufrichten und befreiter atmen.
Redhorse kommentierte die Veränderung unserer Umgebung nicht, er schien das alles mit dem
unfehlbaren Instinkt des Indianers vorausgesehen zu haben.
Der Gang mündete in einem verhältnismäßig gut erhaltenen Gebäude. Redhorse schob die Überreste
einer Tür zur Seite. Er leuchtete den Raum, der vor uns lag, sorgfältig ab, bevor er ihn
betrat.
Es schien sich um einen privaten Wohnraum gehandelt zu haben, denn anstelle der gewohnten
Maschinen sahen wir einfaches Mobiliar. Papageorgiu ließ sich in einen abstrakt geformten Sessel
fallen und streckte seine langen Beine von sich.
Redhorse untersuchte die Schriftstücke, die auf dem Tisch herumlagen. Ein Teil davon war
vermodert, und zerfiel unter seinen Händen zu Staub.
Papageorgiu zog sich einen zweiten Sessel heran, um seine großen Füße darauf legen zu
können.
»Was soll der Unsinn?« fauchte ich ihn an. Seine Unbekümmertheit machte ihn mir unsympathisch,
obwohl ich genau wußte, daß ich überhaupt keinen Grund hatte, ihn zu beschimpfen.
»Sie sollten sich auch ein bißchen ausruhen«, schlug er vor und deutete auf die freistehenden
Sessel.
Doutreval wanderte im Zimmer auf und ab und leuchtete auf den Boden. Brank stand neben Bradon
und erzählte ununterbrochen von allen möglichen Arten von Ratten, die er im Laufe seines Lebens
kennengelernt hatte.
»Aber ein solches Biest habe ich bisher noch nicht gesehen«, beteuerte er abschließend.
»Nichts«, sagte Redhorse und wischte den Papierberg mit einer Handbewegung vom Tisch.
»Untersuchen wir die anderen Räume.«
»Was haben Sie entdeckt?« wollte Bradon wissen.
Redhorse lachte. »Mahnungen«, sagte er. »Es waren Mahnschreiben, die den Empfänger zu
schnellerer Zahlung seiner Schulden aufforderten.«
Damals, dachte ich, mußten dem Lemurer, der diese Mahnungen erhalten hatte, diese Schreiben
wichtig vorgekommen sein. Jetzt,
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