Silberband 029 - Der Zeitagent
hier irgendwo eine Station geben
muß, die bewohnt ist. Wir werden sie suchen.«
»Ich habe keine Lust, in einem Eisblock begraben zu werden«, erklärte Brank aufgebracht.
»Wenn Sie wünschen, können Sie umkehren – allein«, sagte Redhorse.
Brank wandte sich ab und schwieg. Er wußte, daß er keine Chance hatte, den Fernsteuerturm zu
finden.
»Ab sofort«, sagte Redhorse, »werden wir uns vorsichtiger verhalten. Jeder hält eine Waffe
schußbereit. Nur der Mann, der an der Spitze geht, darf seinen Scheinwerfer benutzen. Sobald
Gefahr droht, wird das Licht ausgeschaltet.«
Wir durchquerten die Höhle. Am anderen Ende stießen wir auf die Trümmer eines eingestürzten
Hauses. Dahinter führte ein schmaler Gang durchs Eis. Plötzlich hörten wir ein Zischen.
»Stehenbleiben!« befahl Redhorse und löschte seinen Scheinwerfer.
Das Zischen wiederholte sich in regelmäßigen Abständen. Es schien direkt aus den Trümmern zu
kommen.
»Was kann das sein?« fragte Papageorgiu gedämpft. Seine Stimme klang angespannt. Offenbar
konnte er es kaum erwarten, sich wieder in irgendeinen Kampf zu stürzen.
»Wenn sich dort irgend jemand aufhält, hat er uns bestimmt schon entdeckt«, klang Bradons
Stimme durch die Dunkelheit.
»Richtig«, sagte Redhorse.
Sein Scheinwerfer flammte wieder auf. Ich sah, wie er auf die Trümmer zuging. Es blieb uns
nichts anderes übrig, als dem Major zu folgen. Die Plastikplatten, aus denen das Haus bestand,
waren von Eiskristallen überzogen. Sie waren so glatt, daß sie meinen Füßen kaum einen Halt
boten.
Mit der Sicherheit eines Spürhundes ging Redhorse auf die Geräuschquelle zu. Dann tauchte im
Lichtschein eine Dampfsäule auf. Das Licht wanderte tiefer, blieb schließlich an einem dicken
Rohr hängen. Am Ende des Rohres war eine Art Ventil angebracht, das sich in regelmäßigen
Abständen öffnete und eine Dampfwolke ausstieß. Wir begafften das Rohr, als sei es ein
Wunder.
Ich spürte, wie meine Bauchmuskeln sich verkrampften. Das Rohr, das den Überdruck aus
irgendeinem Leitungssystem ableitete, schien dem tödlichen Eis Hohn zu sprechen, es war eine
Herausforderung des Lebens inmitten einer versunkenen Stadt.
Ich beobachtete, wie Redhorse seine Hand ausstreckte, zögernd, aber doch so bestimmt, daß
jeder wußte, der Major würde diese Bewegung zu Ende führen. Redhorse berührte das Rohr und zuckte
zurück. Unwillkürlich zuckte ich ebenfalls zusammen.
»Es ist heiß«, gab uns der Cheyenne lakonisch bekannt.
Wir redeten alle durcheinander. In diesem Reich der Kälte schien ein heißes Rohr etwas
Ungewöhnliches zu sein, es war die Spur, die uns zum Leben führen mußte.
»Es kommt aus der Tiefe«, fuhr Redhorse fort. »Wahrscheinlich aus den Bunkerstädten.«
Nacheinander betasteten wir das Rohr, beinahe sanft strichen wir mit unseren kalten Händen
darüber, als sei es etwas ungemein Kostbares. Redhorse leuchtete die Trümmer ab, offensichtlich
hoffte er, ein weiteres Rohr zu entdecken.
»Glauben Sie, daß unter diesen Trümmern jemand lebt?« fragte Doutreval.
»Sehr wahrscheinlich«, erwiderte Redhorse. Ich fragte mich, warum der Offizier so überzeugt
war. Ein heißes Rohr und eine eingefrorene Leiche waren schließlich noch kein endgültiger
Beweis.
»Und wo sollen wir den Eingang zur Unterwelt finden, Sir?« mischte sich Leutnant Bradon
ein.
»Wir müssen danach suchen«, sagte Redhorse. »Wir wissen jetzt, daß in den Bunkerstädten
zumindest noch eine Wärmequelle existiert.«
Wir durchsuchten eine halbe Stunde das eingestürzte Haus, ohne einen Zugang in die Tiefe zu
finden. Schließlich ordnete Redhorse eine kurze Rast an.
»Mein Magen knurrt«, gab Papageorgiu bekannt, als wir uns eine halbwegs gemütliche Stelle
aussuchten. »Es wird Zeit, daß wir etwas zum Essen finden.«
»Wenn es ganz schlimm wird, schlachten wir Surfat«, sagte Brank. »Bei der Leibesfülle des
Korporals können wir damit rechnen, einen Monat zu überleben.«
»Ich ersteche Sie mit einem Eiszapfen«, drohte ich ihm. »Ich werde …«
Ein Rascheln unterbrach mich. Meine Hand griff zum Scheinwerfer. Redhorse und Bradon waren
noch schneller als ich. Die Lichtstrahlen huschten über die Plastiktrümmer.
Sieben Meter von uns entfernt kauerte eine große Ratte am Boden und beobachtete uns. Ihre
Augen glänzten. Sie schien durch unsere Anwesenheit nicht verwirrt zu ein. Es war ein häßliches
Tier, mit stumpfem Fell und einem kurzen Schwanz. Die
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