Silberband 032 - Die letzte Bastion
lieber auf dieser Welt, als mit mir zu leben und zu herrschen?«
»Ein Mann kann für eine Frau alles tun«, sagte der Arkonide, »aber er darf nie seinen
Prinzipien untreu werden.«
»Prinzipien?« schrie sie ungläubig. »Was hast du von deinen Prinzipien? Kannst du mit ihnen
leben? Ernähren sie dich? Geben sie dir Macht? Küssen und umarmen sie dich?«
Er schwieg. Sie wollte ihn für sich gewinnen, aber er war nicht sicher, ob sie ihn liebte.
Wahrscheinlich wollte sie ihre Macht über ihn beweisen, wollte sich auch jetzt bestätigt
sehen.
Ich habe versagt, dachte Atlan resignierend. Ich habe das Solare Imperium und meinen
besten Freund, Perry Rhodan, dem Untergang preisgegeben. Aber den letzten Verrat begehe ich
nicht.
»Warum sagst du nichts?« wollte sie wissen. »Überlegst du?«
»Geh!« stieß er barsch hervor. »Laß mich allein!«
Er konnte sehen, daß sie vor Erregung zitterte. Sie war schöner denn je. Aber der Gedanke an
das, was sie zu tun beabsichtigte, löschte in Atlan alle Gefühle aus.
Plötzlich richtete sie sich auf. »Nun gut«, sagte sie. »Dann sollst du wissen, was ich getan
habe. Du sollst erfahren, wie es dazu kam, daß ich Faktor Eins wurde. Tut es dir nicht weh, wenn
du erfährst, daß ich gemordet habe, um dieses Ziel zu erreichen?«
»Ich messe dich nicht mit den üblichen Maßstäben«, murmelte er. »Du bist eine Wahnsinnige mit
einer eigenen Logik.«
»Vor zwanzigtausend Jahren rissen dreizehn reinrassige lemurische Renegaten die Macht an
sich«, sagte sie, ohne auf seinen Einwand zu hören. »Von Anfang an gelang es mir, meine wahre
Identität zu verbergen. Schließlich erfuhren sechs Renegaten, wer ihr Anführer war.« Mirona
Thetins Zähne blitzten. »Ich habe sie alle sechs ermordet. Seit dieser Zeit beherrschten meine
sechs Untergebenen und ich ganz Andromeda. Ein unbekannter Wissenschaftler der Alt-Lemurer hatte
Zellaktivatoren angefertigt, die sich beim Anlegen auf die Körperfrequenz des Trägers
einstellten.«
Atlan fragte sich im stillen, ob das rätselhafte Fiktivlebewesen von Wanderer bei der
Verteilung der Zellaktivatoren an die MdI eine Rolle gespielt hatte. Der Verdacht lag nahe, denn
es war zweifelhaft, ob ein lemurischer Wissenschaftler diese komplizierten Geräte bauen konnte,
deren Technik sogar den Siganesen verborgen blieb.
»Mit den Zellaktivatoren gab man mir gleichzeitig eine Waffe in die Hände, um die anderen MdI
zu beherrschen«, fuhr Mirona Thetin fort. »Ich besitze ein Gerät, mit dessen Hilfe ich die
Tätigkeit eines Aktivators verändern kann. Der betreffende Aktivatorträger wird in Minuten zum
alten Mann und zerfällt schließlich zu Staub. Keiner meiner unfreiwilligen Verbündeten wollte
sich einem solchen Risiko aussetzen.«
Atlan glaubte ihr jedes Wort. Offiziell hatte sie als Hoher Tamrat vom Sulvy-System gelebt.
Sie hatte sogar als erbitterte Gegnerin der MdI gegolten. In Wirklichkeit jedoch war sie Faktor
I, Chef der mächtigsten Organisation zweier Milchstraßen.
»Ich habe dich an Bord der IMPERATOR mit einem Detektor getestet«, stieß Atlan hervor. »Der
Test verlief negativ. Warum hat mein Gerät auf deinen Zellaktivator nicht reagiert?«
»Ganz einfach«, antwortete Mirona. »Ich wußte, daß ihr derartige Detektoren besitzt, deshalb
ließ ich mir ein Gerät einsetzen, das die Streuimpulse meines Aktivators absorbiert. Dieses Gerät
ist so konstruiert, daß ihr es selbst bei genauester Untersuchung nicht gefunden oder geortet
hättet.«
Atlan nickte deprimiert.
»Warum hast du uns vor den Amoksendern gewarnt?« fragte er dann leise. Er hoffte, ihren
schwachen Punkt zu finden. Er redete sich ein, daß sie aus Liebe zu ihm so gehandelt hatte. Ihre
nächsten Worte jedoch belehrten ihn eines anderen.
»Ich wußte, daß der Anschlag zum Scheitern verurteilt war«, sagte sie. »Indem ich euch half,
konnte ich in eurer Nähe sein und von euren Plänen erfahren. Das war wichtiger als ein Teilsieg
über die Erde. Jetzt hat es sich herausgestellt, daß ich richtig gehandelt habe. Nur weil ich
dich kannte, konnte ich dich als Werkzeug benutzen.«
»Bist du dir der Gefahr bewußt, die ein Zeitparadoxon für jeden von uns heraufbeschwört?«
»Für mich gibt es keine Gefahr«, sagte sie. »Ich befürchte nur, daß du die
Realitätsveränderungen nicht überleben wirst.«
»Könntest du mich töten?« fragte er.
»Aus Enttäuschung«, sagte sie. »Aus Enttäuschung darüber, daß du es
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