Silberband 032 - Die letzte Bastion
Goldstein, der noch nie in seinem Leben um ein rasches Wort verlegen
gewesen war, bedeutete das eine Menge.
Dowen erwachte schließlich aus seiner Starre und schritt zum Interkom. Er fühlte sich
gedemütigt und enttäuscht zugleich. Der Anblick der Tefroderin hatte ihn trotz seiner guten
Vorsätze in einen emotionellen Wirrwarr gestürzt – nur um ihn zu guter Letzt erkennen zu
lassen, daß diese Frau so unerreichbar hoch über ihm stand und er sich ins eigene Fleisch
schnitt, wenn er es nicht fertigbrachte, seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuzuwenden.
Er wählte die Nummer, die Major Hallmann angegeben hatte. Oberst Kucsárs rotwangiges Gesicht
mit dem sorgfältig gezwirbelten Schnurrbart erschien auf der Bildfläche.
»Sergeant Konnery, Sir, von Major Hallmann zur Bewachung …«
»Verstehe«, bellte Kucsár. »Ich verbinde Sie weiter.«
Das Bild erlosch und wurde durch ein anderes ersetzt: Dowen stockte der Atem, als er die
markanten Gesichtszüge Atlans, des Arkoniden, erkannte.
»Was gibt's Neues, Sergeant?« erkundigte sich Atlan, ohne Dowens Gruß abzuwarten.
Dowen riß sich zusammen.
»Die Gefangene ist zu sich gekommen. Sir.«
»Gut, haben Sie mir ihr gesprochen?«
»Jawohl, Sir. Sie kam in den Vorraum, und wir unterhielten uns ein paar Minuten lang.«
»Ausgezeichnet. Sie hat sich vermutlich gewundert, wie sie hierhergekommen ist und was wir mit
ihr vorhaben.«
Dowen war seiner Sache nicht sicher. Die Tefroderin hatte gefragt, was man mit ihr vorhatte;
aber wie sie an Bord des Schiffes gekommen war, schien ihr völlig gleichgültig zu sein.
»Ja und nein, Sir«, antwortete er zögernd.
Atlan verlangte eine Erklärung. Als er sie erhalten hatte, meinte er:
»Das ist verständlich. Sie erwartet vermutlich, alle Erklärungen vom Kommandanten des Schiffes
zu erhalten. Sie hat darauf bestanden, sofort mit einem verantwortlichen Offizier zu sprechen,
nicht wahr?«
Das war die Frage, vor der Dowen sich gefürchtet hatte. Er setzte sich mit Anstrengung über
seine Angst hinweg und antwortete laut und klar:
»Nein, Sir.«
Das schien selbst Atlan, den Arkoniden, für eine Zeitlang aus dem Gleichgewicht zu werfen.
Ungläubig starrte er Dowen Konnery an.
»Sie hat nicht …?«
Vom Mut der Verzweiflung gepackt, entschloß sich Dowen, die Sache so zu berichten, wie er sie
sah.
»Nein, sie hat nicht, Sir. Sie wirkte in keiner Weise daran interessiert, von sich aus eine
Unterredung mit dem Kommandanten zu suchen. Sie bestand darauf, daß ihr Unrecht widerfahren sei,
als man sie an Bord brachte und wie eine Gefangene behandelte. Es ist ihre Ansicht, der
Kommandant müsse sie aufsuchen und für sein Verhalten um Entschuldigung bitten.«
Der Arkonide sah ihn eine Zeitlang wortlos an und wirkte fasziniert von dem, was er gehört
hatte.
»Das ist ihre Ansicht, wie?« fragte er schließlich.
»Jawohl, Sir.«
Und dann bekam Dowen zu hören, was er nie für möglich gehalten hätte. Atlan trug ihm auf, und
dazu lächelte er:
»Sehr gut, Sergeant. Richten Sie der Dame aus, daß ich darum bitte, von ihr empfangen zu
werden. Den Zeitpunkt der Unterredung zu wählen, überlasse ich selbstverständlich ihr.«
Das Bild erlosch, und Dowen kam sich vor, als hätte ihm jemand mit dem Hammer über den Schädel
geschlagen.
12.
Atlan gestand sich ein, daß der erste Teil seines Plans fehlgeschlagen war. Er
hatte Dowen Konnery und Sid Goldstein zur Bewachung der Gefangenen abgestellt, weil es diese
beiden gewesen waren, die sie aus dem Wrack des Raumboots geborgen hatten. Atlan hatte gehofft,
daß die Tefroderin aus Dankbarkeit den beiden Männern gegenüber aufgeschlossener sein und über
Dinge sprechen werde, über die sie in Gegenwart anderer schwieg. Mirona Thetin hatte den
Arkoniden enttäuscht. Sie interessierte sich nicht dafür, wie sie an Bord des terranischen
Schiffes gekommen war, und hatte bislang noch keine Ahnung, wem sie ihre Rettung zu verdanken
hatte.
Atlan war überzeugt, daß es sich nur um einen vorgetäuschten Mangel an Interesse handelte.
Mirona Thetin war eine Frau, und noch dazu eine sehenswerte, wie man munkelte. Ihre Denkweise war
anders als die eines Mannes.
Auf die nicht gerade bescheidenen Forderungen der Gefangenen einzugehen, war Atlan um so eher
bereit, als er hoffte, von Mirona Informationen bezüglich des Planeten Multidon zu erhalten, die
ihm erlaubten, das Bild der Geschehnisse auf der mechanisierten Welt zu vervollständigen und
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