Silberband 032 - Die letzte Bastion
Raumanzug getragen hatte. Eng genug, um
nichts der Phantasie des Beobachters zu überlassen, spannte sich das silberne Material um die
Beine, fiel locker über die Hüften und straffte sich über dem wohlgeformten Busen. Das Gewand
schloß in einer Art Schalkragen um den Hals herum ab. Die locker fallenden Ärmel waren von voller
Länge und endeten in einer schimmernden Borte über dem Handgelenk. Wer auch immer das auf den
ersten Blick so einfach wirkende Kleidungsstück entworfen hatte, hatte es für diese Frau
persönlich getan und war ein Künstler in seinem Fach.
Was Dowen Konnery in noch stärkerem Maße als der vollendete Körperbau der Tefroderin
faszinierte, war ihr Gesicht. Es trug eurasische Züge und war von jener atemberaubenden Harmonie
und Schönheit, wie sie die Natur in Millionen von Versuchen nur einmal zustande bringt.
Der Mund war groß und von vollen, roten Lippen umrahmt, wie Dowen es in Erinnerung hatte. Die
dunklen Augen waren von beeindruckender Größe und Form, und es schoß Dowen durch den Sinn, daß er
ähnliche Augen auf altägyptischen Wandgemälden gesehen hatte.
Das Haar der Tefroderin war pechschwarz. Sie trug es straff über den Kopf zurückgekämmt und im
Nacken zu einem kunstvollen Gehänge geflochten, das ihr bis auf die Schultern fiel.
Dowen versuchte, ihr Alter zu schätzen, und gelangte zu der Erkenntnis, daß das unmöglich war.
Hatte er auf den ersten Blick geglaubt, eine Zwanzigjährige vor sich zu haben, so wurde ihm
innerhalb weniger Sekunden klar, daß ein Wesen, das eine fast körperlich spürbare Aura von
Klugheit und Überlegenheit umgab, weitaus älter sein mußte. Er einigte sich mit sich selbst,
indem er festlegte, die Gefangene könne nicht jünger als 25 und nicht älter als 40 Jahre
sein.
Es kam ihm zu Bewußtsein, daß er, ebenso wie Sid Goldstein, schon eine ganze Zeitlang dastand
und die Tefroderin in wortlosem Staunen anstarrte. Verwirrt besann er sich seiner Manieren und
machte eine leise Verbeugung.
»Korporal Goldstein und Sergeant Konnery«, haspelte er hervor. »Ich meine – das dort ist
Goldstein, und ich bin Konnery.« Er konnte mit eigenen Ohren hören, wie lächerlich er klang, und
grinste verlegen.
»Man hat uns abgestellt, Ihnen zu Diensten zu sein.« Er spürte, daß Sid ihn von der Seite her
ansah.
»Ihr Wunsch ist uns Befehl«, flüsterte Sid.
»Ihr Wunsch ist uns Befehl«, sagte Dowen laut und verfluchte im stillen seinen
Gedankenapparat, der in diesem entscheidenden Augenblick weiter nichts als Plattheiten
hervorbrachte.
Die Gefangene schien jedoch angetan.
Wahrscheinlich klangen die abgedroschenen Sprüche in Tefroda nicht so schlimm. Ihre Augen
leuchteten freundlich zuerst auf Dowen, dann auf Sid.
»Wo befinde ich mich?« fragte sie keineswegs überaus interessiert, sondern so, als hielte sie
dies für einen guten Punkt, um eine Unterhaltung zu beginnen.
»An Bord eines terranischen Schiffes in unmittelbarer Nähe des Multidon-Systems«, antwortete
Dowen und war sicher, daß er damit keine Geheimnisse verraten hatte.
»Und was wird man mit mir tun?«
Dowen wurde ein wenig verlegen.
»Ich bin sicher, Madam, daß man jede Ihrer Fragen beantworten wird, wenn Sie sich deswegen an
den Kommandanten des Schiffes wenden wollten.«
Mirona schien über den Vorschlag eine Zeitlang nachzudenken. Ein spöttisches Lächeln spielte
um ihre Lippen, als sie schließlich zu einer Entscheidung gelangte.
»Ich glaube nicht, daß meine Räte mir die Erniedrigung verzeihen könnten«, sagte sie halblaut,
und bevor Dowen noch begriff, was sie meinte, fuhr sie fort: »Man betrachtet mich als Gefangene,
wie Ihre Anwesenheit beweist. Ich sehe, Sie haben sich in diesem Raum schon halbwegs
eingerichtet. Ihre Aufgabe ist, mich zu bewachen, nicht mir zu Diensten zu sein. Ich betrachte
die Vorgehensweise Ihres Kommandanten als illegal nach den Richtlinien der Gesetze für
interstellaren Verkehr. Es ist nicht meine Sache, ihn um Auskunft zu bitten, sondern vielmehr die
seine, mir seine Absichten zu erklären und sich zu entschuldigen.«
Viel schneller, als Dowen eine passende Antwort einfiel, wandte sie sich ab und schritt durch
das immer noch offene Schott hinaus. Unter der Öffnung wandte sie sich noch einmal um und
sagte:
»Eines Tages wird er mir dankbar sein, daß ich gewillt bin, ihn zu empfangen.«
Es dauerte ziemlich lange, bis Dowen und Sid sich von ihrer Sprachlosigkeit
erholten – und bei Sid
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