Silberband 034 - Die Kristallagenten
graziös auf die beiden Männer zu, wobei er
seinen Stockdegen schwang.
Vor dem Arkoniden verbeugte er sich und lüftete den Hut.
»Bei mir können Sie sich die Mätzchen sparen!« fuhr Perry Rhodan den Freihändler an. »Setzen
Sie sich irgendwohin, Monsieur, und lassen Sie uns in Frieden!«
Roi erstarrte.
»Oro, mein Riechfläschchen!« hauchte er mit matter Stimme. »Dieser arrivierte Bauerntölpel
trampelt auf meiner empfindsamen Seele herum.«
Oro Masut ließ seine Duftspritze fallen, fing seinen halb ohnmächtigen Herrn auf und trug ihn
zu einem der breiten Sessel am Kartentisch. Danach zog er das kristallene Riechfläschchen hervor
und hielt es dem Freihändler unter die Nase.
Nach einer Weile öffnete Roi Danton die Augen wieder. Er ächzte.
»Merci bien, Oro! Ich glaube, wir sollten doch le docteur von der DRAKE holen.
Wenn mich dieser unmögliche Mensch noch mehr aufregt, bekomme ich einen Schlaganfall.«
Der Ertruser beugte sich besorgt über seinen Herrn.
»Falls ich Ihnen inzwischen einige Blutegel ansetzen darf, mein König …?«
Roi wehrte ab.
»Nein, nein! Mir wird übel, wenn ich mit ansehen muß, wie dieses ekelhafte Gewürm sich mit
meinem adligen Blut vollsaugt.«
Er zog sein Spitzentuch aus der Ärmelmanschette und wedelte damit vor seinem Gesicht. Danach
ließ er sich einen silbernen Spiegel vorhalten.
»Oh!« entfuhr es ihm. »Ich habe transpiriert! Meine Puderdose, Oro!«
Anschließend puderte er sein Gesicht frisch und ließ die weiße Perücke zurechtrücken.
Sodann musterte er seine Umgebung durch ein brillantenbesetztes Lorgnon.
»Parbleu, wir scheinen uns bereits in der Großen Magellanschen Wolke zu befinden. Ich hoffe,
man hat die Schiffe des Gegners nicht aus den Augen gelassen.«
»Wenn wir gewartet hätten, bis Sie ausgeschlafen hatten, wären sie freilich über alle Berge!«
bemerkte Perry Rhodan mit ätzendem Spott.
»Wie reizend von Ihnen, Grandseigneur«, erwiderte Roi lächelnd. »Ich werde Ihre
Pflichterfüllung entsprechend zu würdigen wissen.«
Rhodan lief rot an, als die Zentralebesatzung in schallendes Gelächter ausbrach.
Aber er beherrschte sich.
10.
Wieder einmal wechselte die CREST IV vom Halbraum ins Normalkontinuum, und wieder
einmal erbebte das Schiff unter den Titankräften der auf Vollast laufenden Triebwerke.
Doch diesmal hatte sich etwas Wesentliches geändert.
Anstatt zu beschleunigen, verzögerte das Flaggschiff der Solaren Flotte mit Maximalwerten.
Perry Rhodan hatte den Funkhelm übergestülpt und die Finger auf den Interkomtasten. Er hörte
die Gespräche der Orter und der Navigationsoffiziere mit und schaltete sich ab und zu mit kurzen
Hinweisen oder Befehlen ein.
Nach wenigen Minuten stand das Ziel der verfolgten Ultraschlachtschiffe fest: eine gelbrote
Sonne, die gleich einer halbreifen Frucht aus einem Randarm der Großen Magellanwolke
herausragte.
Die Entfernung betrug nur noch wenige Lichtwochen, weshalb mit einem letzten Linearflugmanöver
der OLD-MAN-Schiffe gerechnet werden mußte.
»Gut so!« lobte Rhodan den Kommandanten, der ohne Rückfrage das Verzögerungsmanöver
eingeleitet hatte. »Jetzt kommt es in erster Linie darauf an, weiterhin unbemerkt zu
bleiben.«
Angespannt wartete er auf die Meßergebnisse der Spektralanalysatoren und der hyperschnell
arbeitenden Massetaster.
Zehn Minuten nach Beginn der Verzögerung lagen sie vor.
Die Sonne besaß vier Planeten, von denen der innere und die beiden äußeren zu extreme
Temperaturen aufwiesen, um für humanoide Lebewesen ohne weiteres bewohnbar zu sein. Nummer zwei
schien sich eher zu eignen, und es war anzunehmen, daß sich der erwartete Stützpunkt der
Kristalle hier befand.
Genaueres würde man jedoch erst aus unmittelbarer Nähe feststellen können.
Nachdem die Verfolgten ihren Kurs weiterhin hielten und damit als sicher angenommen werden
konnte, daß das System der gelbroten Sonne ihr Ziel war, taufte Perry Rhodan den Stern auf den
Namen ›Keegans Stern‹ und den Stützpunktplaneten auf den Namen ›Keeg‹. Er wollte damit einen der
Prospektoren ehren, die ihr Leben eingesetzt hatten, um eine wichtige Nachricht zu
übermitteln.
Eine Minute später begannen die Ultraschlachtschiffe mit der voraussichtlich letzten
Linearraumetappe.
Die FRANCIS DRAKE und die CREST IV folgten ihnen in erhöhtem Sicherheitsabstand. Sie hielten
sich jedoch nahe genug, um die gegnerischen Einheiten weiterhin auf dem Reflexschirm des
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