Silberband 037 - Arsenal der Giganten
Wahrscheinlichkeit achteten die Automatiken des subtritonschen Hotels die Intimsphäre der
Gäste.
»Gut, sehen wir uns unsere Zimmer an«, erwiderte Cronot in lemurischer Sprache.
Er legte die Handfläche gegen das kühle Metallplastik der Tür. Wie erwartet, hatten die
Lemurer ein gewöhnliches Wärmeschloß eingebaut, das allein auf die Ausstrahlung menschlicher
Körperwärme reagierte. Mehr war in einer in sich geschlossenen Anlage auch nicht nötig.
Als die Tür lautlos zur Seite glitt, blinzelte Perish verwirrt in den luxuriösen Vorraum.
Indirektes Licht umschmeichelte mild grüne Blattpflanzen und synthetische Holztäfelung; warme und
dennoch frische, würzige Luft strich über Perishs Gesicht.
Er trat rasch ein. Hinter ihm schloß sich die Tür wieder lautlos. Eine Tarnblende gegenüber
der Tür erlosch, als Perish darauf zuging. Dahinter wurde der Durchgang zu einem halbrunden
Wohnzimmer sichtbar. Ein dicker Teppich verschluckte das Geräusch der Schritte, das Halbrund der
rückwärtigen Wand begann zu flimmern, um danach in die makellose Projektion einer exotischen
Landschaft überzugehen. Perish kam es vor, als schaute er von seinem Platz aus direkt durch eine
Glasscheibe auf die Landschaft eines fremden Planeten. Zweige wiegten sich in einer milden Brise,
duftende Blüten reckten sich dem Betrachter entgegen, und im Hintergrund ragte eine Kette
rauchender Vulkane in den mattsilbrigen Himmel. Das dumpfe Donnern der Eruptionen und
vielstimmiges Tierkonzert vervollständigten den Eindruck, es mit der Wirklichkeit zu tun zu
haben. Perish hatte das Gefühl, er könnte in den Urwald hineinschreiten, wenn er das Fenster
öffnete und sich hinausschwänge.
Er mußte sich plötzlich räuspern, weil er einen Druck in der Kehle verspürte.
Die alten Lemurer hatten wirklich zu leben verstanden. Auf welcher Stufe der Evolution ihre
fernsten Nachfahren wohl jetzt stünden, wenn der furchtbare Krieg mit den Halutern die
Entwicklung nicht abrupt abgebrochen hätte. Wahrscheinlich wären sie dann in der Lage gewesen,
den Angriff der Zweitkonditionierten mühelos zurückzuschlagen.
Doch diese Überlegungen waren müßig. Man konnte nicht in Wenn und Aber denken, sondern mußte
mit der Welt fertig werden, in die man hineingeboren worden war.
Lächelnd trat er auf die Illusion einer exotischen Außenwelt zu, als er zwischen den beiden
Wandcouches die haarfeinen Rillen einer Tür erkannte. Spätestens an dieser Stelle mußte die
Illusion enden.
Doch Perish Mokart erlebte eine Überraschung.
Die Tür glitt auf, nachdem er die Handfläche darauf gelegt hatte. Vor ihm breitete sich die
Welt des Dschungels aus, das vielstimmige Tierkonzert war lauter als in der Wohnung, und unter
seinen Füßen spürte er deutlich die Erschütterungen, die die eruptierenden Vulkane dem Boden
mitteilten.
Verwirrt und ungläubig trat er zwischen zwei blühenden Sträuchern hindurch. Seine Finger
glitten über einige Blüten. Als er die Hand zurückzog, war sie von gelbem Blütenstaub
bedeckt.
Er blickte nachdenklich einem kleinen affenartigen Pelzwesen nach, das sich am Geäst eines
Baumes herabließ.
Er lief rasch auf den Baum zu und erlebte, daß das Tier bebend vor ihm flüchtete.
Perish drehte sich kopfschüttelnd um.
Er blickte auf einen halbkreisförmigen Bungalow mit geschwungener Glassitwand, hinter der die
indirekte Beleuchtung des Wohnzimmers warmen, gelblichen Lichtschein verbreitete. Er sah auch die
Tür, durch die er hinausgegangen war – aber weiter nichts.
Links und rechts von dem Bungalow wuchs verfilztes Gestrüpp. Von weiteren Gebäuden war nichts
zu sehen.
Perish Mokart überlegte, ob er sich mit dem Strahler eine Gasse durch das Gestrüpp brennen
sollte, verzichtete jedoch lieber darauf. Er hätte mit Sicherheit das Nachbarappartement
getroffen, und diese Handlung wäre für jede lemurische Überwachungspositronik verdächtig
gewesen.
Langsam kehrte er zurück. Die Tür öffnete sich, und er stand wieder im Wohnzimmer seines
Appartements.
Die Tarnprojektoren zum Vorraum erloschen plötzlich. Cronot Mokart stand in der Öffnung und
blinzelte seinem Sohn listig zu.
»Das wirft selbst den stärksten Mann um, was?« sagte er mit dröhnender Stimme. »Hier drinnen
ist es Illusion, und draußen wirkt anscheinend ein Hypnoprojektor – wenn er nicht schon vor
dem Ausgang in Aktion tritt.«
Perish lächelte und zuckte die Schultern.
»Woher willst du das so genau wissen?« Er
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