Silberband 037 - Arsenal der Giganten
murmelte
Cronot.
Perish warf seinem Vater einen kurzen Seitenblick zu, dann kratzte er sich gedankenverloren
die Schädeldecke, die bei ihm im Unterschied zu allen anderen Oxtornern von dichtem flachsblondem
Haar bedeckt war.
»Das werden wir jedenfalls nicht erfahren, wenn wir nicht die alte Lemurerstadt untersuchen.
Auf alle Fälle dürfte es nicht weniger ungewöhnlich sein, daß es im Innern dieses Mondes Wasser
gibt, das trotz der geringen Schwerkraft erst bei hundert Grad Celsius siedet.«
Er starrte düster auf den Weg.
»Ich wollte, wir hätten das Sperrgitter einfach zusammengefahren. Wer weiß – vielleicht
greift OLD MAN doch Neptun und seine Monde an. In diesem Fall würden wir keine Chance haben, die
Stadt zu untersuchen.«
»Fahr langsamer«, riet ihm sein Vater. »Wir kommen jetzt auf den Hauptverkehrsstrang, und ich
möchte es möglichst vermeiden, einen Verkehrsunfall zu verursachen.«
Perish bremste gehorsam ab.
Sekunden später schoß die Superschildkröte in eine spiralige Auffahrt hinein, verzögerte dabei
ihre Geschwindigkeit noch mehr und glitt rasselnd und summend auf die achtspurige
Verbindungsstraße zwischen der Stadt Tritona und den Materiewandlern des gigantischen
Umformerwerkes auf dem Südpol des Neptunmondes. Triton deckte einen Großteil des Bedarfs der Erde
und der übrigen solaren Industrieplaneten mit Kupfer, obwohl dieses Metall von Natur aus nur in
geringen Mengen vorkam. Aber die von den Posbis übernommene Technik der Materieumformung machte
die Menschheit nahezu unabhängig von natürlichen Erzvorkommen.
Die Methode der Materieumformung funktioniert jedoch nicht bei allen Stoffen. Nicht alles ließ
sich mit dem Materieumwandler produzieren.
Seit rund achtunddreißig Jahren arbeiteten Schürfrobots in immer größerer Zahl auf Triton,
schabten die Oberfläche gleichmäßig ab und schütteten das taube Felsgeröll auf energetische
Förderbänder, die strahlenförmig von den Schürfstellen zu dem einzigen Umformerwerk verliefen.
Gigantische Materieumwandler formten die atomare Struktur des Gesteins um – und aus den
heißen Mäulern der Ausstoßkomplexe kamen die quaderförmigen Kupferrohlinge von je einer Tonne
Erdgewicht hervor.
Auf der subtritonschen Verbindungsstraße übernahm eine Leitpositronik die Steuerung der
Superschildkröte. Sie schaltete sich in das Robotsegment des Fahrzeugs ein und dirigierte den
schweren Wagen auf die langsame Außenbahn, damit er nicht mit den vorbeirasenden
Transportgleitern kollidierte.
Außer den beiden Oxtornern befanden sich keine Menschen auf diesem Verkehrsstrang. Die
Kupfertransporter fuhren ausnahmslos robotgesteuert, und die Ablösung der Kontrollmannschaft des
Umformerwerkes war erst in drei Stunden fällig.
Perish Mokart zog mit einem Ruck seine beiden leichten, geschmeidigen Terkoplaststiefel aus
und kratzte sich unter den Fußsohlen.
»Ah! Das tut gut!« ächzte er.
Sein Vater sah ihn besorgt an.
»Was hast du? Phantomschmerzen?«
»Nein, Phantomjucken.«
Perish grinste und sah zu, wie seine Zehen sich bewegten. Sie waren, obwohl sie genau wie
normale Zehen reagierten, nicht seine Zehen – wie es auch nicht seine Beine waren, mit denen
er lief. Von der Mitte beider Oberschenkel an trug der oxtornische Kosmohistoriker
Brutplasmaprothesen, organische Gebilde, die nach der Vorlage seines Gen-Kodes aus synthetischem
Bioplasma gezüchtet worden waren. Eigentlich sollten sie absolut identisch sein mit den Beinen,
die er während seines Einsatzes verloren hatte. Aber hin und wieder hatte er das Gefühl, als
handle es sich um Fremdkörper – und die Erinnerung seiner Nervenfasern an die früheren Beine
erzeugte dann ein Phantomjucken oder -zerren, das ihn glauben ließ, vier Beine zu haben. Er nahm
es allerdings nicht tragisch.
»Ich habe dich damals gleich gewarnt«, sagte Cronot Mokart mürrisch, »als du unbedingt zur USO
gehen wolltest. Aber du hast ja nicht auf mich gehört. Und was hast du nun davon? Zwei künstliche
Beine und eine Schädeldecke aus MV-Leichtstahl mit einer lächerlich behaarten Biohaut
darüber!«
Unwillkürlich faßte sich Perish an seinen Haarschopf.
Im Grunde genommen war der regelwidrige Haarwuchs das einzige, was ihn an seiner künstlichen
Schädeldecke störte. Ein echter Oxtorner durfte einfach kein Haupthaar haben!
»Laß nur, Vater! Besser unpassende Haare auf der Schädeldecke als überhaupt keine Schädeldecke
mehr. Im übrigen möchte
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