Silberband 040 - Dolan-Alarm
senkte sich auf meinen Geist wie eine gigantische Glocke. Die Finger meiner
rechten Hand, die sich in den Gürtel verhakt hatten, tasteten und preßten unabhängig von meinem
Willen. Sie fanden den Schalter des Schirmgenerators und drückten ihn ein.
Ich stürzte aus hunderttausend Lichtjahren Höhe auf einen winzigen glühenden Punkt herab und
schlug anschließend auf einem Berghang auf. Während ich hinabrollte, löste sich über mir eine
Steinlawine und polterte hinter mir her. Das Donnern und Bersten schlug über mir zusammen.
Als ich die Augen aufschlug, waren die tosenden Geräusche zu dem anheimelnden Rauschen ferner
Meeresbrandung abgesunken. Und auch das erstarb, als jemand mich heftig an den Schultern
rüttelte.
Ich kehrte endgültig ins Leben zurück. Über mir erkannte ich ein schwarzes, lederhäutiges
Gesicht hinter der Transparenz eines Druckhelms.
»Los, kommen Sie!« dröhnte das lautstarke Organ eines Haluters aus meinem Helmtelekom.
Vier starke Arme rissen mich hoch. Ich schwankte einen Moment. Dann erhielt ich einen heftigen
Stoß in den Rücken und stolperte vorwärts. Grelle Strahlbahnen zogen ihre tödlichen Spuren an mir
vorbei und legten eine Feuerglocke über mich.
Ich stolperte über einen gezackten Metallsplitter und legte einen kurzen Trab ein, um mich
wieder zu fangen. Meine Sicht war noch immer etwas getrübt, und mein Körper reagierte noch nicht
wie gewohnt auf die Befehle des Gehirns. Ich mochte gar nicht daran denken, was geschehen wäre,
hätten die Symbionten länger Zeit gehabt, mich zu bearbeiten.
Vor mir tauchte plötzlich ein unregelmäßig geformtes Loch in der Plattformoberfläche auf. Ein
Oberkörper erschien darin; eine Hand winkte.
»Kommen Sie schnell!« vernahm ich Lloyds drängende Stimme in meinem Helmempfänger.
Ich begriff, daß die Gefährten eine Bresche gesprengt hatten, um sich vorerst im Innern der
Station in Sicherheit zu bringen. Mit eingeschaltetem Antigrav stürzte ich mich kopfüber in das
Loch. Hinter mir verdeckte der Haluter Alto für einen Sekundenbruchteil die Öffnung, dann sank er
neben mir in die Tiefe.
Auf seiner Brust klebte ein Symbiont.
Ich entdeckte das Wesen erst, als er zu stöhnen begann. Mit einem Handkantenschlag fegte ich
den Symbionten von seiner Brust. Pinar Altos Stöhnen wurde leiser und erstarb schließlich
ganz.
»Danke, Mokart!« flüsterte er.
Ich grinste verzerrt.
»Ich muß mich bei Ihnen bedanken, Alto!«
Unsere Füße berührten festen Boden. Wir waren lediglich durch eine Halle nach unten geschwebt.
Von hier aus führten mindestens ein Dutzend Gänge nach allen Seiten. Es war schwer, sich für
einen bestimmten Weg zu entscheiden.
Aber wir konnten nicht lange überlegen, denn Cuen Cornyn teilte uns in diesem Augenblick mit,
daß er eine atomare Haftladung an der Hallendecke angebracht hätte.
Und in zwölf Sekunden würde die Ladung explodieren.
Hisso Rillos setzte sich an die Spitze unserer kleinen Gruppe. Pinar Alto kümmerte sich um
Upper Kisca; ich machte hinter Cornyn und Lloyd den Abschluß.
Von den Raupenrobots war im Moment nichts zu sehen. Doch uns allen war klar, daß wir, um einer
tödlichen Bedrohung zu entkommen, aus freien Stücken einer möglicherweise noch größeren Gefahr in
den Rachen liefen.
Entgegen allen Erwartungen stellte sich uns innerhalb der Stadt im Hyperraum
niemand entgegen. Fast eine Stunde lang waren wir durch ein Labyrinth von Gängen geirrt, ohne
einem einzigen Symbionten oder einer Robotraupe zu begegnen. Das beruhigte uns allerdings
keineswegs. Wir fühlten uns eher wie hilflose Opfer, die nur deshalb nicht behelligt wurden, weil
ihre Handlungen mit den Plänen ihrer Verfolger übereinstimmten.
Dennoch wäre es vorläufig Wahnsinn gewesen, sich erneut zum Kampf zu stellen. Upper Kisca
hatte sich noch nicht von dem Symbiontenüberfall erholt. Er tappte geistesabwesend in unserer
Kolonne mit und sprach kein Wort. Wenn man ihn anredete, erhielt man völlig sinnlose Antworten.
Ich selbst litt von Zeit zu Zeit an Schwindelanfällen. Die kurzfristige Übernahme meines
Bewußtseins schien meinen Gleichgewichtssinn gestört zu haben. Und Pinar Alto war ebenfalls noch
nicht wieder der alte.
Deshalb riet Fellmer Lloyd zu einer Ruhepause, nachdem wir wieder einmal in eine
Verteilerhalle gekommen waren, von der ein gutes Dutzend Gänge abzweigten.
»Wir müssen außerdem überlegen, wie wir weiter vorgehen wollen«, setzte der Mutant hinzu.
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