Silberband 041 - Die Konstrukteure des Zentrums
angekommene Okefenokee war krank. Das schloß nicht aus, daß er der gleichen Behandlung wie alle anderen Ankömmlinge unterzogen wurde.
Die Kommandostation gab neue Befehle. Ein zur Reaktion fähiger Teil des Gebirges brach auf, um den kranken Zwerg zu holen.
Völlig erschöpft lag Beriot zwischen zwei von ihren Sockeln gestürzten Särgen. Als ihn die körperliche Kraft verlassen hatte, war seine geistige Verwirrung rasch abgeklungen. Jetzt lag er am Boden, und sein Körper sehnte sich nach Ruhe.
Er kroch auf einen Sockel zu und lehnte sich dagegen. Während seines Tobens hatte er sich neue Verletzungen zugefügt, und die kaum verheilten Wunden an seinen Fingern hatten sich wieder geöffnet.
Beriot überblickte die Verwüstung, die er angerichtet hatte. In seinen Augen glomm jedoch kein Verständnis auf. Für ihn bestand zwischen den umgestürzten Särgen und jenem nur seinen Instinkten nachgehenden Wesen, das Beriot hieß, keinerlei Zusammenhang.
Der Physiker sehnte sich nach Licht und Wärme. Seine Blicke richteten sich zur Decke empor, wo er einen Ausschnitt des leuchtenden Himmels durch die ovale Öffnung erblickte. Er stöhnte leise, als könnte er begreifen, daß dieser Ausgang für ihn unerreichbar war.
Beruhigende Musik, wie Beriot sie in den letzten Stunden oft vernommen hatte, klang durch die Halle. Der Kranke richtete sich auf und lauschte.
Plötzlich begannen die Hallenwände zu leuchten. Sie schienen durchsichtig zu werden. In ihrem Inneren bewegten sich schattenhafte Gebilde. Die Musik schwoll an, ohne ihre Wirkung zu verlieren. Die Wände verstrahlten jetzt so viel Licht, daß Beriot jede Einzelheit in der Halle wahrnehmen konnte. Jetzt wurde offenbar, daß die meisten Särge schon sehr lange hier standen. Ihre Oberfläche war verblaßt, und sie waren von kristallinem Staub bedeckt, der wie blauer Puderzucker aussah.
Beriot zog sich an dem Sockel hoch. In diesem Augenblick ähnelte er einem Kind im Märchenland, das mit aufgerissenen Augen all die Wunder in seiner Umgebung betrachtete.
Durch die Wand, die Beriot anblickte, kam ein Ungeheuer auf ihn zu. Es war fast sechs Meter groß und bestand aus leuchtenden Kristallen. Seine Gestalt war entfernt menschenähnlich. Es ging lautlos, obwohl man hätte annehmen müssen, daß es sich nur klirrend und knirschend fortbewegen konnte. Der Kopf des Monstrums war eine leuchtende Sechskantsäule, in der weder Augen noch Mund angedeutet waren. Diese Säule steckte in einem gewaltigen Brustkorb, der aus Millionen von winzigen Kristallen zusammengefügt war. Die Kristallbrust verjüngte sich bis zur Mitte des Körpers und ging dort in die Hüfte über. Zu beiden Seiten ragten Säulenkristalle aus den Hüften, auf denen sich die Gestalt bewegte. Weder Arme noch Beine des Kristallwesens waren biegsam, so daß sich seine Bewegungen am ehesten mit denen einer aufziehbaren Puppe vergleichen ließen.
Beriot ließ den Kristallriesen nicht aus den Augen. In instinktiver Furcht humpelte er davon, als das Ungeheuer auf ihn zukam. Er besaß keine Chance, dem Abgesandten des Kristallgebirges zu entkommen, einem Etwas, das sich am ehesten als Roboter der Kommandostation bezeichnen ließ. Als einer unter unzähligen, die je nach Erfordernis vom Gebirge abgesplittert und gestaltet wurden – auch die Käfer waren nichts anderes.
Hilflos kauerte Beriot zwischen zwei Sockeln auf dem Boden.
Der Kristallroboter beugte sich über Beriot. Zwei eiskalte Arme schoben sich unter den Rücken und die Beine des Terraners, dann wurde er hochgehoben.
Beriot schrie und wehrte sich verzweifelt, aber er konnte seinen Gegner weder durch Lärm noch durch seine Körperkraft beeindrucken. Der Kristallriese achtete darauf, daß der kleine Mann sich nicht verletzte. Behutsam stieg er über die umgestürzten Särge und näherte sich der Wand, durch die er gekommen war.
Jetzt wurde offenbar, daß sich an der Stelle, wo der Roboter hereingekommen war, eine Öffnung befand. Mit Beriot auf den Armen trat die kristalline Gestalt hindurch. Unwillkürlich schloß Beriot die Augen. Er befand sich in einem Gang, der sich vor ihm scheinbar bis ins Unendliche erstreckte. Vor ihm floß ein Strom dunkelblauer Kristalle.
Ohne zu zögern, trat der Kristallriese auf die dahinfließenden Kristalle. Er versank nicht darin, sondern wurde von ihnen davongetragen. Die Kristalle bildeten eine Transportstraße. Unbekannte Energien verliehen ihnen Stabilität. Der Roboter, der es offenbar gewohnt war, sich auf
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