Silberband 042 - Das Zeitkommando
Ein schleifendes Geräusch.
Lloyd, der den Lift als letzter verlassen hatte, fuhr herum.
Ein Stahlschott fuhr langsam, aber mit unerbittlicher Genauigkeit aus dem Boden. Zwischen dem Metall und der Kante des langen Einschnitts war weniger als ein Millimeter Toleranz. Der Mutant taumelte zurück, als sich ein Energieschirm vor das Schott legte, das noch nicht ganz die obere Kante der Liftöffnung erreicht hatte.
»Wir sind eingeschlossen.«
John Sanda traf diese Feststellung.
Er und seine Kameraden merkten gleichzeitig die andere, teuflische Wirkung dieser Falle. Sie spürten es zuerst als einen ziehenden, kurzen Schmerz im Kopf, dann an der schlagartig wechselnden Natur der Gedanken. Es war die ›Friedfertigkeitsstrahlung‹.
Gleichzeitig mit diesen Gedanken, mit dieser fast erdrückenden Stimmung von Reue und Mitleid, begannen die Arbeitsgeräusche schwerer Projektoren. Singend und summend streuten sie ihre Wellen über die Menschen und regten einen Prozeß an, der sie alle umbringen konnte.
»Es ist tödlicher Ernst, Männer«, sagte Waringer.
»Ja. Wir wissen inzwischen, daß wir rund sechzig Minuten lang diese Friedfertigkeitsstrahlung aushalten können. Diesmal wäre ein Haluter im Vorteil. Dann aber werden die Hirnzellen angegriffen, und das mindeste, das uns zustoßen kann, ist reiner Wahnsinn. Es gilt also, innerhalb der nächsten Stunde einen Fluchtweg zu entdecken.«
Bontainer ahnte, daß Ausbruchsversuche der herkömmlichen Art sinnlos sein würden. Aber allein der Versuch würde die Männer beschäftigen und sie von der aussichtslosen Lage ablenken.
»Dr. Bysiphere und Abel – kommen Sie bitte zu mir. Die anderen versuchen, mit den Waffenkolben eine hohle Stelle der Metallwände zu entdecken. Schnell!«
Einige Männer begannen augenblicklich, die anderen zögerten noch.
Bontainer schaltete sein Mikrophon ab, bedeutete den beiden Wissenschaftlern, das gleiche zu tun und begann zu flüstern:
»Waringer – was sagen Sie?« fragte Bontainer.
»Anscheinend eine hoffnungslose Situation. Aber wir müssen einen Gedankengang finden, der die Lösung beinhaltet. Der Weg hierher war so schwer, daß es vom Standpunkt eines riesigen Tests idiotisch und unlogisch wäre, das Opfer hier sterben zu lassen.«
Bysiphere senkte den Kopf und starrte zu Boden.
»Das ist auch meine Überzeugung. Es gibt einen Weg hinaus, aber wir werden ihn sicher nicht finden, indem wir die Wände abklopfen.«
»Das hatte ich auch keine Sekunde lang angenommen«, gab Bontainer zu.
Vier erstaunte Augen betrachteten ihn.
»Wir müssen reden«, sagte Bontainer schnell. »Viel reden. Nur dadurch kommen wir auf die Lösung. Schutzschirme und Stahlwände – das ist nichts für eine denkende Intelligenz. Falltüren und ein Transmitter … Auch das wäre zu simpel. Was wir brauchen, ist ein psychologischer Trick.«
Waringer nickte.
»Der Psychologe sind Sie«, sagte er. »Was schlagen Sie vor?«
»Denken«, sagte Bontainer scharf. »Die alten Haluter, denen wir die Erbauung dieser riesigen Anlage zuschreiben, wollen nicht, daß ihre Nachkommen, die friedlichen Haluter, dieses Labyrinth besuchen.«
»Das ist klar.«
»Eventuelle Besucher oder Hilfesuchende – also etwa wir – sind bisher pausenlos getestet worden. Unsere normale Ausrüstung überstand den Test mit einigen Ausfällen, die beabsichtigt waren. Unsere Intelligenz hat uns bis hierher gebracht. Sie wird uns auch hier herausbringen.«
»Vorausgesetzt, sie wird nicht unter Mitleid und Reue begraben und unter dem Wunsch, nichts mehr zu unternehmen.«
Bontainer stimmte zu.
»Richtig«, sagte er. »Unsere inzwischen vermoderten Freunde werden also nur solche Lebewesen durchlassen, denen es gelingt, die Fallen zu umgehen. Wir werden jemanden rufen müssen, der uns hier herausläßt. Das ist jetzt Ihr Problem – den Weg dorthin habe ich aufgezeigt.«
Er wandte sich an Alvarez, der auf ihn zuging.
»Folgendes«, sagte der hagere SolAb-Mann. »Gegenüber dem Lift befindet sich ein weiteres Schott. Wir haben hinter einem markierten Metallstück Hohlräume festgestellt, aber wir sehen nicht einmal einen feinen Haarriß, der die Fugen andeuten würde.«
»Gut, danke.«
»Rufen«, sagte Waringer, nachdem Alvarez wieder gegangen war und nun versuchte, mit seiner schweren Waffe den Energieschirm aufzuschießen, was natürlich mißlang. »Rufen … das ist die Lösung. Womit ruft man? Mit unseren Stimmen?«
»Sinnlos«, erwiderte Bysiphere. »Zu schwach und
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