Silberband 043 - Spur zwischen den Sternen
Schiff, ein Wrack, alle Anzeichen eines Überfalls und der Gewaltanwendung – aber kein Mensch. Sie müssen doch irgendwo geblieben sein. Und zwar hier, auf diesem Planeten, denn es ist doch offensichtlich, daß man die EX-1068 erst in diesem Talkessel flugunfähig machte.«
»Es sieht ganz so aus, Kharon, aber vielleicht ist das auch nur beabsichtigt. Wir müssen zur Kommandozentrale. Wenn es einen Hinweis darauf gibt, was sich ereignete, so dort. Übrigens kommt mir da eben ein Gedanke, Kharon: der Kalupkonverter! Wenn wir ihn ausbauen und nachts, wenn der Sturm nachläßt, mit einem Beiboot holen, hätten wir für den Notfall einen Ersatz.«
»Unser Kalup ist in Ordnung. Warum austauschen, wenn sich nur die Verankerung gelockert hat? Übrigens glaube ich, daß unsere Leute das inzwischen in Ordnung gebracht haben.«
»Hoffen wir es.« Er blieb stehen und deutete nach vorn. »Die Hyperfunkzentrale, Kharon. Was halten Sie davon?«
Der Epsaler wußte, was Kurohara meinte. Die Zerstörungen an der Hülle und in den Außenbezirken des Kugelraumers stammten zweifellos von einem Angriff. Die Funkzentrale jedoch lag geschützt im Innern.
Und doch würde sie nie mehr ein Funksignal ausstrahlen können, denn sie war systematisch in einen Trümmerhaufen verwandelt worden. Kein wichtiges Gerät war heilgeblieben, und den Verteilerblock des Hypersenders hatte man mit gutgezielten Strahlschüssen völlig zerschmolzen.
»Die Mannschaft?« Kharon schüttelte den Kopf. »Welchen Sinn soll das gehabt haben? Warum haben sie das getan und sich damit der einzigen Möglichkeit beraubt, Hilfe herbeizuholen? Dagegen spricht doch die Tatsache, daß es einen kleinen Notsender gibt, der das SOS abstrahlt. Sie wollen also Hilfe.«
»Es gibt eine Menge Widersprüche«, murmelte Kurohara und betrat als erster den Raum, dessen Boden mit unbrauchbaren technischen Geräten übersät war. »Vielleicht werden wir niemals erfahren, was wirklich geschehen ist.« Er blieb plötzlich stehen. »Dort – Kharon …!«
Der Epsaler folgte seinem Blick.
»Mein Gott!« flüsterte er. »Ein Mensch – oder das, was einmal ein Mensch gewesen ist …«
Auf dem Weg zur Kommandozentrale kamen sie an der Krankenstation vorbei, und als ihnen ein fürchterlicher Geruch entgegenschlug, blieben sie wie angewurzelt stehen. Sie sahen sich an, ungläubig und fassungslos.
Kharon wurde leichenblaß, begann zu würgen und erbrach sich.
Kurohara nahm ihn beim Arm und zog ihn mit sich fort, zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Es war nicht mehr notwendig, in der Krankenstation nach Überlebenden zu suchen.
Auf Umwegen erreichten sie wieder den Hauptkorridor, der zur Kommandozentrale führte. Der furchtbare Verwesungsgeruch ging ihnen nicht mehr aus der Nase, und Kharon mußte sich abermals übergeben, als sie einen Toten fanden und über ihn hinwegsteigen mußten, um zur Zentrale zu gelangen.
Der Mann mußte an einer Krankheit gestorben sein, das schien offensichtlich. An mehreren Stellen war die Haut aufgeplatzt, als sei von innen her das Blut regelrecht explodiert. Die Gewalt dieser Bluteruption war so stark gewesen, daß sie selbst die Uniform an den betreffenden Stellen zerrissen hatte.
Kurohara blieb stehen und sah zurück.
»Die Verwesung ist bereits stark fortgeschritten. Der Mann ist seit vier bis sechs Wochen tot – oder schon länger. Es kann doch nicht sein, daß die ganze Mannschaft durch eine unbekannte Krankheit umgekommen ist …!«
»Eine Seuche – hier, auf diesem Planeten?« Kharon schüttelte sich. »Wenn das so ist …«
Er ließ den Rest des Satzes unausgesprochen, aber Kurohara wußte auch so, was der Epsaler sagen wollte. Er schauderte.
»Gehen wir. Nur noch die Kommandozentrale wollen wir uns ansehen. Vielleicht finden wir einen Hinweis, wie das passieren konnte. Auch möchte ich wissen, wer das Explorerschiff zusammengeschossen hat.«
Sie fanden noch einige weitere Leichen, darunter auch die von drei weiblichen Besatzungsmitgliedern. Bevor sich das tödliche Schweigen im Schiff ausbreiten konnte, mußte es zu schrecklichen Verzweiflungsszenen gekommen sein.
Alle Geschütze, Steuereinrichtungen und Kontrollanlagen waren vernichtet oder zumindest unbrauchbar gemacht worden, das konnten die beiden Männer wiederum feststellen, als sie die Kommandozentrale erreichten. Es handelte sich keineswegs um Zerstörungen, wie sie bei einem normalen Gefecht üblich waren. Vielmehr handelte es sich um eine
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