Silberband 045 - Menschheit am Abgrund
der Mutanten außer Gefecht gesetzt worden, doch der Ertruser befürchtete, daß früher oder später die ersten Schiffe der Solaren Flotte über Mimas auftauchen würden. Es wurde Zeit, daß die Mutanten an Bord kamen.
Inzwischen hatte Nos Vigeland alle Maßnahmen getroffen, um die Mutanten nach der Flucht unter Kontrolle zu halten. Er hatte im großen Aufenthaltsraum der RODENSTAAD ein Essen für die acht Kranken vorbereitet. Den Speisen und Getränken hatte der USO-Major zustandsvariable, anorganische Toxika beigefügt. Es handelte sich um auf Tahun erzeugte Giftstoffe, die bei einer bestimmten Modulationsstrahlung ihre molekulare Struktur veränderten. Sie wurden erst dann tödlich, wenn sie von einer bestimmten Strahlung auf einer bestimmten Wellenlänge von bestimmter Modulationsfolge getroffen wurden. Sie konnten auch Zellaktivatorträger töten. Nos Vigeland hatte keinen seiner Verbündeten auf Ertrus von diesem Vorhaben unterrichtet. Er allein wußte von den Giften, die die Mutanten zu sich nehmen sollten, denn nur er war aufgrund seines mentalstabilisierten Gehirns befähigt, das Geheimnis vor den Mutanten zu bewahren.
Vigeland trug einen kleinen Spezialsender bei sich, den er als Frequenzmodulator benutzen konnte. Er allein würde darüber bestimmen, wann die Gifte wirksam werden sollten.
Da alles davon abhing, daß die Mutanten die vergifteten Speisen auch zu sich nahmen, wollte Vigeland zu einem psychologischen Trick greifen. Er würde die Mutanten in den Aufenthaltsraum führen und ihnen sagen, daß dies das erste Essen nach zwei Jahren war, das sie als freie Menschen zu sich nehmen konnten. Vigeland war überzeugt, daß dieser Trick seine Wirkung nicht verfehlen würde.
Doch vorläufig befanden sich die acht Kranken noch außerhalb des Schiffes und beteiligten sich an der Zerstörung aller Anlagen auf Mimas. Vigeland konnte nichts tun, um die Mutanten an Bord der RODENSTAAD zu holen. Er konnte weder hinausgehen und nach ihnen suchen, noch eine Funkbotschaft an sie absetzen.
Allmählich begann er sich Sorgen zu machen. Es war durchaus möglich, daß die Mutanten in ihrem Wahnsinn das eigentliche Ziel ihrer Flucht vergessen hatten. Das wäre für den Ertruser einer Katastrophe gleichgekommen, denn Terser Frascati und Runeme Shilter würden ihn nur als gleichberechtigtes Regierungsmitglied aufnehmen, wenn er Zellaktivatoren besorgte.
Vigeland begab sich in die Zentrale und schaltete die Bildschirme der Außenbeobachtung ein. Der Landeplatz war verlassen. In den Kontrollgebäuden tobten ein paar beeinflußte Techniker herum und zerstörten alles, was sie in die Hände bekamen. Von den Mutanten war nichts zu sehen.
Die beeinflußten Besatzungsmitglieder hockten wie erstarrt in ihren Sesseln und warteten offenbar auf Befehle. Daran, daß sie sich der allgemeinen Zerstörungswut auf Mimas nicht angeschlossen hatten, glaubte Vigeland zu erkennen, daß die Mutanten die RODENSTAAD nicht vergessen hatten.
Vigeland schaltete die Raumortung des Schiffes ein. Noch hielt sich kein anderes Raumschiff in der Nähe des Saturnmondes auf. Das konnte sich jedoch schnell ändern. Die RODENSTAAD war startbereit. Die Besatzung war auf ihren Plätzen.
In einem ausgeschalteten Bildschirm spiegelten sich zwei Gestalten, die durch den Haupteingang die Zentrale des Wachkreuzers betraten. Vigeland fuhr herum.
Ein schmächtiger Mann im Pyjama war in Begleitung einer mädchenhaft wirkenden Frau hereingekommen. Vigeland wußte sofort, daß er zwei Mutanten vor sich hatte. Er ging ihnen entgegen.
»Ich bin froh, daß Sie endlich kommen«, sagte er. »Hat alles geklappt?«
Der Mann blickte ihn ausdruckslos an, und Vigeland fühlte, wie es ihm eiskalt über den Rücken rann. Hoffentlich hatte er nicht zuviel riskiert. Die Gefahr, daß die Mutanten ihn töteten, bevor er sie durch das Gift in seine Gewalt bekam, war nicht auszuschließen.
»Ich bin Tako Kakuta«, sagte der Mutant. »Das ist Betty Toufry. Ich bin mit ihr an Bord teleportiert.«
Vigeland umfaßte mit beiden Händen eine Sessellehne, um sein Zittern zu verbergen. »Und wo sind die anderen?« erkundigte er sich. Seine Stimme klang nicht so gelassen, wie er beabsichtigt hatte. Er spürte, wie sich in seiner Kehle ein Kloß bildete. Er brauchte die beiden Mutanten nur anzusehen, um den Wahnsinn zu erkennen, von dem sie beherrscht wurden.
»Öffnen Sie die Hangarschleuse!« befahl Kakuta dem Ertruser. »Meine Freunde sind mit einem Gleiter hierher unterwegs und
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