Silberband 045 - Menschheit am Abgrund
einer Öffnung suchen, durch die er nach draußen gelangen konnte. Schließlich stand er außerhalb der Mutanten-Klinik. Beim Bau der Sanatorien hatte man die Mondoberfläche eingeebnet und Straßen sowie freie Plätze geschaffen. Es gab Pläne, riesige Kuppeln zu errichten, die fast die gesamte Oberfläche des Saturnmondes abschließen sollten. Daran war vorläufig nicht mehr zu denken.
Zwei Jahre hatte er hier gearbeitet, dachte Kottena, als er auf die Kuppel blickte, aus der er nur mit viel Glück entkommen war. In Anbetracht der jüngsten Entwicklung waren es zwei nutzlose und wenig erfolgreiche Jahre gewesen.
Kottena fühlte keinen Groll gegen die Mutanten; er wußte nur zu gut, daß es sich um kranke Menschen handelte, die man für ihr Tun nicht zur Verantwortung ziehen durfte. Trotzdem fürchtete er sie, denn er besaß genügend Phantasie, um sich ausmalen zu können, was diese Wahnsinnigen noch anrichten konnten.
Der Anzug, den er trug, besaß keine Flugprojektoren, so daß er den Weg zur Versorgungskuppel zu Fuß zurücklegen mußte. Das erschien ihm auch sicherer, denn er nahm an, daß die Mutanten die Mondoberfläche sorgfältig beobachteten. Kitai Ishibashi und die anderen wußten, daß es auf Mimas auch mentalstabilisierte Menschen gab. Auf sie würden die Mutanten Jagd machen.
Während Kottena zur Versorgungskuppel unterwegs war, explodierte ein paar Kilometer entfernt wieder eine Klinik. Kottena blickte geradeaus; er vermied es, an die Folgen solcher Explosionen zu denken.
Die erste Schleuse der Versorgungskuppel, durch die er eindringen wollte, war von innen zerstört, so daß der Öffnungsmechanismus nicht mehr funktionierte. Kottena ging weiter. Wie er befürchtet hatte, sah die nächste Schleuse nicht besser aus. Er blieb stehen, um nachzudenken. Er besaß keine Waffe, um gewaltsam eindringen zu können. Zur Hauptschleuse zu gehen war völlig sinnlos, denn sie war bestimmt zuerst den Angriffen der Beeinflußten zum Opfer gefallen.
Der Para-Mechaniker begab sich auf die andere Seite der Kuppel. Hier fand er eine Mannschleuse, die zwar ebenfalls zum Teil zerstört war, deren Mechanismus jedoch noch einwandfrei funktionierte. Kottena schleuste sich ein und gelangte auf den mit Trümmern übersäten Außenkorridor. Die Beeinflußten hatten alle Lager gestürmt und die Vorräte auf die Gänge geworfen. Die Vernichtung des wertvollen Materials hätte Kottena wenig Kopfzerbrechen bereitet, aber der Gedanke an die vielen Toten, die es auf Mimas bereits gegeben hatte, ließ ihn nicht los.
Überall stieß Kottena jetzt auf Männer und Frauen, die mit der Zerstörung der gelagerten Güter beschäftigt waren. Sie nahmen keine Notiz von dem Arzt. Kottena hatte sich in den vergangenen Jahren nur einmal innerhalb dieser Kuppel aufgehalten, um die Lieferung eines Bestrahlungsgerätes zu beschleunigen. Damals war er jedoch nur im Hauptbüro gewesen, so daß er keine Ahnung hatte, wo die Ersatzteile und positronischen Geräte aufbewahrt wurden. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als alle Lagerhallen zu durchsuchen. Vielleicht fand er auf diese Weise ein Funkgerät, bevor die Mutanten ihn entdeckten.
Er drang in eine Lagerhalle ein. Schnell fand er heraus, daß hier nur chirurgische Geräte und Zubehör für die Bäderhallen gelagert wurden. Durch den Zwischengang erreichte er das nächste Lager. Diesmal hatte er mehr Glück. Er fand Ortungs- und Meßgeräte, verschiedene Relais und schließlich einige tragbare Funkgeräte. Ein paar Beeinflußte waren jedoch vor Kottena hierher gekommen und hatten alles von den Regalen geworfen. Kottena verstand nichts von Funktechnik. Daher brauchte er ein Gerät, das vollkommen intakt war.
Er ließ sich auf die Knie sinken und kroch unter die Regale. Hier fand er ein Funkgerät, das noch in Ordnung zu sein schien.
Er stellte es vor sich auf einen Tisch, um es zu untersuchen.
Dann begann er zu funken.
Er erfuhr nie, ob man seinen Notruf empfangen hatte, denn nachdem er dreimal die gleichen Sätze gesprochen hatte, materialisierte am anderen Ende der Halle ein kleiner Mann mit einem verquollenen Kindergesicht, der nur mit einem Pyjama bekleidet war.
Der Mann trug einen Strahler. Er legte damit auf Dr. Ern Kottena an und erschoß ihn.
Danach gab er noch einen zweiten Schuß ab, der das Funkgerät zerstörte.
Nos Vigeland wurde allmählich ungeduldig. Die Besatzung der RODENSTAAD war zwar einschließlich ihres Kommandanten Major Kirk von Hossen von den Suggestivbefehlen
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