Silberband 045 - Menschheit am Abgrund
auf und überließ dem Robot den Vortritt. Auf der Schwelle drehte er sich noch einmal um und sah zurück in die scheinbar menschenleere Halle. Die Automaten klickten, wenn sie die Stromzufuhr regelten, verstärkten oder verminderten. Die Maschinen summten, sonst war nichts zu hören.
Sie drückten die Tür zu, und dann verschweißte der Roboter den Rahmen. Fast gleichzeitig ertönte das Alarmsignal.
Die Männer der Abwehr waren eingetroffen.
Ehe Gulbrandsen den Einlaßmechanismus betätigen konnte, sagte der Roboter:
»Ich fange wieder die fremden Gehirnschwingungen auf, aber sie kommen nicht mehr aus der Verteilerhalle. Die Quelle bewegt sich, und zwar von uns fort. Ich kann die Richtung feststellen.«
»Folge ihr, ich lasse die Abwehr in die Station. Wir bleiben in Funkverbindung. Wir dürfen den Spion nicht verlieren.«
Er wartete keine Antwort ab, sondern rannte zur Schaltzentrale. Der Leutnant der Abwehr und andere Offiziere identifizierten sich über die Bildanlage und wurden hereingelassen. Sie verteilten sich sofort in der Station, während der Leutnant sich Gulbrandsens Bericht anhörte.
»An Ihnen vorbei?« bezweifelte er die Angaben des Technikers. »Das ist doch unmöglich – es sei denn …«
»Es sei denn … was?«
»Vielleicht ist er unsichtbar. Ein Deflektorschirm. Aber dann müßte ihn die Energieabstrahlung verraten.«
»Die ganze Station ist voller Energieabstrahlung«, erinnerte ihn Gulbrandsen. »Das erschwert natürlich die Entdeckung. Jedenfalls ist der neue Spezialroboter hinter ihm her. Er orientiert sich nicht nach Energieabstrahlung, sondern nach den Gehirnmustern des Eindringlings. Wir müssen ihm helfen, sonst entkommt der Kerl nochmals.«
»Vielleicht ist es gar kein Kerl«, sagte der Leutnant und fügte hinzu: »Übrigens erwarten wir den Chef höchstpersönlich. Er wird sich bestimmt für Ihren Bericht interessieren. Wir lassen einen Mann hier zurück, damit er Deighton einlassen kann.«
Sie fanden den Roboter auf dem Innenhof der Station. Er blickte nach oben in den Himmel Merkurs, an dem keine Sterne standen, nur zwei oder drei Planeten des Sonnensystems.
»Wo ist er?« fragte der Leutnant den Roboter.
Gulbrandsen umklammerte den Schaft seiner Waffe. Er hatte Angst vor der Antwort. Er ahnte, wie sie lauten würde.
Und er hatte sich nicht getäuscht.
»Da oben«, sagte der Roboter sachlich. »Er ist entkommen, und die Quelle der Gehirnschwingungen entfernt sich mit großer Geschwindigkeit in Richtung Pol.«
Der Leutnant zögerte keine Sekunde und gab Alarm für den Bereich der Polanlagen.
»Deighton wird sich freuen«, sagte er dann trocken.
34.
Leutnant Chesterham und Gucky trafen Deighton, als dieser gerade von dem Alarm in der Verteilerstation erfuhr. Captain Skopins war ebenfalls anwesend.
»Das wird unser Freund sein«, sagte Deighton. »Daß er ausgerechnet in einer relativ unwichtigen Anlage auftaucht, scheint mir der Beweis dafür zu sein, daß er sich auf der planlosen Flucht befindet. Er ist dabei, sich zu orientieren. Vielleicht fassen wir ihn schneller, als wir zuerst annehmen mußten. Kommen Sie mit?«
»Überflüssige Frage«, knurrte Gucky und überprüfte den Sitz seines Kampfanzuges. »Wenn jemand den Kerl erledigt, dann ich. Ich glaube, dazu habe ich ein Recht.«
Deighton nickte begütigend.
»Natürlich hast du das. Also – gehen wir.«
Sie nahmen einen Jet-Gleiter und rasten Minuten später dicht über der Oberfläche Merkurs nach Norden. Die Sonne stand nur handbreit über dem Horizont, durch den hellen Zapfstrahl mit Merkur verbunden.
Über Funk erfuhren sie von der Ankunft der örtlichen Abwehrgruppe in der Verteilerstation und der Flucht des Agenten. Immerhin erhielten sie den Hinweis, daß der Unbekannte sich in nördlicher Richtung bewegte.
»Damit dürfte weiter klar sein, daß er einen Sabotageakt plant«, folgerte Deighton. »Wir müssen das unter allen Umständen verhindern.«
»Er ist nicht nur unsichtbar, er trägt außerdem noch einen flugfähigen Kampfanzug. Es muß doch möglich sein, die Energiestrahlung anzumessen.« Chesterham schüttelte den Kopf. »Warum geschieht das nicht?«
»Wir sind hier nicht auf Olymp«, erinnerte ihn Deighton. »Über Merkur spannen sich unzählige Felder verschiedenartiger Energieabstrahlungen, die eine Ortung nahezu unmöglich machen. In dieser Hinsicht ist der Agent im Vorteil. Unser Vorteil dürfte es sein, daß er sich als Unbekannter kaum so schnell zurechtfinden wird. Auf den
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