Silberband 045 - Menschheit am Abgrund
kann man auf Nosmo mit gutem Grunde annehmen, ein Langzeitunternehmen der Fremden sei erfüllt worden. So wird es möglich sein, die wahren Geschehnisse zu verschleiern, bis wir es für richtig halten, sie preiszugeben. Wann das sein wird, habe ich nicht zu entscheiden. Vielen Dank, meine Herren.«
Die Konferenz währte bis in die frühen Morgenstunden. Die letzten Vorbereitungen wurden getroffen.
Rhodan endete mit den Worten:
»Sie werden mich ab zwölf Uhr des heutigen Tages jederzeit in der Hauptschaltzentrale Merkur erreichen können. Die Durchführung der letzten Systemschaltungen auf den Planeten, Monden und spezialisierten Außenstationen wird von besonders vereidigtem Fachpersonal aus Professor Waringers Team vorgenommen. Waringer selbst leitet die Primäraktion auf Merkur. Die solare Menschheit wird spätestens beim Auftauchen der ersten antiterranischen Koalitionsverbände erfahren, was wir in fünfhundertjähriger, mühevoller Arbeit unter allerstrengster Geheimhaltung auf dem Merkur und den anderen acht Planeten aufgebaut haben. Der Kostenaufwand war enorm. Ein fünfhundert Jahre altes Rätsel wird seine Lösung finden. Begeben Sie sich nun bitte auf Ihre Positionen. Die zehn Herren des Notstands-Kontrollrates begleiten mich bitte zur Schaltzentrale Merkur. Das wäre alles.«
Waringer schaute auf die Uhr. Es war drei Uhr früh, am 30. Oktober des Jahres 3430.
Für die Kommandeure der Antiterranischen Koalitionsflotte war der Tag X angebrochen, für Professor Abel Waringer der Tag Laurin.
Waringer stand mit seinem Panzerschutzanzug einige hundert Meter jenseits der Schattengrenze im grellen Sonnenlicht. Hier, so nahe der Librationszone am nördlichen Pol des Planeten Merkur, herrschte eine Hitze von einhundertachtundzwanzig Grad Celsius.
Merkur war ein Einseitendreher. Während eines Sonnenumlaufes rotierte er nur einmal um seine Polachse. So drehte er dem Muttergestirn des Solsystems immer die gleiche Kugelfläche zu.
Waringer lauschte auf das Summen des Energietornisters. Er mußte unwillkürlich an die kleinen Ingenieure von Siga denken, die in der Lage waren, Mikroreaktoren mit einer so hohen Leistung zu bauen.
Dann schaute er wieder durch die verdunkelte Helmscheibe zur Sonne hinauf. Von Merkur aus betrachtet war sie ein flammender Atomofen, der ungestüm weißglühende Gasmassen von sich schleuderte und eine Strahlungsenergie ausschickte, die noch viele Millionen Jahre lang die neun Planeten erwärmen und das Leben auf ihnen erhalten würde.
»Hoffentlich!« sagte Waringer im Selbstgespräch vor sich hin.
Im Helmfunk knackte es.
»Haben Sie gerufen, Professor?«
Waringer schreckte aus seinen Gedanken auf.
»Nein, danke. Alte Männer sprechen manchmal mit sich selbst. Können Sie die Sonne sehen?«
»Nur die Korona über der Polrundung.«
»Sie ist schön; atemberaubend schön und gewaltig. Dabei ist sie nur ein kleiner Stern, der unter den blauen und roten Riesen der Galaxis soviel bedeutet wie ein atomarer Schneidbrenner auf der Erde. Ich meine damit die Energieverschickung.«
»Ich verstehe, Professor.«
»Hoffentlich verstehen Sie es in voller Konsequenz. Was wir vorhaben, wird Mutter Sonne doch etwas erschüttern. Sie wird nicht daran erkranken, aber sie wird sich wundern. Aber lassen wir das. Sind neue Meldungen hereingekommen?«
»Ja. Die Verbände des Carsualschen Bundes sind plötzlich von ihren Sammelpositionen verschwunden. Carsual teilt über die Hyperfunkbrücken öffentlich mit, die Manöver nahe der Eastside wären beendet. Auch Dabrifas Einheiten sind nicht mehr da.«
»Also will man es doch wagen! Sind diese Leute denn wahnsinnig geworden? Was stört sie an Terra und der solaren Menschheit? Tun wir ihnen etwas? Bevormunden wir sie? Drohen wir ihnen die Unterdrückung an?«
In Waringers Helmlautsprecher klang eine andere Stimme auf. Rhodan hatte sich eingeschaltet.
»Diese Fragen stelle ich mir seit einigen hundert Jahren, Abel. Kennst du das uralte terranische Sprichwort: Je mehr man hat, je mehr man will?«
»Nein. Es scheint aber symptomatisch zu sein.«
»Du bist ein kluger Mann, Abel. Ich weiß gar nicht, weshalb ich dich seinerzeit nicht als Schwiegersohn haben wollte.«
Waringer lachte leise. Es klang etwas wehmütig.
»Ich war linkisch, unselbständig, ständig verlegen und dürr wie ein Laternenpfahl. Wenn ein Mensch von diesem Typ mit Ideen aufkreuzt, die wissenschaftliche Erkenntnisse radikal umwerfen, dann muß man ihn zwangsläufig als Narren,
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