Silberband 046 - Der Todessatellit
versuchte er, sich trotz der quälenden Schmerzen weiter auf die selbstgestellte Aufgabe zu konzentrieren, bis NATHAN ihm schonend beibrachte, daß es sinnvoller wäre, er würde sich einige Stunden Schlaf gönnen.
Daraufhin war Saedelaere in einen der zahlreichen Ruheräume gewankt und hatte sich auf die Couch gelegt, überzeugt, daß ein kurzer Schlaf ihn erfrischen würde.
Er war auch tatsächlich eingeschlafen. Doch der Schlaf brachte keine Erfrischung, im Gegenteil. Fürchterliche Alpträume peinigten Alaska, und als er physisch und psychisch zerschlagen erwachte, lag er zusammengekrümmt unter der Couch, als hätte er dort instinktiv Schutz gesucht.
Nach einiger Zeit fand Saedelaere den Mut, sein nutzloses Versteck aufzugeben. Allmählich ließen die Kopfschmerzen etwas nach. Alaska duschte kalt und schluckte ein paar Energietabletten. Danach fühlte er sich wohler, konnte sich jedoch nicht aufraffen, etwas zu unternehmen.
Er unternahm auch nichts, als er, wie alle besonders wichtigen Personen, über die Alarmmeldung von Merkur informiert wurde. Nach einiger Zeit glaubte er wispernde Stimmen zu hören. Zuerst beachtete er sie überhaupt nicht, bis ihm einfiel, daß er in dem schallisolierten Ruheraum keine Stimmen hören konnte.
Jedenfalls keine akustisch wahrnehmbaren …
Von da an versuchte Saedelaere, etwas von dem Wispern zu verstehen, indem er sich entspannte und bewußt auf die seltsamen Stimmen konzentrierte. Seiner Ansicht nach handelte es sich um eine Art Telepathie, keine richtige Telepathie allerdings, denn dann hätte er die Stimmen nicht vernehmen können.
Vielleicht eine halbe Stunde später jedoch war er versucht, seine Ansicht zu ändern, denn diesmal erteilte ihm die innere Stimme einen klar verständlichen Befehl – den Befehl sich selbst zu töten.
Entsetzt fuhr Alaska Saedelaere hoch. Die befehlende Stimme erlosch. Nur das eigenartige unverständliche Wispern und Raunen blieb.
Der Transmittergeschädigte erkannte die Gefahr, in der er schwebte – und in die er vielleicht seine Umgebung brachte, falls jemand oder etwas seinen geistigen Widerstand bräche.
Plötzlich handelte er wieder so zielstrebig wie früher. Er verließ den Ruheraum und begab sich in das sublunare Labyrinth von Gängen und Transportbändern und den zahlreichen Antigravschächten. Sein Ziel war die nahegelegene Personen-Transmitterstation Delta. Von dort aus wollte er sich direkt zum Parapsi-Zentrum auf dem ersten Saturnmond Mimas begeben.
Dieser Sektor des Mondinnern war zwar wenig belebt, dennoch ließ es sich nicht vermeiden, daß Alaska bereits nach wenigen Sekunden einem anderen Mann begegnete, einem bekannten Mathelogiker, der zum ständigen Verbindungsstab gehörte.
Der Mathelogiker blieb stehen, als er Alaska Saedelaere sah.
Der Transmittergeschädigte starrte unwillig in das bleiche Gesicht des Wissenschaftlers. Der Mann benahm sich gerade so, als sähe er Saedelaere zum erstenmal. Dabei kannte er ihn gut genug, um zu wissen, warum er eine fast konturlose Plastikmaske trug.
Doch das Entsetzen in den weitaufgerissenen Augen des anderen ließ in Alaska Saedelaere einen furchtbaren Verdacht aufkeimen. Überstürzt kehrte er zu der spiegelblanken Metalltür zurück, durch die er kurz, zuvor gekommen war.
Sein Spiegelbild zeigte ihm, worüber der Mathelogiker so erschrocken war.
Um die Ränder seiner Kunststoffmaske breitete sich ein koronaähnlicher Kranz aus, von dem irisierende Lichtblitze ausgingen.
Nachdem Saedelaere sich von dem ersten Schock erholt hatte, eilte er mit gesenktem Kopf zur Transmitterstation. Er wußte nicht, ob die hervordringenden Lichtblitze bei anderen Menschen geistige Schäden hervorrufen konnten; er konnte nur hoffen, daß sie bei diesem Anblick nicht ebenso in irreversiblen Wahnsinn verfielen wie bei der Betrachtung seines ganzen Gesichts. Auf jeden Fall aber durfte er sich so wenig Menschen wie möglich zeigen.
Er war froh darüber, daß der Transmitter ausschließlich von Computern und Robotern überwacht wurde, die sich nicht von Äußerlichkeiten beeindrucken ließen, wenn nur die Individualfrequenz stimmte. Seiner Aufforderung einer Vorzugsverbindung zur Notaufnahmestation der Mimas-Klinik wurde sofort stattgegeben. Alaska Saedelaere gehörte zu dem Kreis von Menschen, die auf Grund ihres vielseitigen Urteilsvermögens und ihres ausgeprägten Verantwortungsbewußtseins bestimmte Vorrechte genossen. Dazu gehörte auch, daß es nicht der Überweisung eines Arztes
Weitere Kostenlose Bücher