Silberband 046 - Der Todessatellit
verhielte.
Perry Rhodan führte Zwiebus in den Park. Dort gab es weite Rasenflächen, auf denen der Neandertaler sich austoben konnte, ohne wertvolle Pflanzen zu zerstören.
Lord Zwiebus gab einige kehlige Laute von sich, als er die frische Luft atmete, die zahllosen Vögel zwitschern hörte und den Geruch warmer Erde und Gräser wahrnahm. Plötzlich raste er mit einem Freudengeheul davon, quer über eine große Wiese und in einen Zierteich hinein. Das Wasser spritzte hoch auf. Wasserhühner ruderten wie wild davon, und etwa ein Dutzend Wildenten flüchtete mit knarrenden Flügelschlägen.
Prustend und schnaubend tauchte der Neandertaler wieder auf. Die Augen unter den vorspringenden Knochenwülsten funkelten triumphierend; die gelblichen Zähne gruben sich tief in den festen Rücken eines mindestens unterarmlangen Goldfisches. Zwiebus schlang das zappelnde Tier mit Kopf, Schwanz und Gräten hinunter, rülpste laut und kehrte schmatzend zu Rhodan zurück.
Der Terraner erholte sich von seiner Verblüffung. Er hätte das Verhalten des Neandertalers normalerweise gerügt; aber diesmal freute er sich viel zu sehr über die wiedererwachte Lebensfreude des Vorzeitmenschen, als daß er ihn hätte tadeln können.
Lord Zwiebus schüttelte sich wie ein Hund, daß die Wassertropfen nur so flogen.
»Gut hier«, sagte er im Ton tiefster Zufriedenheit. »Warum nicht immer so? Warum immer eingesperrt?«
»Du warst krank«, erklärte Rhodan ernst. »Heute nacht bis du zum erstenmal wieder aus deiner Umnachtung erwacht.«
»Umnachtung …?« fragte Zwiebus gedehnt. »Was das? Ich schlafen, ich wach werden, das alles.«
»Du hast lange Zeit nicht denken können«, versuchte Perry Rhodan zu erklären. »Viele Tage lang. Du hättest nicht einmal mich erkannt.«
»Das nicht wahr!« protestierte der Neandertaler heftig. »Ich dich immer erkennen. Du mein Freund.«
»Selbstverständlich, Lord Zwiebus.« Rhodan überlegte, wie er dem Vorzeitmenschen den Begriff ›geistige Umnachtung‹ verständlich machen konnte, ob es überhaupt sinnvoll war, das zu versuchen. Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr. Das gab den Ausschlag. »Man kann auch sagen, du hättest lange geschlafen. Und im Schlaf erkennt man ja niemanden, nicht wahr?«
»Lord Zwiebus schon«, erklärte der Neandertaler. »Ich spüren, riechen und aufwachen und …«
Er erstarrte.
Perry Rhodan preßte die Lippen zusammen und beobachtete den Neandertaler in banger Erwartung. Soeben waren Tan Dehuter, Galbraith Deighton und Alaska Saedelaere hinter einer Gehölzgruppe herangekommen. Sie schlenderten einen schmalen Weg zwischen Heidekrautflächen und Säulenwacholder entlang, wobei das Gesicht Alaskas immer wieder dem Neandertaler zugewandt war. Rhodan erkannte an der orangefarbenen Korona um Alaskas Gesichtsmaske, daß das Fremde in seinem Gesicht aktiv war. Es mußte den Transmittergeschädigten ungeheure Willenskraft kosten, dennoch den Spaziergänger zu spielen.
Lord Zwiebus starrte unverwandt auf den Mann mit der Maske, der für ihn ein Fremder war. Die tiefliegenden Augen glühten in unheimlichem Feuer. Aber der Neandertaler sagte kein Wort. Er bewegte sich nicht einmal, wandte keinen Blick von Alaska Saedelaere und blieb auch stumm, als die drei Männer hinter einer Gruppe Blautannen verschwanden.
Danach tat er einen tiefen rasselnden Atemzug. Er musterte Perry Rhodan lange und erklärte dann:
»Lord Zwiebus sein müde. Wollen heimgehen.«
»Aber warum denn?« fragte Rhodan, erleichtert darüber, daß der Vorzeitmensch normal geblieben war. »Komm, setzen wir uns auf die Bank dort drüben.«
Der Neandertaler schüttelte den Kopf.
»Lord Zwiebus muß nachdenken, Rhodan«, erklärte er beharrlich. »Gehen nach Hause, bitte.«
Der Großadministrator gab nach. Er brannte darauf, zu erfahren, ob die Begegnung mit Saedelaere den Damm zerstört hatte, der vor Zwiebus' wichtigsten Erinnerungen lag, wagte es jedoch nicht, zu drängen. Der Neandertaler mußte von selbst reden. Vielleicht wollte er nur deshalb Ruhe haben, um seine neuerwachten Erinnerungen zu ordnen. Etwas war mit seinem Geist geschehen, als er den Transmittergeschädigten gesehen hatte. Hätte er sich nur über das Aussehen Alaskas gewundert, wäre er nicht so still und zurückhaltend gewesen.
Unterwegs versuchte Rhodan noch einige Male, eine harmlose Unterhaltung in Gang zu bringen. Doch Lord Zwiebus schwieg eisern. Wahrscheinlich hörte er Rhodans Worte gar nicht bewußt. Er schien zu
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