Silberband 049 - Welten in Angst
nach Norden. Klar und scharf waren die Konturen des zurückkehrenden Shifts zu erkennen.
Neben dem Allzweckpanzer schritten die Giganten Tolot und Paladin einher. Perry Rhodan lächelte erleichtert und beobachtete wieder die Geröllebene.
Die Kuppel des Nullzeit-Deformators stand reglos im Saturnlicht. Eine schleierartige Wolke zog langsam darüber hin.
Nur noch wenige Tage, dann würde das Gerät überprüft sein, und die Rückkehr in das Solsystem der Jetztzeit konnte beginnen.
Doch was vorher noch geschehen sollte – das konnte sich Rhodan in seinen kühnsten Phantasien nicht ausmalen …
16.
Tage vorher: die Gefangenen
Als der Roboter hereinschwebte, gab ich vor zu schlafen, aber ich beobachtete jede seiner Bewegungen unter halbgeschlossenen Lidern. Wir nannten den Roboter Poseidon – das heißt, ich nannte ihn so, denn Merkosh wäre es im Traum nicht eingefallen, einen Namen zu akzeptieren, den ich ausgewählt hatte.
Merkosh nannte Poseidon ›Hybscher‹, jedenfalls klang das Wort, das er ab und zu in Zusammenhang mit dem Roboter aussprach, so oder ähnlich aus dem Lautsprecher des Translators. Der Oproner hatte eine Stimme wie ein Junge im schlimmsten Stadium eines schlimmsten Stimmbruchs. Er ging mir auf die Nerven. Vor allem, wenn er lachte. Manchmal gackerte er wie ein Huhn, um dann übergangslos ein schrilles Grunzen anzustimmen.
Diesmal war er still. Ich schielte zu ihm hinüber.
Er lag ausgestreckt auf seinem Bett. Sein unglaublich dürrer, zwei Meter langer Körper mit der transparenten Haut ließ ihn so hilflos und schutzbedürftig wirken, daß ich fast vergaß, wie gefährlich der Bursche war.
Poseidon hielt inmitten des Raumes an. Ich unterdrückte ein Grinsen. Natürlich hatte das Robotgehirn dieser mysteriösen Station andere Möglichkeiten, uns zu beobachten. Der Auftritt des Roboters, der sich regelmäßig alle acht Stunden wiederholte, hatte eine rein psychologische Bedeutung. Die Präsenz des Gehirns sollte uns durch das Auftauchen Poseidons klargemacht werden.
Ich stieß einen lautlosen Fluch aus.
Als hätte nicht jede winzige Schraube in dieser Station bewiesen, daß es dieses Gehirn gab! Von den unsichtbaren Kameras, Sensoren und Mikrophonen gar nicht zu reden.
Poseidon drehte sich ein paarmal um seine eigene Achse.
Ich war so sicher, daß Merkosh ihn ebenso beobachtete wie ich.
Wir spielten beide ein blödsinniges Spiel, obwohl es in unserer Lage besser gewesen wäre, wenn wir uns verbündet hätten. Ich hatte die Notwendigkeit eines solchen Bündnisses längst eingesehen, aber Merkosh machte keine Anstalten, mir ein bißchen entgegenzukommen. Es brauchte ja keine überschäumende Freundschaft zwischen uns zu entstehen – das war das letzte, was ich wollte. Selbstverständlich würde ich ihn auch als Verbündeten mißtrauisch beobachten, das verlangte schon der Selbsterhaltungstrieb.
Selbsterhaltungstrieb?
Ich hätte fast laut aufgelacht. Was, bei allen Planeten, konnten wir überhaupt noch erwarten?
Ein unglaubliches Schicksal hatte Merkosh und mich in diese Station verschlagen. (Merkosh sprach sogar von einer zeitlichen Verschiebung, aber daran glaubte ich nicht so richtig.)
Ich litt unter Gedächtnisschwäche, was mir einesteils sogar recht war, denn jede Erinnerung war mit Tod und Untergang verbunden.
Merkosh dagegen konnte sich an alle Einzelheiten seines Schicksals erinnern.
Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Poseidon seinen Beobachtungsplatz verließ und aus dem Raum schwebte. Das geschah völlig lautlos. Eigentlich erstaunlich, denn wildes Getöse mit Rauch und Feuer hätte viel besser zu den Absichten des Robotergehirns dieser Station gepaßt. Aber so tief vermochte die Positronik – oder was immer es war – wohl auch nicht in die Gefühlswelt eines Menschen einzudringen.
Ich wartete.
Ich überlegte, ob meine Vorsicht unbegründet sein könnte. Es war immerhin möglich, daß der Gläserne, wie ich ihn wegen seiner durchsichtigen Haut auch nannte, ebenfalls schlief.
Ich brauchte Schlaf. Über Merkoshs Schlafbedürfnis wußte ich nichts. Vielleicht konnte er tagelang wach bleiben. Dann war es nur eine Frage der Zeit, bis er mich überwältigen würde.
Aber, so strapazierte ich zum unzähligsten Mal mein Gehirn, warum sollte er mich ausschalten wollen? Doch nur, um alle eventuellen Rettungschancen für sich allein in Anspruch nehmen zu können.
Unsinn! dachte ich.
Merkosh hatte behauptet, daß er aus einer Galaxis kam, die er Maasbar nannte.
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