Silberband 052 - Exil im Hyperraum
Er hätte alles gegeben, wenn er dorthin hätte zurückkehren können. Noch lieber wäre er gestorben. Aber der ersehnte Tod kam nicht. Die Unbekannten schienen genau zu wissen, wie sie ihren Gefangenen am Leben erhalten mußten.
Zu Beginn seiner Gefangenschaft hatte Krecster-Kalopcs viele Versuche unternommen, sich mit seinen Peinigern zu verständigen. Doch er bekam keinen Kontakt. Die Unbekannten benutzten ihn lediglich für irgendein grausiges Experiment – alles andere war ihnen gleichgültig.
Krecster-Kalopcs' Kopf dehnte sich weiter aus. Er wurde so groß, daß das Gestell, auf dem der Kremine lag, vergrößert werden mußte. In regelmäßigen Abständen mußte er jetzt die nebelförmige Substanz einatmen. Jedesmal, wenn er aus seiner Bewußtlosigkeit erwachte, ragten neue Kabel und Schläuche aus seinem deformierten Schädel.
Dann wurde er blind.
Das Gehirn, das die Schädeldecke gesprengt hatte, wucherte über die Augen und bedeckte sie schließlich. Für den Gefangenen war diese Entwicklung entsetzlich, aber er lebte weiter.
Viel schlimmer als sein eigenes Schicksal erschien ihm das seiner vier Freunde, mit denen er sich auf rätselhafte Weise verbunden fühlte.
Die Zeit verstrich.
Ein ganzes Netzwerk verschieden dicker Kabel und Schläuche führte jetzt von Krecster-Kalopcs' Gehirn zu den Wänden und verschwand dort in den Öffnungen.
Ab und zu drang das Summen von Maschinen an die Ohren des Kreminen, dann versagte auch sein Gehör. Sein Mund verschwand ebenfalls unter der Gehirnmasse. Er konnte nur noch unartikulierte Geräusche von sich geben und wurde durch Schläuche mit Sauerstoff versorgt.
Irgendwann dämmerte in ihm die Erkenntnis, daß er mit seinen vier Freunden verbunden war. Die Anschlüsse in seinem Gehirn reichten bis in die benachbarten Räume, wo die anderen Kreminen lagen.
So lagen sie auf ihren Gestellen und warteten auf die Erlösung, die niemals kommen konnte.
Krecster-Kalopcs verzweifelte bei dem Gedanken, daß sie die Fähigkeit des Sterbens verloren haben könnten. Es erschien ihm nicht mehr so abwegig, daß sie bis in alle Ewigkeit hier liegen mußten, als hilflose Teilnehmer an einem schrecklichen Experiment.
Jahrhunderte – oder waren es Jahrtausende? – verstrichen, ohne daß etwas geschah. Der Kopf des Kreminen dehnte sich nicht weiter aus. Er hatte einen Durchmesser von zweieinhalb Metern erreicht.
Krecster-Kalopcs fühlte sich mit den anderen Gefangenen immer mehr verbunden. Die fünf Kreminen lernten wie ein Kollektiv zu denken. Sie wurden sich immer ähnlicher. Getrennt durch dünne Metallwände lagen sie auf den Gestellen und ertrugen stumm ihre Qualen. Ihre Träume kreisten ausschließlich um ihr Ende. Sie klammerten sich an die Hoffnung, daß sie eines Tages sterben würden.
Da keine Veränderung mehr mit ihnen vorging, begannen sie zu glauben, daß man sie vergessen hatte. Als Teil einer gewaltigen Automatik lebten sie jedoch weiter.
Dann – viel, viel später – geschah etwas, das sie diese Theorie wieder aufgeben ließ.
Krecster-Kalopcs spürte, wie etwas in ihn eindrang. Hätte er noch eine Stimme besessen, hätte er panikartig aufgeschrien. So mußte er den seltsamen Angriff stumm über sich ergehen lassen. Etwas nahm von seinem Gehirn Besitz und begann sein Denken und Fühlen zu kontrollieren.
Etwas Lebendiges!
Der Kremine wollte sich aufbäumen, doch sein Körper hatte sich im Verlauf von Jahrtausenden zurückentwickelt, so daß er nicht mehr reagierte.
Krecster-Kalopcs spürte, daß er die Kontrolle über seine Gedanken verlor. Dann wurde er völlig von diesem fremden Bewußtsein beherrscht. Unterschwellig spürte er den Triumph des Fremden.
Nach einer Weile gab ihn der Unbekannte wieder frei und wechselte nacheinander in die Körper der anderen Kreminen über.
Krecster-Kalopcs' Lebenswille war längst erloschen, aber das Ereignis war so ungeheuerlich, daß das Interesse des Kreminen an seiner Umgebung noch einmal aufflackerte.
Jemand benutzte sie für ein Experiment. Krecster-Kalopcs versuchte sich über die Bedeutung des Geschehnisses klarzuwerden, erkannte aber schnell, daß er nicht einmal erahnen konnte, worum es eigentlich ging.
Das fremde Bewußtsein kam ein zweites Mal in seinen Körper gekrochen und übernahm die Kontrolle über Krecster-Kalopcs' Willen. Diesmal ging es schneller.
Der Kremine verströmte den ganzen Haß, zu dem er noch fähig war, aber der Eindringling reagierte nicht.
»Du muß ruhig bleiben!« drang ein
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