Silberband 059 - Herrscher des Schwarms
nachdem er einige Gläser zur Seite geschoben hatte.
»Haben Sie Rhodan schon benachrichtigt?« fragte er.
»Ich wollte damit noch warten, bis ich ein klareres Bild habe.«
»Noch klarer geht es nicht«, entgegnete der Chefarzt. »Bisher haben wir angenommen, daß nur die Gelben Eroberer das Virus zu fürchten haben. Jetzt wissen wir mehr. Damit wird Rhodan seine gesamten Pläne ändern müssen.«
»Ich weiß nicht genau, was er plant«, sagte Jacobi.
Der Afroterraner schaute ihn nachdenklich an.
»Im Schwarm hat man offensichtlich eine panikartige Furcht vor dieser hochinfektiösen Verformungskrankheit«, stellte der Arzt fest. »Die Regulationsstörung im Wachstum der Gelben Eroberer bewirkt nicht nur ihre totale Unfruchtbarkeit, sondern auch eine entartete Zellwucherung, wie Sie wissen, führt aber nicht zum Tode.«
»Das alles ist mir bekannt.«
»Rhodan will sich die Angst der Gelben Eroberer vor dieser Krankheit zunutze machen. Er will den Gegner nervös machen. Er will ihn ständig provozieren, überraschen und ihn an seiner empfindlichsten Stelle treffen.«
»Das ist vermutlich die einzige Möglichkeit, die wir haben, wenn wir uns nicht auf endlose Raumschlachten einlassen wollen, solange wir im Schwarm sind. Dabei würden wir wahrscheinlich irgendwann doch einmal den kürzeren ziehen.«
Khomo Serenti nickte zustimmend. »Rhodan will möglichst viele Planeten der Gelben Eroberer infizieren«, fuhr er fort.
»Glauben Sie wirklich, daß er damit viel erreichen kann? Was bedeutet es schon, wenn einige Planeten mit dem Virus verseucht werden? Das ist doch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein«, entgegnete der Virologe. Auch er nahm sich jetzt einen Becher Kaffee. Er trank in kleinen Schlucken.
Khomo Serenti sah ihm an, daß er sich plötzlich müde fühlte. Die Schultern des jungen Mannes hatten sich gesenkt. Der Chefarzt dachte an die Last, die auf dem Virologen ruhte. Seltsamerweise schien Dr. Jacobi unendlich weit von ihm entfernt zu sein, getrennt durch eine Wand aus einem unsichtbaren Material. Nicht mehr als eine dreidimensionale Projektion von dem Virologen schien bei ihm zu sein. Dr. Serenti wunderte sich über diesen Eindruck, den er sich kaum erklären konnte, bis Dr. Jacobi ihn ansah.
Die Augen des Spezialisten lagen tief in den Höhlen. Sie waren voller Unruhe und Unsicherheit. Der geniale Virologe schien an seinem Wissen zu zweifeln. Es war, als habe er den Boden unter den Füßen verloren und schwebe jetzt im Nichts. Das Unerklärliche machte ihn hilflos. Es schien keine Brücke zwischen den bisherigen Erfahrungen und den neuen Erkenntnissen zu geben.
Khomo Serenti wußte, daß er dem jungen Arzt nicht helfen konnte. Niemand an Bord der MARCO POLO wußte mehr über Viren als er. Wenn überhaupt jemand das Problem lösen konnte, dann allein Dr. Jacobi.
»Vielleicht haben Sie recht«, sagte Dr. Serenti nachdenklich. »Vielleicht wäre die Infektion einiger Welten der Gelben Eroberer wirklich nicht mehr als ein Nadelstich. Rhodan hat das Problem jedoch mit den Psychologen diskutiert und von der Bordpositronik untersuchen lassen. Die Psychoauswertung besagt – auf einen einfachen Nenner gebracht –, daß die Infektion einiger Planeten die Gelben Eroberer schon bis an den Rand einer Panik bringen kann.«
»Was wäre damit erreicht?«
»Sehr viel.« Dr. Serenti lächelte beruhigend. »Rhodan muß es im Interesse aller galaktischer Völker darauf ankommen lassen, die bereits eingeleiteten Teilungsgeburten der Gelben Eroberer in irgendeiner Form aufzuhalten«, erklärte er. Seine Stimme war etwas lauter geworden. Dr. Serenti sprach akzentuierter als vorher. »Rhodan hatte bisher noch keine Zeit, eine wirklich schlagkräftige Waffe zu entwickeln, mit der die Flut der Gelben Eroberer aufgehalten werden kann. Vergessen Sie nicht, daß nur ein verschwindend geringer Teil der Menschheit seine volle Intelligenz wiedergewonnen oder behalten hat. Uns fehlt das wissenschaftliche Material.«
Dr. Jacobi trank einen weiteren Becher Kaffee. Seine Augen belebten sich. Er preßte die Lippen zusammen und nickte mehrmals.
»Ich stimme völlig mit Ihnen überein«, sagte er. »Der Plan der Schiffsführung ist vermutlich der beste, der unter den gegebenen Umständen überhaupt möglich und realisierbar ist. Er hat nur einen entscheidenden Mangel.«
»Sie meinen das Verhalten des Virus?«
»Genau das. Es wäre sinnlos, die Plasmamasse von Kokon auf andere Planeten zu verstreuen. Der Effekt
Weitere Kostenlose Bücher