Silberband 062 - Götzendämmerung
wie übergroße Radarantennen bewegt wurden.
Roi Danton richtete das Objekt einer Außenkamera auf das Gebilde und steuerte es so aus, daß nur die Fühler auf dem Bildschirm erschienen. Er konnte jedoch nichts erkennen, was ihn wirklich ausreichend über den Charakter dieser Auswüchse informiert hätte. Sie konnten ebenso Zierde wie notwendiges Anhängsel oder absolut wichtiges Gerät sein.
Abermals meldete sich Arion Welchenau von der AMARILLO. Der Erste Offizier teilte mit, daß sich wieder einhundert Wabenschiffe aus dem Verband gelöst hatten und Born Wild anflogen.
Boda Bodamore saß auf dem Dach einer Hütte, die unmittelbar am Fluß stand, und beobachtete das bunte Treiben am Ufer. Jetzt legten pausenlos Segelboote der Tubbods an. Die meisten Männer und Frauen stiegen an Land und warfen sich auf den Boden. Sie riefen beschwörende Worte und blickten, wenn sie ihre Köpfe wieder hoben, voller Ehrfurcht und Angst zu dem Götzenstandbild hinauf.
Kaum hatten sie diesem jedoch ihr erstes Gebet gewidmet, als sie sich auch schon dem Weisen auf dem Dach zuwandten und neugierig zu ihm hinaufschauten. Die wenigsten von ihnen hatten den Weisen jemals gesehen, aber alle hatten von ihm und seinen Wundertaten gehört.
»Seltsam«, stellte Arialeinen mit weinerlicher Stimme fest, »in dieser Siedlung haben wir keinen einzigen Kranken getroffen. Mit diesen verdammten Schiffen aber kommen sie gleich zu Hunderten. Oh, mein Herr und Gebieter, jetzt müssen wir wieder arbeiten.«
»Du hast keinen Grund, dich zu beklagen«, sagte der Weise. »Denk lieber darüber nach, was wir für die drei Männer auf dem Baum tun können. Ich fühle, daß wir etwas für sie tun müssen.«
Arialeinen ließ seine Faust auf den Kopf Bodamores herabfallen, so daß dieser schmerzhaft zusammenzuckte.
»Oh, mein Herr«, rief Arialeinen klagend aus. »Hast du mir nicht verboten, mein Gehirn zu benutzen? Wie könnte ich es wagen, über Dinge nachzudenken, die mich überhaupt nichts angehen. Denken – das ist deine Sache, denn ich bin ein gehorsamer Diener.«
»Daran werde ich dich noch einmal erinnern.« Bodamore erhob sich und kletterte an einer Strickleiter vom Dach herab. »Und jetzt geh zu den Frauen und verbiete ihnen, noch länger soviel Krach zu machen.«
»Was ist mit dir, Herr? Du zitterst ja.«
Bodamore stieß seinen Diener mit einer energischen Bewegung von seiner Schulter. Arialeinen betrachtete ihn angsterfüllt. Der Weise hatte sich innerhalb von Sekunden völlig verwandelt. Die Tubbods in seiner Nähe warfen sich zu Boden. Sie hatten das Götzenstandbild vergessen. Bodamore drückte die Hände gegen seine Schläfen und richtete die Blicke zu den Wolken empor.
Er spürte mit aller Deutlichkeit, daß sich etwas Entsetzliches näherte. Und er wußte zugleich, daß er nichts tun konnte, um diese Siedlung zu schützen.
Langsam drehte er sich um. Das Götzenstandbild schien zu schwanken. Ihm war, als würde es über dem Dorf zusammenstürzen. Leuchteten die Augen nicht viel heller und zugleich noch unheimlicher als sonst?
»Bitte«, flüsterte Arialeinen an seinem Ohr, »bitte, schweig! Ich weiß, daß du diesen Götzen haßt, aber bitte, sage jetzt nichts.«
»Du mußt die Männer da oben befreien, Aria«, antwortete er. »Beeil dich, sonst ist es zu spät!«
Wieder sah er in den Himmel hinauf. Er spürte, wie sich ihm der Hals verengte.
Vom Baum her, an dem die Gefangenen hingen, klang das Hämmern der Frauen. Sie bemühten sich, die fremdartigen Dinge zu vernichten, die die Besucher bei sich gehabt hatten. Bodamore hatte das Gefühl, als treffe ihn jeder Schlag.
Er wußte nicht, was er tun sollte. Zum erstenmal in seinem Leben war er wirklich hilflos.
»Höret, ihr Kinder unter der gelben Sonne, Antaranara befiehlt euch, gegen Sünde und Verderben wachsam zu sein. Erhebt euch gegen jene, welche die Gebote Antaranaras mißachten. Die volle Strafe soll sie treffen. Ihr seid das Schwert Antaranaras. Durch euch wird er jene in den Tod stürzen, die sich gegen ihn wenden.«
Kahana – 55. Mira
»Der Teufel soll dich holen, Antaranara«, flüsterte Bodamore. Er eilte mit großen Schritten zu dem Baum, an den die Terraner gefesselt waren. Dabei kümmerte sich der Weise nicht um die Tubbods, die sich vor ihm auf den Boden warfen oder ihn mit Bitten bestürmten. Sie mußten warten. Er fühlte, daß er etwas tun mußte, das wichtiger war als alles, was die Tubbods belastete. Er war entschlossen, endlich zu handeln. Immer
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