Silberband 070 - Gehirn in Fesseln
ihnen.
Doynschto schien sich nicht mehr konzentrieren zu können. Er lief ziellos von einem Gerät zum anderen, ohne entscheidende Schaltungen vorzunehmen. Rhodan ging zu ihm, nahm seinen Arm und blickte ihm in die Augen.
»Doynschto«, sagte er ruhig. »Jetzt kommt es darauf an. Wenn dieser letzte Teil des Planes nicht gelingt, war alles umsonst. Reißen Sie sich zusammen.«
»Ich bin derart aufregende Ereignisse nicht gewohnt«, entgegnete der Wissenschaftler entschuldigend. »So etwas wie heute ist hier noch niemals vorgekommen.«
»Das kann ich verstehen«, sagte Rhodan. »Natürlich ist das alles sehr aufregend für Sie. Denken Sie aber daran, daß alles notwendig war. Nur so konnten Sie sich von dem Erpresser befreien, der Sie jahrelang gequält hat. Schließen Sie alles jetzt sinnvoll ab.«
Doynschto deutete auf den Bordin. »Sollten wir ihn nicht fesseln?«
»Das wäre ein Fehler. Er muß Handlungsfreiheit haben, auch wenn das unangenehm für uns sein sollte.«
Doynschto zitterte. Er ging zu einem Getränkeautomaten und zapfte sich einen Becher mit einer roten Flüssigkeit ab. Er trank überhastet und mußte husten. Doch dann hatte er sich gefangen.
Er eilte zu seinen Geräten. Jetzt konnte er sich konzentrieren. Die Arbeit ging ihm gewohnt schnell von der Hand.
Rhodan ging zur Tür. Er konnte abermals laute Schreie und Schritte hören. In den oberen Stockwerken liefen die Mitglieder des GOK herum. Sie durchsuchten jeden Raum.
»Achtung!«, rief Doynschto.
Rhodan schloß die Tür und zerschlug den elektrischen Öffner mit einem Rechenstab, der auf einem Tisch lag.
Der Yaanztroner drückte die entscheidenden Tasten. Nahezu lautlos vollzog sich die Transplantation. Das Gehirn der unbekannten Bestie verschwand aus dem glockenförmigen Gefäß. Nur eine rötliche Flüssigkeit blieb zurück. Sie schwappte gegen die Innenwände des Gefäßes.
Rhodan blickte zu dem Bordinkörper hinüber. In ihm befand sich jetzt das Gehirn. Er erinnerte sich daran, daß Hactschyten davon gesprochen hatte, daß dieses Gehirn über eine ungewöhnliche Intelligenz verfüge. Das mußte sich jetzt zeigen.
Ein Zittern durchlief den Bordinkörper.
Unwillkürlich ging Rhodan etwas näher an ihn heran. Er selbst hatte in diesem Körper gewohnt. Er wußte, wie sehr er zuletzt darunter gelitten hatte, daß sich Unverträglichkeiten zwischen ihm und dem transplantierten Gehirn ergeben hatten. Und er wußte, wie schwach er sich am Ende darin gefühlt hatte.
Er verfügte jetzt über einen jungen, elastischen und kräftigen Körper. Er war – zumindest äußerlich – ein Yaanztroner. Das fremde Wesen aber lebte jetzt in einem erschöpften Körper mit einem vermutlich ihm völlig unbekannten Äußeren. Mußte es nicht wahnsinnig werden, falls es das nicht schon war?
Rhodan glaubte nicht daran, daß eine große Gefahr von diesem ›Bordin‹ ausgehen würde. Angesichts des Kräfteverfalls erschien ihm das als ziemlich unwahrscheinlich. Deshalb hatte er keine Bedenken, bis auf einen Meter an den Bordin heranzugehen.
Er sah, daß der andere ihn durch halbgeöffnete Lider beobachtete. Vorsichtshalber blieb er stehen. Ein Schauer rann ihm über den Rücken.
Er wandte sich halb zu Doynschto um. Der Wissenschaftler kam langsam zu ihm heran.
»Was ist mit ihm?« fragte Rhodan. »Ist etwas nicht so verlaufen, wie Sie es vorausberechnet haben?«
Doynschto konnte nicht antworten. Der Bordin schnellte sich mit einem Schrei von seinem Lager auf und stürzte sich mit einem tierischen Gebrüll auf Doynschto. Rhodan fuhr entsetzt zurück. Das Geschöpf, das eben noch matt vor ihm gelegen hatte, verwandelte sich in eine reißende Bestie.
Es schlug dem Wissenschaftler die Zähne in die Wange und brachte ihm eine heftig blutende Wunde bei, während seine Fäuste gegen seine Brust trommelten.
Rhodan packte ihn mit beiden Händen am Hals und riß ihn von Doynschto weg. Er war überzeugt, den Bordin überwältigen zu können, aber er irrte sich. Hactschyten hatte nicht übertrieben. Er hatte ein Gehirn überbracht, das einem Ungeheuer gehört hatte. Das halb wahnsinnige Wesen machte unglaubliche Kräfte mobil. Es schien zu ahnen, daß es nicht mehr lange leben würde, und es bäumte sich mit unbeschreiblicher Wildheit gegen das Ende auf.
Rhodan konnte sich gerade noch vor den Fäusten und den Füßen seines Gegners in Sicherheit bringen, die ihn zerschmettern wollten. Er sah die Zähne über sich, die wild nach ihm schnappten, aber er
Weitere Kostenlose Bücher