Silberband 071 - Das Erbe der Yulocs
das GOK mich festnehmen?« wollte Doynschto wissen.
»Ich gehöre nicht dem GOK an.«
»Aber Sie arbeiten für die Regierung?«
»Nein!« sagte der Jäger. »Ich gehe dieser Sache nach, weil ich mich dafür interessiere. Dieses Ceynach-Gehirn scheint außerordentlich interessant zu sein. Diese Vermutung können Sie mir sicher bestätigen?«
Doynschto nickte.
Der Tuuhrt blickte auf das offene Kellerfenster. »Man soll sein Glück nicht herausfordern. Verschwinden wir, bevor die Fulgmyrer unsere Spur wieder entdeckt haben.«
Der psychologische Effekt, der Doynschto am meisten beunruhigte, war die Tatsache, daß er sich nach seiner Rückkehr in die eigene Privatklinik in der vertrauten Umgebung wie ein Fremder vorkam. Dieses Gefühl wurde durch die Anwesenheit des geheimnisvollen Yaanztroners ausgelöst, der sich Vrotesch nannte. Vrotesch hatte Doynschto in die Klinik begleitet. Er schien sich keine Sorgen darüber zu machen, daß Doynschto erneut das GOK oder die Polizei benachrichtigen könnte.
Vrotesch handelte vom Standpunkt des Überlegenen aus – und das war die zweite Tatsache, die den Wissenschaftler beunruhigte.
Doynschto war es gewohnt, daß er Befehle gab und Macht ausübte. Nun war ein abgerissen gekleideter alter Mann erschienen und hatte die Stellung des Wissenschaftlers ignoriert. Wer so handelte, mußte ein gerissener Schauspieler oder eine einflußreiche Persönlichkeit sein.
Die Erlebnisse im Haus des Roten Anatomen hielten Doynschto davon ab, in Vrotesch einen unverschämten Bluffer zu sehen.
Auf jeden Fall war Doynschto entschlossen, dem Fremden keine Informationen zu geben. Er würde schweigen.
Vrotesch schien es mit seinen Ermittlungen nicht besonders eilig zu haben. Er ließ sich von dem Paratransplantator durch die Klinik führen, ohne Fragen zu stellen. Man hätte meinen können, das Ceynach-Gehirn wäre niemals erwähnt worden. Aber auch das war ein raffinierter psychologischer Schachzug. Indem er schwieg, brachte Vrotesch seinen Gegenspieler in Versuchung, seinerseits Fragen zu stellen. Aus jeder Frage ließen sich Rückschlüsse ziehen.
Doynschto wurde das Gefühl nicht los, daß er von seinem unheimlichen Begleiter scharf beobachtet wurde. Nicht, daß Vrotesch ihn angestarrt hätte. Allein seine Anwesenheit genügte, um Doynschto ein Gefühl der Unfreiheit zu übermitteln.
Der Rundgang durch die Klinik wurde für Doynschto immer mehr zu einer Qual.
»Ich möchte den Raum sehen, wo die Paratransplantationen vorgenommen werden«, sagte Vrotesch schließlich.
Doynschto hätte diese Bitte ablehnen können aber er mußte das Spiel, auf das er sich eingelassen hatte, auch zu Ende bringen.
Er führte Vrotesch in das Hauptlabor. Die Art, wie der ungebetene Gast sich bewegte, erweckte in Doynschto den Eindruck, daß Vrotesch diesen Raum auch ohne Hilfe gefunden hätte.
Im Eingang blieb der alte Yaanztroner an Doynschtos Seite stehen. Seine Blicke wanderten über die verschiedenen Einrichtungsgegenstände.
»Gut«, sagte er nach kurzer Zeit. »Das wäre alles.«
Doynschto war verblüfft, hütete sich aber, eine Bemerkung zu machen. Er war entschlossen, auch weiterhin Widerstand zu leisten. Vrotesch würde seine Gelassenheit nicht brechen.
Sie wanderten eine Zeitlang durch die Korridore der Klinik. Vrotesch bestimmte jetzt die Richtung, die sie einschlugen.
Bisher hatte Doynschto es vermieden, Vrotesch in die Nähe des kleinen Labors zu führen, wo er Rhodans Gehirn in Hactschytens Körper verpflanzt hatte. Obwohl er überzeugt davon war, daß es dort keine Spuren mehr gab, scheute er davor zurück, Vrotesch diesen Raum zu zeigen.
Nun mußte er feststellen, daß Vrotesch zielstrebig in jenen Teil der Klinik vordrang, wo sich dieses Labor befand.
Doynschto redete sich ein, daß dies Zufall war, doch seine Unruhe wuchs, je näher sie dem Raum kamen.
Unmittelbar vor dem Eingang blieb Vrotesch stehen. »Öffnen Sie!« bat er Doynschto. Der Wissenschaftler wollte etwas einwenden, doch seine Lippen bewegten sich nicht. Sein Mund war ausgetrocknet. Der wahnsinnige Plan, den Besucher niederzuschlagen und zu töten, nahm in seinem Gehirn Gestalt an. Er öffnete die Tür und trat zur Seite, um Vrotesch durchzulassen.
»Hier ist es passiert!« sagte der alte Mann bestimmt. »Hier haben Sie das Ceynach-Gehirn in einen anderen Körper verpflanzt.«
Die Worte dröhnten in Doynschtos Ohren. Er verstand sie kaum, aber ihr Sinn war ihm sofort klar. Er war fassungslos und verzweifelt. Dieser
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