Silberband 071 - Das Erbe der Yulocs
mein Gehirn in einen anderen Körper verpflanzen.«
Die Augen des Wissenschaftlers weiteten sich. »Sie sind ein junger Mann! Sind Sie krank?«
»Nein«, sagte Eboyschan. »Ich brauche trotzdem einen anderen Körper. Aber niemand, nicht einmal der Tschatro, darf je davon erfahren, daß Sie mein Gehirn verpflanzt haben.«
Das war ungeheuerlich! Ein Mitglied der Regierung bat ihn um eine Verpflanzung. Dieser Vorgang sollte den anderen Transplan-Regulatoren und dem Tschatro verheimlicht werden. Das bedeutete nicht mehr und nicht weniger, als daß Eboyschan auf diese seltsame Weise aus der Regierung auszuscheiden versuchte.
Das Motiv war offensichtlich: Angst! Die Frage war nur, woraus diese Angst resultierte.
Eboyschan hatte Angst vor der Regierung. Das konnte wiederum nur bedeuten, daß er sich gegen die Regierung gestellt hatte, der er bisher angehört hatte.
Wie aber kam Eboyschan auf den Gedanken, daß er ausgerechnet in Doynschto einen Helfer finden würde?
Der Paratransplantator kam sich hilflos vor. Er war im Begriff, seine bisherige gesellschaftliche Stellung zu verlieren. Dies war nicht von ihm selbst, sondern durch äußere Einflüsse eingeleitet worden. Bis zu einem gewissen Punkt konnte man seine Entwicklung selbst bestimmen, aber es gab Augenblicke, in denen man in die Maschinerie übergeordneter Ereignisse geriet und zur Marionette wurde.
»Sie werden mir doch helfen?« Eboyschan schrie diese Worte fast heraus.
»Ich bin ein angesehener Wissenschaftler«, sagte Doynschto langsam. »Sie verlangen von mir, daß ich alles aufs Spiel setze, was ich bisher erreicht habe. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Glauben Sie wirklich, daß ich Ihretwegen eine illegale Paratransplantation vornehmen werde?«
Eboyschans Lippen zitterten. »Ich hatte gehofft, daß Sie mir helfen würden. Sie sind genauso in diesen Fall verwickelt wie ich. Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen.«
Da war der Zusammenhang! »Was wissen Sie über diese ganze Sache?« fragte Doynschto. »Sagen Sie mir die Wahrheit, dann werde ich Ihnen vielleicht helfen.«
Eboyschan schüttelte den Kopf. »Ich kann Ihnen nicht sagen, was ich weiß.«
»Es geht um das Ceynach-Gehirn.«
»Ja.«
»Was wissen Sie darüber?«
»Nichts«, sagte Eboyschan. »Die Regierung weiß nichts über diesen Fremden, aber sie will unter allen Umständen herausfinden, woher er kommt, wer er ist und ob er wirklich in Ihrer Klinik den Tod fand. Der Tschatro bezweifelt das. Deshalb hat er das Ceynach-Suchkommando eingeschaltet.«
Das Ceynach-Suchkommando! Doynschtos Magen krampfte sich zusammen, seine Beine gaben nach. Er machte einen Schritt rückwärts und ließ sich in einen Sessel sinken.
Jetzt endlich wußte er, wer dieser Vrotesch war. Ein Mitglied des Ceynach-Suchkommandos!
Es gab keine andere Möglichkeit. Und das Ceynach-Suchkommando war Doynschto auf der Spur.
»Irgendwann«, fuhr Eboyschan fort, »wird ein Mann namens Vrotesch bei Ihnen auftauchen. Aber Vrotesch ist nicht sein richtiger Name, und er ist auch kein Yaanztroner.«
Sie sahen sich an, und in diesem Augenblick begriffen sie, daß sie sich gegenseitig brauchten. Die stumme Zwiesprache ihrer Augen bedeutete mehr als tausend Worte.
»Er ist schon da«, sagte Doynschto dumpf.
Eboyschan trat unwillkürlich einen Schritt zurück. »Hier?«
»Ja, hier in der Klinik. Er hat sich als Mitglied einer illegalen Organisation ausgegeben. Als er zum erstenmal auftauchte, ließ ich ihn durch das GOK verhaften. Es überraschte mich nicht, daß er wieder freigelassen wurde.«
Eboyschan ließ sich in einen Sessel sinken.
»Sie können sich nicht vorstellen, wer da auf Ihrer Spur ist«, sagte er zu Doynschto. »Sie haben keine Chance, ihm zu entkommen. Er wird die Wahrheit herausfinden, den Ceynach finden und töten. Sie wissen, was das für Sie bedeuten kann. Man wird Sie verurteilen und Ihnen die Lizenz entziehen.«
»Es gibt keinen Ausweg«, sagte Doynschto leise.
Wieder trafen sich ihre Blicke. »Doch«, sagte Eboyschan entschlossen. »Wir müssen ihn töten.«
Zum gleichen Zeitpunkt, als der Mord an ihm geplant wurde, stand der Jäger inmitten des kleinen Labors der Klinik und versuchte sich die Szene vorzustellen, wie sie sich vor einigen Tagen hier abgespielt haben mußte.
Zweifellos hatte sich das Ceynach-Gehirn nicht mehr in Tectos Bordinkörper befunden, als dieser von den Schüssen der Naupaum-Killer getroffen worden war. Doynschto hatte das Gehirn Danros in einen anderen Körper verpflanzt
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