Silberband 073 - Schach der Finsternis
zu. »Auch der Transport nach Derogwanien wird sicher nicht einfach sein.«
Gayt-Coor nickte bekümmert. »Ich dachte mir schon, daß es daran scheitert!« Seine Hand schoß plötzlich vor und bekam das Männchen am Hüftschal zu fassen. Er drehte blitzschnell einen Knoten in den Schal. Callibso japste nach Luft.
»Du bist ein verdammter Lügner!« fuhr Gayt-Coor den Kleinen an. »Entweder sagst du uns jetzt die Wahrheit, oder ich reiße dir jedes deiner Barthaare einzeln heraus.«
»Es sind dreitausendneunhundertundelf«, verkündete Callibso.
Gayt-Coor faßte ein silberfarbenes Haar und zupfte es heraus. Der Zwerg stieß einen markerschütternden Schrei aus und wand sich in Gayt-Coors Hand.
»Dreitausendneunhundertundzehn!« korrigierte Gayt-Coor freundlich. Er hob das Haar hoch und ließ es vom kaum spürbaren Wind davonwehen. »Aber ich will dir nachhelfen, bevor ich dein Kinn völlig entblöße. Was du da so schnell ausgeschaltet hast, war kein primitives Schattenversteck, sondern tatsächlich ein Zeitbrunnen. Auf deiner Welt – es mag sein, daß sie Derogwanien heißt – existiert ebenfalls so ein Ding, ein Überbleibsel einer untergegangenen Zivilisation. Es ist dir gelungen, die Funktionsweise der Zeitbrunnen zu erkennen. Jetzt nutzt du sie für deine Zwecke aus und trittst in Derogwanien bei deinem Volk als der mächtige alte Zauberer auf, der von allen verehrt und gefürchtet wird.«
Das Männchen schwieg, aber sein Schweigen war beredter als alle Worte.
»Wie kannst du so sicher sein?« fragte Zeno.
»Es sind logische Zusammenhänge«, antwortete Gayt-Coor. »Dieser Zwerg stammt von einer Welt irgendwo oder irgendwann in Catron. Deshalb verstand er auch unsere Sprache so schnell. Die Sprache der Pehrtus unterschied sich nicht vom Nauparo.« Er blickte über das Geröllfeld. »Ich frage mich nur, wie er den Eingang des Zeitbrunnens ab- und einschalten kann.«
»Was wirst du jetzt mit mir tun?« fragte Callibso sorgenvoll.
»Ich denke gerade darüber nach!« Gayt-Coor deutete zum Beiboot der ROTAP hinüber. »Was hältst du davon, wenn du uns begleitest?«
»Wenn ihr nach Derogwanien fliegt!«
»Wir fliegen ins Gromo-Moth-System, direkt vor die schußbereiten Energiekanonen einer alten Robotflotte der Pehrtus.«
Callibso hüstelte. »Darauf lege ich keinen besonderen Wert. Unter diesen Umständen ziehe ich es vor, nach Derogwanien zurückzukehren.«
Gayt-Coor sah abwechselnd Zeno und den Puppenspieler an. »Warum gehen wir nicht alle nach Derogwanien? Sicher würde es meinem Freund und mir ein großes Vergnügen machen, Callibso in seine Heimat zu begleiten.«
»Hör mal, Gayt!« wandte der Accalaurie bestürzt ein. »Ich halte das für zu gefährlich. Oben in den Bergen kämpft Heltamosch um sein Leben. Unsere Aufgabe ist, Perry Rhodan im Gromo-Moth-System zu erwarten und ihn zu informieren. Nur er kann Heltamosch retten.«
»Perry Rhodan kann noch nicht hiersein«, sagte Gayt-Coor wegwerfend. »Außerdem interessiere ich mich für dieses Wesen und seine Fähigkeiten.«
Callibso begann zu weinen. Dicke Tränen liefen ihm über das runzlige Gesicht.
»Du bist so groß!« jammerte er. »Dein Freund ebenfalls. In Derogwanien gibt es eine Sage von mächtigen Riesen. Sie geht noch auf die Zeit der Pehrtus zurück. Mein Volk würde vor Angst umkommen, wenn ich plötzlich mit zwei Riesen zurückkäme.«
»Aber das ist nicht das, was du fürchtest«, sagte Gayt-Coor bestimmt. »Du hast Angst, daß dein Einfluß schwinden könnte, wenn ich dich am Genick durch die Straßen eurer größten Stadt trage.«
»Hm!« machte Callibso kleinlaut.
»Er ist verschlagen, charakterlos und machtgierig«, sagte der Petraczer zu Zeno. »Das dürfen wir keine Sekunde vergessen, solange wir in Derogwanien sind.«
»Ich mache das nicht mit«, stieß Zeno hervor.
»Nun gut«, sagte Gayt-Coor trocken. »Warte hier am Rand des Brunnens, bis ich zurück bin. Es wird sicher nicht lange dauern. Wenn etwas passieren sollte, mußt du dir eben allein helfen.«
»Alles, was du über den Charakter des Zwerges gesagt hast, trifft auch auf dich zu!« sagte Zeno. »Allerdings noch in viel schlimmerem Maße.«
»Dann können wir wohl gehen«, meinte Gayt-Coor. Er wandte sich an Callibso. »Würdest du jetzt so gütig sein und den Zeitbrunnen wieder sichtbar werden lassen, oder muß ich erst wieder deine Barthaare dezimieren?«
Callibso hob seinen Zylinder und brachte ein merkwürdig geformtes Gerät zum Vorschein. Es
Weitere Kostenlose Bücher