Silberband 073 - Schach der Finsternis
wollte, lebte der andere bereits nicht mehr.
Einer der beiden Felszacken neben Heltamosch brach auseinander. Eine kleine Steinlawine kam auf ihn herab. Er sprang zur Seite. Ein Blick in die Tiefe zeigte ihm, daß die Androiden jetzt den Hang heraufgestürmt kamen.
Heltamosch hatte unter diesen Umständen keine andere Wahl, als sofort die Flucht zu ergreifen. Er nutzte dabei alle Deckungsmöglichkeiten aus.
Seine Blicke suchten die oberen Regionen ab. Irgendwo dort oben waren Tacgrosch und die anderen. Wahrscheinlich beobachteten sie, was ein paar hundert Meter unter ihnen geschah. Die Tatsache, daß der Raytscha ohne seinen Begleiter zurückkam, würde ihren Mut nicht steigern. Heltamosch hatte nicht einmal daran gedacht, Oftroycs Waffen mitzunehmen, aber zu einer Umkehr war es jetzt zu spät.
In einer Anwandlung ohnmächtigen Zorns zog er eine Mikrobombe aus dem Gürtel, drückte den Zünder und schleuderte sie über eine Felserhebung nach unten.
Ein paar Androiden wurden durch den Luftdruck der heftigen Explosion von den Beinen gerissen, aber sie standen sofort wieder auf – genau wie Heltamosch befürchtet hatte. Diese Kreaturen waren nicht so leicht zu töten.
Heltamoschs Zorn wich langsam ruhiger Überlegung. In einer Beziehung waren sie den Androiden überlegen: Sie besaßen einen höheren Intellekt. Ein einziges raytanisches Gehirn wog alle synthetischen Androidengehirne auf. Aber das, dachte der Raytscha düster, hatte Oftroyc auch nicht geholfen.
Er flog weiter nach oben. Die Treffer der Androiden schlugen jetzt tief unter ihm ein, ein sicheres Zeichen, daß man ihn noch im alten Versteck vermutete.
Heltamosch sah weiter oben einen Mann zwischen den Felsen auftauchen und winken. Dort waren Tacgrosch und die anderen.
Heltamosch flog zögernd weiter. Er überlegte, wie er ihnen Oftroycs Tod erklären sollte. Unbewußt fürchtete er, seine Männer könnten auf die Idee kommen, er hätte seinen Begleiter hilflos zurückgelassen. Doch als er im Versteck landete, stellte niemand eine Frage. Es wurde nicht über Oftroyc gesprochen; es war, als hätte er nie existiert. Heltamosch empfand dieses Schweigen noch schlimmer als jede Diskussion, aber er hatte unter diesen Umständen einfach nicht den Nerv, von sich aus mit diesem Thema anzufangen.
Er trat an den Rand des Abhangs und blickte hinab. Da kamen sie, zwei und zwei hintereinander. Die Unaufhaltsamkeit, mit der sie die Verfolgung betrieben, erschreckte Heltamosch mehr als alles andere.
Er sah zu den Männern zurück. »Wir bilden jetzt die erste Verteidigungslinie!« entschied er. Seine ausgestreckte Hand deutete auf den Boden, auf dem er stand. »Hier!«
19.
Gayt-Coor begann, um das schwarze Loch herumzuwandern, bis er einen langen Ast fand, der von einem der korkenzieherähnlichen Bäume abgebrochen war.
»Die Legende berichtet, daß es einmal ein Volk gegeben haben soll, das allen Völkern des Universums die Intelligenz gebracht hat«, berichtete er während seiner Wanderung. »Dieses Volk zog angeblich mit einem gewaltigen Sonnen- und Planetenschwarm durch das Universum.«
»Warum erzählst du mir das jetzt?« wollte Zeno wissen.
»Die führenden Wissenschaftler der Pehrtus haben einige hyperphysikalische Errungenschaften dieses geheimnisvollen Volkes übernommen«, fuhr der Petraczer fort. Er deutete auf den Zeitbrunnen. »Dieses Gebilde gehört dazu. Die Pehrtus konnten Säulen bauen, die keinen Schatten warfen, wenn Sonnenlicht darauf fiel. Überall im Universum gibt es Spuren jener geheimnisvollen, uralten Wesen. Ich glaube, daß sie immer noch da sind. Mitten unter uns. Sie beobachten uns, aber wir sind nicht in der Lage, sie zu erkennen.«
Zeno sah ihn verständnislos an. »Das hört sich alles sehr mystisch an!«
»Intelligentes Leben ist ein Mythos!« versetzte die Echse philosophisch. »Die Alten meines Volkes haben kühne Gedanken darüber entwickelt, doch ich will dich damit nicht belästigen, sondern dir etwas zeigen.«
Zeno stieß einen Warnruf aus, als Gayt-Coor an den Rand des Zeitbrunnens trat, doch der Petraczer ließ sich nicht beirren. Er schob den Stock in die schwarze Öffnung. Der Teil des Astes, der über den Rand ragte, wurde unsichtbar.
»Wo ist er?« fragte Zeno verblüfft.
»Wann ist er!« korrigierte Gayt-Coor. »Alles geschieht jetzt, in Nullzeit sozusagen, aber weil wir Sinne haben, glauben wir, ein Vergehen der Zeit feststellen zu können. Der unsichtbare Teil des Astes existiert ebenso jetzt wie der
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