Silberband 074 - Konzil der Sieben
abschnüren. Er duckte sich in der Dachkammer zusammen. Sein Herzschlag drohte auszusetzen. Calloberian gab ein wehklagendes Geräusch von sich.
Als Chinnel den Kopf hob, sah er den dunklen Himmel. Es war, als hätte jemand einen riesigen schwarzen Vorhang vor die Sterne gezogen.
»Die Sterne sind verschwunden!« stieß Chinnel entsetzt hervor. »Was hat das zu bedeuten?«
»Ich sehe es!« bestätigte Calloberian. »Es macht mir Gst!«
Er schwebte wieder ins Freie hinaus, um besser sehen zu können. Anton Chinnel kletterte ebenfalls hinaus. In den Häusern ringsum gingen jetzt die Lichter an. Auch Menschen, die bereits geschlafen hatten, schienen die Veränderung zu spüren und traten an die Fenster ihrer Wohnungen. Von der Straße klangen erschreckte Rufe an Chinnels Gehör. Die Gleiter des Nachtverkehrs verließen ihre Flugschneisen und steuerten den nächsten Landeplatz an.
»Alle sehen es!« sagte Chinnel. »Es ist keine Halluzination.«
»Ob es Wolken sd?« fragte Calloberian.
Chinnel deutete auf den deutlich sichtbaren Halbmond.
»Der Himmel ist völlig klar. Den Mond können wir weiterhin sehen. Die Barriere, die zwischen uns und den Sternen liegt, muß weiter draußen im Weltraum liegen. Vermutlich an der Grenze des Solsystems.« Er packte Calloberian an einem Beinchen. »Ich bin sicher, daß jeden Augenblick eine Sondersendung von Terra-Television kommen wird.«
Im Haus hörte er jetzt Sargia und Meckton nach ihm rufen. Sie waren ebenfalls aufgewacht und hatten Angst. Chinnel und der Xisrape verließen die Dachkammer. Sargia stand im Flur. Sie hatte Meckton auf den Armen. Der Junge verbarg sein Gesicht an der Schulter seiner Mutter und schluchzte. Vom Flur aus konnte Anton ins Wohnzimmer blicken. Das Fenster stand offen. Ein Ausschnitt des Himmels war sichtbar. Er war noch immer dunkel. Das Phänomen war also nicht vorübergehend.
»Aktuelle Nachrichten!« befahl Anton. Die auf die Stimmen der beiden älteren Familienmitglieder programmierte dreidimensionale Fernsehwand reagierte sofort und leuchtete auf. Anton sah das Symbol des Solaren Imperiums: eine menschliche und eine nichtmenschliche Hand vor dem Hintergrund der Milchstraße. Darunter stand in sieben verschiedenen Sprachen: SONDERMELDUNG.
»Wir werden sofort wissen, was los ist!« sagte Chinnel.
Er schaltete alle Lichter ein, aber die Helligkeit im Innern des Hauses vermochte seine Furcht nicht zu verjagen. Das Bild des dunklen Himmels ließ sich nicht aus dem Bewußtsein verdrängen.
»Ist es ein Energieschirm?« fragte Sargia.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Chinnel hilflos. Er sah seine Frau an. Sie war groß und schlank und ungewöhnlich breitschultrig für eine Frau. Ihre eigenen Haare hatte sie für einen biosynthetischen, zur Zeit in Mode gekommenen Bürstenhaarschnitt geopfert. Vor Sargia hatte Chinnel Eheverträge mit vier anderen Frauen geschlossen. Alle diese Ehen waren gescheitert. Einmal im Jahr traf Chinnel sich mit einer seiner vier ehemaligen Frauen, um die sexuellen Beziehungen zu ihnen nicht abbrechen zu lassen. Sargia erhob keine Einwände dagegen. Sie war ausgeglichen und beinahe kühl. Manchmal hatte Anton den Eindruck, daß er nur ein rechnerisches Kalkül in ihrem Leben war. Da Meckton noch zu jung war, um als Familienoberhaupt eingesetzt werden zu können, wechselten Sargia und Anton sich in dieser Aufgabe ab. Anton Chinnel hatte nie das Gefühl, daß er seine Aufgabe in den Griff bekam, wenn er an der Reihe war. Trotzdem war er zufrieden. Die Ehe schien zu halten. Sie war weitgehend spannungsfrei.
Die drei Menschen und der Xisrape versammelten sich vor der Fernsehwand. Auch in Imperium-Alpha schien man ratlos zu sein.
Calloberian sagte: »Ich werde nicht die Schule gehen können!«
»Unsinn!« widersprach Anton heftig. »In ein paar Stunden wird alles vorbei sein.«
»Darum geht es nicht«, widersprach Calloberian ruhig. Er schien ein anderer zu sein, seit sie das Dach verlassen hatten. Er kam Anton erwachsener und selbständiger vor. »Ich muß nach Imperium-Alpha und mit Perry Rhod sprechen.«
Anton starrte ihn an. »Calloberian, komm zu dir! Du weißt nicht, was du da redest! Niemand wird dich anhören – schon gar nicht, in der augenblicklichen Situation. Du bist ein junger Xisrape.«
»Ich glaube, daß ich wichtige Formationen besitze«, sagte Calloberian bestimmt. »Ich werde sie den Vertwortlichen bieten. Es wird ihnen liegen, ob sie sie nehmen.«
»Calloberian soll bei uns bleiben!« rief
Weitere Kostenlose Bücher