Silberband 075 - Die Laren
um zweiundzwanzig Uhr. Gegen zweiundzwanzig Uhr zwanzig öffnete sich das Eingangsschott des halbdunklen Raums von neuem, und Ling Temvaughn erschien. Zielbewußt schritt er auf dieselbe Konsole zu, die er auch in den beiden vergangenen Nächten schon benützt hatte. Purkher sah zu ihm auf und grüßte freundlich. Temvaughn dankte kurz und zerfahren wie ein Mann, der zu beschäftigt war, sich um die Banalitäten des guten Tones zu kümmern.
Er hatte etwa zehn Minuten lang an seiner Konsole gearbeitet, da erhob sich Lemmin Purkher wie vereinbart und trat zu ihm hinüber. Die beiden Männer hinter dem Speicherturm hörten deutlich, wie er fragte: »Noch viel Arbeit nebenher, Chef, wie? Zweiunddreißig Stunden pro Woche sind einfach nicht genug. Wenn der Job wirklich getan werden soll, muß man die Freizeit zu Hilfe nehmen. Ich kenn' das. Systemanalytikerlos. Kann ich Ihnen helfen?«
Ling Temvaughn drehte sich langsam um und sah zu Purkher auf. Er wirkte wie ein primitiver Automat, der von einem Motor in seinem Innern angetrieben wurde und nur langsame, vorsichtige Bewegungen ausführen konnte. »Nein, danke, ich komme allein zurecht«, antwortete er mit flacher, unpersönlicher Stimme. »Gehen Sie wieder an Ihren Posten zurück und versehen Sie Ihre Pflicht!«
Purkher tat gekränkt. »Wie Sie wollen. Sie könnten ruhig freundlicher reagieren, wenn man Ihnen Hilfe anbietet.«
Temvaughn hatte sich sofort wieder seiner Arbeit zugewendet. Man mußte bezweifeln, daß er Purkhers Äußerung überhaupt gehört hatte. Perry Rhodan ließ ihn weitere fünf Minuten gewähren. Dann stand er auf und trat hinter dem Speicherturm hervor. Kell Peppoing blieb an seiner Seite. Temvaughn schien die Schritte, die sich ihm von hinten näherten, erst im letzten Augenblick zu hören. Er fuhr herum und starrte die beiden Störenfriede verblüfft an. Rhodan hatte die Hand an der Waffe. Aber Temvaughn schien sich friedlich in sein Schicksal ergeben zu wollen. Als er den Großadministrator erkannte, stand er langsam auf. Seine Bewegungen waren linkisch und unbeholfen.
»Was tun Sie da, Temvaughn?« erkundigte sich Rhodan, ernst zwar, aber nicht unfreundlich.
»Ich … ich spioniere …!« würgte der Chefanalyst hervor.
Das offene Bekenntnis verschlug sogar Perry Rhodan für einen Augenblick die Sprache. »Sie spionieren?« wiederholte er erstaunt. »Für wen … und warum?«
Ling Temvaughn sah auf. Sein Blick bettelte um Verständnis. »Für meinen Auftraggeber, den Verkünder der Hetosonen!« stieß er hervor. »Und warum? Weil er mich in seiner Macht hat. Ich muß tun, was er von mir verlangt, sonst bin ich verloren.«
»Welche Macht hat er über Sie?« wollte Rhodan wissen.
Ling Temvaughns Augen wurden groß und starr. Er schien durch die Männer, die ihm gegenüberstanden, hindurchzusehen. Seine Lippen öffneten und schlossen sich, als wolle er Laute formen, die seine Stimmwerkzeuge nicht zu produzieren vermochten. Schließlich stammelte er: »Ich … ich weiß es nicht!«
Dann fiel er vornüber und stürzte bewußtlos zu Boden.
Im selben Augenblick schrillte die Alarmanlage. Über Interkom war eine harte, prägnante Stimme zu hören: »Unbekanntes Flugobjekt nähert sich aus der Gegend der Dunkelwolke!«
Perry Rhodan wandte sich hastig an Purkher und Peppoing. »Lassen Sie Temvaughn ins Bordlazarett bringen!« befahl er ihnen. »Ich verständige den diensthabenden Arzt.«
Mit drei, vier großen, schnellen Schritten hatte er den Raum verlassen.
9.
Als Perry Rhodan den Kommandostand erreichte, war man sich über die Charakteristiken des fremden Flugkörpers einigermaßen im klaren.
»Es handelt sich ohne Zweifel um ein larisches SVE-Raumschiff«, erklärte Mentro Kosum, der zu dieser Zeit Dienst als Pilot und Kommandant der MARCO POLO tat.
»Funkverbindung?« erkundigte sich Rhodan.
Der Emotionaut schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Wir selbst mucksen uns nicht, und der Fremde hat bisher noch keinen Pieps von sich gegeben.«
»Hm«, brummte Rhodan. »Es handelt sich um ein kleines Fahrzeug, sagen Sie?«
Mentro Kosum schien seine Sorgen genau zu kennen. »Um ein winziges Fahrzeug, Sir«, bestätigte er. »Und es kommt direkt aus den Staubmassen der Dunkelwolke. Es ist wenig wahrscheinlich, daß wir da einen von Hotrenor-Taaks Häschern vor uns haben.«
Perry Rhodan lächelte etwas amüsiert. »Gut bemerkt, Mentro«, sagte er anerkennend. »Wenn Sie Ihre telepathischen Gaben noch ein wenig weiterentwickelt haben,
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