Silberband 075 - Die Laren
suchte den Bildschirm ab. Der Fluggleiter war in der Weite des Hochtals verschwunden. »Ich glaube«, sagte er trocken, »wir überzeugen uns am besten selbst, ob die Schwarze Manta lächelt oder nicht.«
Aus der Nähe machte der Turm einen bedrohlichen Eindruck. Seine Mauern bestanden aus dem schwarzen Felsgestein der Berge. Fenster gab es erst ab zwanzig Metern Höhe über dem Boden, und selbst dann waren sie noch so klein, daß ein Mensch von normalem Körperumfang sich nur mit Mühe hätte hindurchzwängen können. Der Fluggleiter, mit dem Tastir und Testur die MARCO POLO verlassen hatten, stand zwischen der Bergwand und dem seltsamen Bauwerk geparkt. Von den beiden Vincranern war keine Spur zu sehen.
Perry Rhodan beabsichtigte nicht, viel Zeit mit nutzlosem Suchen zu verlieren. Er setzte das Fahrzeug, in dem er, Atlan, Roctin-Par und Ras Tschubai gekommen waren, am Fuße des Turmes ab. Der Afrikaner musterte das schwarze, türlose Gemäuer etwa eine halbe Minute lang. Dann entmaterialisierte er. Ein paar Minuten vergingen, da entstand in der Mauer ein schmaler Spalt, der sich rasch verbreiterte. Die Erbauer des Turmes hatten hier eine verborgene Tür angebracht. Von außen war sie nicht zu erkennen.
Durch die Öffnung ging es in einen Vorraum, der sein Licht aus einer grellen blauweißen Deckenleuchte erhielt. Die Energieversorgung schien auf dem von Gott und allen Menschen verlassenen Planeten der Schwarzen Manta also noch zu funktionieren. An der Außenwand des Vorraums war der Mechanismus angebracht, mit dem die geheime Tür bedient wurde. Dem Eingang gegenüber führte ein Torbogen in einen weiteren Raum, der weitaus größer und weniger grell erleuchtet zu sein schien als die kleine Kammer, in die der Haupteingang mündete. Perry Rhodan trat durch den Bogen und blieb im selben Augenblick überrascht stehen.
Der Raum, den er betreten hatte, füllte bei weitem den größeren Teil des Turminnern aus. Er war von ovalem Querschnitt, so wie der Turm selbst, und hatte eine Länge von fünfzehn Metern. Die Höhe betrug annähernd das Dreifache, machte also weit mehr als die Hälfte der Gesamthöhe des Turmes aus. Beherrscht wurde der Raum von einer riesigen Statue. Es war das Bildnis einer Frau von verwirrender Schönheit. Sie war durchaus humanoid, noch weitaus menschenähnlicher als Tastir und Testur, die beiden Vincraner. Ihre Gestalt entsprach dem terranischen Schönheitsideal. Wenn es für diese Statue ein Vorbild gegeben hatte, dann mußte dieses von nahezu blütenweißer Hautfarbe gewesen sein, die der Bildhauer mit entsprechend gefärbtem Gestein nachgebildet hatte. Die Augen waren groß und von grünlicher Färbung. Grünlich schimmerten auch die Augenlider, und vom Kopf herab wallte eine üppige, perfekt nachgebildete schwarze Haarpracht.
Das also, erkannte Perry Rhodan nicht ohne Ehrfurcht, war die Schwarze Manta, die Göttin der Erinnerung. Die Statue zeigte die Göttin in aufrechter Position. Sie war von solch imposanter Größe, daß die vier Eindringlinge bis hart an die Wand des Raumes zurückweichen mußten, um das Bildnis überhaupt in seinem ganzen Umfang überblicken zu können.
Das Gesicht der Schwarzen Manta spiegelte hoheitsvollen Ernst wider. Von der vollendet geformten Skulptur ging ein betörender Duft aus, der selbst den hintersten Winkel des großen Raumes durchdrang und die Sinne der Männer verwirrte. Lange Zeit starrte Perry Rhodan an der Statue hinauf, bis sich schließlich sein Staunen so weit legte, daß er wieder Worte fand.
»Sie lächelt nicht«, sagte er ernst. »Und ich frage mich, wie ihr steinernes Gesicht ein Lächeln jemals zuwege bringen soll.«
Seine lauten Worte, von den glatten Wänden widerhallend, brachen den Bann, der über der kleinen Gesellschaft lag. Es schien klar, daß Tastir und Testur hierhergekommen waren, um die Göttin um Rat zu fragen, und diese Halle betreten hatten. Wohin aber waren sie von hier aus gegangen? Der Gleiter stand noch draußen. Sie hatten den Tempel anscheinend also nicht verlassen. Aus dieser Halle gab es nur einen Weg: den durch die geheime Tür. Wo also waren die beiden Vincraner geblieben? Ras Tschubai und der Arkonide hatten, einer plötzlichen Eingebung folgend, begonnen, die Füße der Statue abzusuchen. Der Afrikaner schien der Ansicht zu sein, daß hier ein weiterer Ausgang verborgen sein müsse, denn er klopfte das Gestein, aus dem das Standbild gefertigt war, Quadratmeter um Quadratmeter ab. Er hielt schließlich inne
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