Silberband 077 - Im Mahlstrom der Sterne
kümmere mich selbst um den Kleinen. Goshmo-Khan, übernehmen Sie inzwischen.«
Auch einige der Wissenschaftler kehrten in ihre Abteilungen zurück, während Bull den Weg zur Kabine des Mausbibers einschlug. Wie erwartet fand er ihn in der Nebenkabine, in der die Mumie lag.
Bull schloss die Tür und setzte sich. Lange Zeit betrachtete er den Glovaaren, ehe er fragte: »Etwas Neues, Gucky?«
Der Mausbiber schien unsicher. »Eigentlich nicht. Während der paar Sekunden Linearflug habe ich wieder Gedankenimpulse empfangen können, eigentlich mehr Emotionsmuster. Sie stammten zweifellos vom Kleinen Kondor. Er ist nicht tot, Bully! Er lebt in einer Daseinsform, die uns unbekannt ist. Es wäre Mord, wenn wir ihn dem Weltraum überließen.«
»Was waren das für Emotionen? Kannst du sie definieren?«
Der Mausbiber schüttelte den Kopf. »Nein. Aber ich meine, es waren keine freudigen Gefühle, die er mir zu übermitteln versuchte. Angst war dabei – und Sorge. Und eine schreckliche Erinnerung.« Er zögerte. »Ja, und dann noch so etwas wie Zeitlosigkeit.«
»Zeitlosigkeit? Was meinst du damit?«
»Keine Ahnung, Bully. Gedanken an Ewigkeiten und Unendlichkeiten. Erinnerungen an etwas, das schon sehr lange her ist.«
Bull legte den Arm auf den Tisch und stützte seinen Kopf in die rechte Hand. Abermals betrachtete er den Glovaaren eingehend. Dann meinte er: »Der Körper hat sich nicht verändert, obwohl er nun der Luft ausgesetzt ist. Trotzdem müssen wir ihn von der Medizinischen Abteilung untersuchen lassen, wenn wir ihn noch behalten wollen. Es ist möglich, dass unbekannte Bakterien vorhanden sind, die nun zu neuem Leben erwachen. Wir müssen vorsichtig sein.«
»Aber wir beobachten ihn weiter?«, vergewisserte sich Gucky.
»Selbstverständlich, Kleiner. Ich bin genauso neugierig wie du, was dabei herauskommen wird. Mich macht nur stutzig, dass ein Toter denken kann, denn Emotionsmuster sind Gedanken, das kann niemand abstreiten. Selbst Goshmo-Khan nicht.«
»Hat er wieder protestiert? Ich hatte keine Zeit, auf eure Gedanken zu achten.«
»Er hat wenig Verständnis dafür, dass du Interesse an einer Mumie zeigst. Nimm es ihm nicht übel, er ist ein wenig pedantisch.«
»Er ist ein genialer Grobian«, behauptete Gucky.
»Sei nachsichtig, bitte. Du kennst die Situation?«
»Einigermaßen. Ich habe hin und wieder gelauscht.« Er zögerte einen Moment, dann setzte er hinzu: »Übrigens muss Fellmer geschlafen haben, oder hat er dir etwas von Gedankenimpulsen gesagt, die nicht von unseren Leuten stammen?«
Bully sah den Mausbiber forschend an. »Wie meinst du das – nicht von unseren Leuten?«
»Gedankenimpulse, die alle von außerhalb des Schiffs kommen müssen. Ich kann sie nicht identifizieren, aber sie sind manchmal da. Irgendjemand dort draußen denkt! Die Muster sind mit denen des Kleinen Kondors verwandt.«
»Du willst doch nicht damit andeuten …?«
»Warum denn nicht? Der Kleine Kondor wurde bei der Materialisierung der Erde in das Howalgonium gezogen, wahrscheinlich durch einen ungewollten Transmittereffekt. Also muss er sich in der Nähe aufgehalten haben, tot oder lebendig. Oder beides. Also scheint es nicht unmöglich zu sein, dass sich sein Volk in geringer Entfernung aufhält. Vielleicht auf einem der Planeten der Sonne, die wir angesteuert haben.«
Das war ein völlig neuer Aspekt, an den noch niemand gedacht hatte.
»Unsere Astronomen sind noch dabei, Daten zu sammeln. Wir wissen nicht einmal, ob der Stern Planeten hat. Wir haben keine Verbindung zur Erde, deren Position wir noch nicht bestimmen können. Wir kennen auch nicht den Teil des Universums, in dem wir uns befinden. Ist dir eigentlich bewusst, Gucky, dass wir uns in einer Situation wie dieser noch niemals befunden haben? Sie ist ausweglos, und das, was wir jetzt tun, ist sinnlos.«
Der Mausbiber warf seinem alten Freund einen forschenden Blick zu, dann schüttelte er entschieden den Kopf. »Du wirst doch nicht resignieren, Dicker? Das gibt es doch gar nicht! Ausweglos! Wie kannst du so etwas behaupten? Wir haben Kontakt – zu einem Volk, das in diesem Sektor des Universums zu Hause ist. Es benötigt Hilfe, das geht einwandfrei aus den Emotionsmustern hervor. Wir benötigen ebenfalls Hilfe. Damit sind alle Voraussetzungen zu einem Bündnis gegeben.«
Bull erhob sich. An der Tür blieb er noch einmal stehen. »Vielleicht hast du Recht, Gucky. Ich sollte manchmal etwas optimistischer sein. Jedenfalls werde ich eine
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