Silberband 080 - Menschheit am Scheideweg
Müdigkeit. Die Jagd auf den Greiko schien ihn strapaziert zu haben.
»Gehen Sie hinaus, Mannjock!«, sagte der Erste Hetran dumpf.
Mannjock sah ihn unschlüssig an. Der Befehl schien ihn zu überraschen. »Er ist gefährlich!«, wandte er mit einem Seitenblick auf Schulz ein. »Es ist besser, wenn wir ihn beide bewachen.«
Die Blicke des Ersten Hetrans schienen ihn durchbohren zu wollen. Unwillkürlich wich Mannjock vor dem Überschweren zurück.
»Gehen Sie!«, wiederholte Leticron. Der Tonfall seiner Stimme erlaubte Mannjock keine weiteren Einwände. Beinahe fluchtartig verließ der Berater die Zentrale der KENSINGTON.
Leticron löste sich vom Eingang und stampfte auf die Kontrollen zu. Der Überschwere schien unter dem Eindruck eines schwerwiegenden Ereignisses zu stehen. Schulz fragte sich, ob Leticron etwa Gewissensbisse wegen des Mordes an dem Greiko empfand. Er konnte es sich nicht vorstellen.
Vor den Kontrollen blieb der Erste Hetran stehen. »Sie haben geholfen, mich in diese Falle zu locken!«, sagte er.
Schulz starrte ihn an. Leticron wusste also alles! Wie hatte er es herausgefunden?
»Ich war von Anfang an gegen diesen Mord«, sagte Schulz leise. »Aber das bedeutet nicht, dass ich auf Ihrer Seite stehe. Sie haben ihn schließlich umgebracht.«
Aus unerfindlichen Gründen lachte der Hetran lautstark los. »Man hat Sie also auch betrogen!«, rief Leticron.
Der USO-Spezialist fragte sich verwirrt, was dieser Auftritt zu bedeuten hatte. Was wollte Leticron erreichen?
Schulz erhielt keine Gelegenheit, noch länger darüber nachzudenken, denn in diesem Augenblick hob Leticron seine Waffe und zielte auf den Kopf des Terraners. »Sie waren nur ein zusätzlicher Lockvogel für mich, Schulz! Deshalb durften Sie nicht die ganze Wahrheit wissen.«
Schulz' Selbsterhaltungstrieb erwachte. Tako!, riefen seine Gedanken. Tako, er wird mich erschießen!
Nur ruhig!, kamen die Impulse des Teleporters. Es wird nichts passieren!
Noch während ihn diese Gedanken erreichten, hatte Schulz das Gefühl, als würde er schwerelos. Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen. Das Letzte, was er wahrnahm, war der verblüffte Gesichtsausdruck Leticrons, dann schlug der Entzerrungsschmerz der Teleportation über ihm zusammen und löschte alle weiteren Empfindungen aus.
Sekundenlang war Leticron wie gelähmt. Länger als üblich hinderten ihn die Folgen dieses zweiten Schocks innerhalb kürzester Zeit daran, die Ereignisse richtig einzuschätzen. Er begriff schließlich, dass Schulz aus der Zentrale der KENSINGTON teleportiert war.
Nicht nur das – Schulz hatte die absolute Sicherheit erreicht. Leticron konnte nicht hoffen, diesen Mann noch einmal wiederzusehen. Er hätte wissen müssen, dass die Terraner den USO-Spezialisten nicht schutzlos zurückgelassen hatten. Die Tatsache, dass er eine Serie von Fehlern begangen hatte, belastete Leticron mehr als die eigentlichen Folgen, die sich nun abzeichneten. Er musste schnell wieder zu sich selbst finden, sonst konnte er den Laren nicht ruhig gegenübertreten.
Er setzte sich in Bewegung. Auf dem Hauptgang vor der Zentrale stieß er auf Mannjock, der dort Wache hielt. Auch ein paar Roboter der BELLTRAG hatten sich versammelt.
»Wir gehen!«, befahl Leticron. »Kroiterfahrn befindet sich im unteren Deck. Ich möchte, dass er an Bord der BELLTRAG gebracht wird, denn die Laren werden ihn sicher sehen wollen.«
Mannjock blieb wie angewurzelt stehen. Leticron konnte sehen, wie es hinter der Stirn des Mannes arbeitete. »Und Schulz?«, fragte der Berater schließlich.
»Tot!«, erwiderte Leticron knapp. »Haben Sie erwartet, dass ich ihn am Leben lassen würde?«
»Nein, nein!«, versicherte Mannjock und eilte hastig davon. Das Verhalten des Mannes gab Leticron einen Teil seines Selbstbewusstseins zurück. Es war nichts geschehen, was ihn in den Augen der Konzilsvölker oder seiner Söldner in einem anderen Licht erscheinen lassen würde. Im Gegenteil: Sowohl die Laren als auch Leticrons eigene Söldner mussten annehmen, dass der Erste Hetran einmal mehr einen großen Erfolg errungen hatte. Nur die Terraner, Leticrons Gegner, kannten die Wahrheit. Und sie mussten aus eigenem Interesse schweigen.
Irgendwo zwischen den Systemen Gandomar und Kreytmagon trieb eine Insel der Greikos durch den Raum. Auf ihrer Unterseite war die Insel zerrissen und aufgewühlt von kosmischen Stürmen, Sonnenwind und Meteoriteneinschlägen, aber auf ihrer Oberseite wölbte sich eine künstliche
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