Silberband 081 - Aphilie
Selbstgespräch und stand langsam auf, »dass wir alles vorbereiten sollten.«
Wirre Ideen und unbändiger Hass auf die Aphiliker zeichneten ihn aus. Er hatte nicht mehr den scharfen Verstand der frühen Jahre. Er konnte Wahn nicht mehr von Wirklichkeit unterscheiden, sonst hätte er einsehen müssen, dass ein Vorgang wie der Tod eines Regierungsbeauftragten nichts, aber auch gar nichts ändern würde. Er war partiell blind, und unter normalen Verhältnissen hätte er in psychiatrische Behandlung gehört. Aber bisher war es ihm gelungen, seine eigenen Ideen zu verwirklichen und die der Gemeinschaft Regeneration.
Skalter wusch sich die Spuren der letzten Stunden vom Körper. Als er wieder das verwahrloste Zimmer betrat, schien er ein anderer Mensch zu sein – vor sich selbst, vor seinem Empfinden.
Wo blieb Jermon Tascho? Er sollte die Flugzettel mitbringen, die er in seiner primitiven Druckerei hergestellt hatte.
Wie bei Skalter Mingus war auch das Leben von Jermon der fortwährenden Schizophrenie unterworfen. Sie schafften es, unerkannt unter den Kranken zu leben. Dieses höchste Maß an steter Tarnung hatte ihren Verstand geschädigt. Aber sie wussten, wofür sie kämpften – es war die Vision einer besseren Erde unter den warmen Strahlen von Medaillon.
Der Türmelder sprach an. Skalter wirbelte herum, seine Hand fuhr zur Waffe. Mit einem Satz war er an der Tür und erkannte auf dem Monitor die kleine Gestalt Jermon Taschos. Sein fordernder Blick ließ die Aufnahmeoptik durch die Eingangshalle schwenken. Außer Tascho und dem stationären Robotpförtner befand sich niemand in der Halle.
»Was wünschen Sie, Bruder?«, fragte Skalter. Es war das abgesprochene Losungswort.
»Ich interessiere mich für eine leer stehende Wohnung«, lautete die Antwort. Jermon hatte eine hohe, lispelnde Stimme.
»Kommen Sie herauf!«, sagte Skalter.
Jermon, ein kleiner, schmaler Mann mit einem wirren Schopf schwarzblauen Haares, aber großen und brennenden Augen, trug ein umfangreiches Paket unter dem Arm. Er ging auf den Lift zu und stand kurze Zeit später vor der offenen Wohnungstür. Er blieb stehen, flüsterte ›Rege‹ und ging weiter.
Das zweite vereinbarte Zeichen dafür, dass ihm niemand gefolgt war.
Skalter, der hinter einem Vorsprung des Korridors stand, senkte die Waffe und betrat hinter dem Kleinen die Wohnung. Die Tür fiel zu.
Tascho stellte das Paket auf dem schmutzigen Tisch ab und drehte sich um. Er lächelte in der glücklichen Gewissheit, durch seine Arbeit der Menschheit einen gewaltigen Dienst erwiesen zu haben.
»Alles ist fertig, Skalter«, versicherte er fast kreischend. Mingus, der sich seit Jahren mit der Gefahr abgefunden hatte, während einer Mission getötet zu werden, lächelte schmerzlich. Irgendwie tat ihm sein Gegenüber Leid.
»Ausgezeichnet«, sagte er leise. »Ich habe sowohl den Roboter als auch die vier Raketen schon vorbereitet. Sie müssen nur geladen werden.«
»Wir können losschlagen, Mingus«, sagte Tascho leidenschaftlich.
»Genau das tun wir heute Nachmittag«, versprach der große Mann mit den breiten Schultern. Er rückte sein Stirnband zurecht, riss die äußere Verpackung der Pakete auf, zog eines der doppelt handgroßen Papiere heraus, las den Text und grinste kalt.
»Genau so ist es richtig!«
»Und hier sind die Plakate, Mingus!«
Unter dem halblangen Mantel brachte Tascho eine Rolle mit hundert großen, dreidimensionalen Plakaten zum Vorschein. Er hatte nicht mehr gedruckt, denn spätestens nach dem achtzigsten Plakat würden die Polizisten den Roboter ohnehin zu Schrott geschossen haben, trotz des Schutzschirms, über den die Maschine verfügte.
Durstig schüttelte Tascho die halb leere Weindose und hob sie an die Lippen. »Ein guter Tropfen«, lobte er und trank die Dose leer. Skalter verzog angewidert das faltige Gesicht. Der Wein war, mit Essig gemischt, bestenfalls als Salatzutat zu verwenden.
Glückstrahlend verteilte Jermon Tascho die Pakete in die Taschen ihrer Mäntel und Jacken und kontrollierte danach seine Waffe. »Ich habe heute auch die Spione angebracht. Wir brauchen nur noch die Schirme einzuschalten und die Lautsprecher«, erklärte er.
»Gut. Ich wusste, als ich dich traf, dass wir ein ausgezeichnetes Gespann abgeben würden«, sagte Skalter.
Sie verließen die Wohnung. Obwohl sie beide wussten, dass sie dieses Versteck niemals wieder benutzen würden, wischten sie alle Stellen, die Fingerabdrücke speichern konnten, mit Lappen und
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