Silberband 081 - Aphilie
dessen Vater und damit Immuner identifiziert, von dem es auf der Flucht vor den Jägern getrennt worden war.
Die Erleichterung aller war bezeichnend für ihre Situation. Als die Paralysierten ihre Starre überwunden hatten, berichteten sie, dass es ihnen gelungen war, einen Stoßtrupp der Aphiliker zu überwältigen. Sie hatten deren Uniformen angezogen und es so geschafft, ihr Ziel doch noch zu erreichen.
Trotzdem war die Bilanz niederschmetternd. Von vierhundert von Carteys Kopf aufgebrochenen Männern und Frauen blieben dreißig auf der Strecke, fielen entweder im Kampf oder gerieten in Gefangenschaft. Bei den Immunen, die von den Sammelstellen auf Schleichpfaden eintrafen, war die Ausfallquote noch höher. Insgesamt waren bisher an die achtzig Opfer zu beklagen. Bei einigen Vermissten durfte man allerdings noch hoffen, dass sie auftauchten.
»Wir können die Stellung nicht mehr lange halten«, erklärte Roi Danton. »In spätestens zwei Tagen müssen wir zum Tal aufbrechen, denn in einer Woche muss der Transmittertransport abgeschlossen sein.«
»Die wenigsten werden es unter diesen ungünstigen Bedingungen schaffen, innerhalb der Frist im Tal zu sein«, meinte Ainra. »Viele wissen nicht einmal, wo das Tal liegt.«
»Daran habe ich natürlich gedacht«, erwiderte Roi Danton. »Deshalb will ich Lotsen ausschicken, die unsere Kameraden von den Sammelstellen ins Tal führen sollen. Ich brauche dazu fünfzig Freiwillige. Bevor sich dazu jedoch jemand meldet, muss ich sagen, dass diese Freiwilligen nicht nur die Positionsdaten des Tals bekommen, sondern auch einer Spezialbehandlung unterzogen werden. Sie erhalten unter dem Hypnoschuler den posthypnotischen Befehl, sich selbst zu töten, ehe sie die Lage des Tals verraten können. Wir dürfen kein Risiko eingehen. Wenn die Aphiliker den Transmitter entdecken, bevor wir uns abgestrahlt haben, bedeutet dies das Ende der OGN. Ich möchte jeden warnen, der glaubt, sich freiwillig für diese Aufgabe melden zu müssen. Es ist ein Todeskommando.«
Trotz Roi Dantons Warnung fanden sich über hundert Freiwillige. Er sonderte die Verwundeten und die Erschöpften ab, bis fünfzig Männer und Frauen übrig blieben, die allen Anforderungen der Aufgabe entsprachen.
Ainra war unter den Auserwählten. Sylvia Demmister und Sergio Percellar, die sich ebenfalls spontan gemeldet hatten, wurden von Roi Danton abgelehnt. »Das Buch der Liebe ist für uns zu wichtig«, erklärte er seinen Entschluss. »Außerdem kennt ihr euch in den Wäldern von Borneo nicht gut genug aus. Ihr begleitet mich in das Tal.«
Sylvias und Sergios Proteste hatten keinen Erfolg. Roi Danton blieb bei seinem Entschluss.
Die Indoterranerin wirkte trotz ihrer Schlankheit weder grazil noch zerbrechlich. Sie hatte den geschmeidigen Gang einer Raubkatze, ihre Bewegungen waren kraftvoll.
Eine kampferprobte Gefühlsmaschine!, durchfuhr es Andor Casaya.
Die junge Frau trug ein Tarngewand, einen Rückentornister mit Antigravprojektor und einen Kombistrahler. An ihrem Gürtel baumelten Miniaturbomben. Als sie die Lichtung betrat, wurde sie von den über zwanzig Männern und Frauen jubelnd begrüßt. Sie lächelte allen Bekannten zu und fiel Djak um den Hals. »Ich bin froh, dich wiederzusehen«, sagte sie zur Begrüßung.
Andor hielt sich im Hintergrund. Er erkannte, dass diese Frau, so jung sie noch war, ihm als Einzige gefährlich werden konnte. Sie war nicht nur eine Gefühlsmaschine, sondern besaß beinahe tierische Instinkte. Vor allem entdeckte sie ihn sofort. Ohne dass er irgendetwas Verräterisches getan hatte – er mimte den niedergeschlagenen, apathischen Vater und Ehemann, der Frau und Kind verloren hatte –, erregte er sofort ihre Aufmerksamkeit.
Sie löste sich von Djak und schritt langsam auf Andor zu. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, fragte sie die anderen wie beiläufig: »Seid ihr vollzählig? Oder erwartet ihr noch jemanden?«
»Vier von uns wurden von Patrouillen geschnappt«, sagte Djak. »Zwei sind überfällig. Wenn sie innerhalb der nächsten fünf Stunden nicht eintreffen …«
Die Indoterranerin winkte ab. »So lange können wie nicht warten. Wir hinterlassen eine Nachricht.«
Sie hatte Andor fast erreicht. Drei Schritte vor ihm blieb sie stehen und musterte ihn misstrauisch. »Ich bin Ainra«, sagte sie. »Und du? Du musst ein Neuer sein. Ich habe dich noch nie gesehen.«
»Ich heiße Andor Casaya«, antwortete der Null-A-Jäger. »Djak hat mir von dir erzählt, Ainra.«
Ihr
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