Silberband 086 - Inferno der Dimensionen
Positronik registrierte Trevor Casalle den Erfolg des Projekts Parkutta. Beide Phasen waren wie vorhergesehen abgelaufen. Für ihn bedeutete dies, dass er nun den zweiten Abschnitt seines umfassenden Plans in Angriff nehmen konnte. Auch dieser unterteilte sich in zwei Phasen: Vernichtung der OGN und Umpolung der Erinnerung der gesamten Menschheit.
Der Befehl zur Errichtung von Generatorenstationen für Suggestivfelder rings um die Erde war bereits gegeben. Die Arbeiten würden unverzüglich beginnen. Das war wichtig, denn nach der Beendigung des zweiten Planabschnitts musste der letzte und wichtigste Teil mit aller Kraft angegangen werden: Die Erde durfte nicht in den Schlund stürzen!
Trevor Casalles präzise arbeitender Verstand schaltete vom Allgemeinüberblick zurück auf das anliegende Detail. Zuerst ging es um die OGN. Die zweite Phase des Parkutta-Projekts hatte ihn in die Lage versetzt, diesen gefährlichsten aller Gegner ein für alle Mal kaltzustellen.
Als Heylin Kratt eintrat, kam Trevor Casalle sofort zur Sache. »Werden sie es durchschauen, Heylin?«, fragte er.
»Auf keinen Fall, Sir. Ich habe mir die Aufnahmen angesehen. Wer den Mann nicht für tot hält, der muss verrückt sein. Der Effekt wirkte wie vorhergesehen.«
»Haben Sie den Gefangenen bereit?«
»Er steht draußen, Sir!«
Ein Roboter brachte einen jungen, hochgewachsenen, hageren Mann herein, der Schwierigkeiten hatte, sich zu bewegen. Er stand unter partiellem Einfluss eines Nervengifts, das ihm nur einen Bruchteil des Gebrauchs seiner Muskeln beließ und ihn dadurch harmlos machte. Der Hagere erwiderte den durchbohrenden Blick des Lichts der Vernunft furchtlos und offen.
»Du nennst dich Sergio Percellar?«, fragte Trevor Casalle.
19.
Wellen des Schmerzes rasten durch seinen gequälten Körper, und die aufgepeitschte Fantasie gaukelte ihm Irreales vor, bis er nicht mehr wusste, wo die Wirklichkeit aufhörte und die Welt der Halluzinationen anfing. Mit letzter Kraft versuchte er, sich von den Qualen abzulenken, indem er sich auf die wenigen Dinge konzentrierte, deren er noch sicher war.
Name: Sergio Percellar.
Alter: …? Er war schon am Ende, wusste nicht einmal mehr, wie alt er war. Auch seinen Geburtsort hatte er vergessen.
Derzeitiger Aufenthalt: Imperium-Alpha. Nur das wusste er mit aller Klarheit, deren sein malträtierter Verstand noch fähig war. Bei einem Einsatz war er den Gegnern in die Hände gefallen und bewusstlos nach Terrania City gebracht worden. Seitdem versuchten sie, ihn zum Reden zu bringen. Tagelang hatte er ihnen widerstanden, aber allmählich versiegte seine Kraft.
Er starrte zu einem winzigen Stück grauer Decke hinauf. Drogen schränkten seinen Blickwinkel ein; er blickte wie durch ein dünnes Rohr hindurch. Mitunter, wenn der Schmerz unerträglich schien, wurde die Decke blutrot.
Wieder war es so. Er bäumte sich auf und schrie … »Macht Schluss! O Gott … nicht länger!«
Jäh verebbte der Schmerz. Dann dröhnte eine Stimme: »Wir hören damit auf, sobald du berichtest!«
Seine Antwort warteten sie erst gar nicht ab. Mit ungezügelter Wucht sprang ihn der feurige Schmerz von neuem an. Er sehnte sich nach der Ohnmacht und wusste doch, dass sie nicht kommen würde. Denn sie hatten ihn so mit Drogen voll gepumpt, dass er nicht mehr ohnmächtig werden konnte.
Dann, unerwartet, ein Bild: Sylvia! Sie stand vor einer kahlen grauen Wand. Er erkannte sie deutlich, und auch sie schien ihn zu sehen, denn sie lächelte ihm traurig zu. Sie war nackt. Im Vordergrund bewegten sich undeutlich Schatten, und plötzlich stach ein nadelfeiner, greller Lichtstrahl auf Sylvia zu. Sie schrie auf. Sergio sah, wie sie sich krümmte, und fühlte den Schmerz wie seinen eigenen.
Irgendwo in seinem Gehirn schien etwas zu explodieren. Er konnte den Schmerz nicht länger ertragen. »Ich will reden!«, keuchte er. »Ich sage alles …!«
In der Krankenstation von Porta Pato lag nur ein einziger Patient, ein schmächtiger Mann mit olivbrauner Hautfarbe und glänzend schwarzem, straff zurückgekämmtem Haar. Krank wirkte er eigentlich nur wegen der großen, traurigen Augen, mit denen er auch den Arzt musterte, der vor ihm stand. Auf dem Tisch neben dem Krankenbett stand ein kleines Mnemogerät, dessen Aufzeichnung gerade in einem Hologramm abgelaufen war.
»Du erinnerst dich daran, Ranjit?«, fragte der Mediziner sachlich.
Der kleine Mann mit den traurigen Augen nickte zögernd. »Ich erinnere mich«, antwortete er.
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