Silberband 086 - Inferno der Dimensionen
wie von außen. Trotzdem ging er zurück – und stellte entgeistert fest, dass sich die schweren Metallflügel nicht mehr bewegten. Zuerst lähmte ihn der Schreck, dann schrie er und trommelte mit beiden Fäusten gegen das kühle Metall. Aber das Schott öffnete sich nicht mehr. Panik erfasste Ranjit Singh, schließlich kauerte er sich jammernd neben dem Zugang auf den Boden.
Erst nach geraumer Zeit gelangte er zu der Erkenntnis, dass er verhungern und verdursten würde, wenn er nicht nach einem anderen Ausgang suchte.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Kuppelhalle gab es tatsächlich ein zweites Schott. Die Halle war so groß, dass Ranjit einige Minuten brauchte, um es zu erreichen. Er jubelte begeistert, als sich der Stahl vor ihm zur Seite schob. In weiten Sätzen stürmte er durch die Öffnung und eine breite, steile Rampe hinauf. Der Weg führte im Halbkreis nach rechts. Am Ende, schätzte Ranjit, befand er sich mindestens achtzig Meter über dem Hallenboden und etwa in gleicher Höhe mit dem Zenit der Kuppel. Die Rampe mündete auf einem Platz in Form eines gleichseitigen Dreiecks. An einer der Ecken setzte die Rampe an, an den beiden anderen mündeten breite Gänge.
Ranjit Singh überdachte seine Lage. Er hatte den andern vortäuschen wollen, er hätte sich verlaufen. Nun war das tatsächlich geschehen. Während er noch zaghaft überlegte, welchen der beiden Gänge er betreten sollte, erklang ein kratzendes Geräusch.
Er konnte nicht erkennen, woher es kam. Erst als unweit von ihm ein Stück Mauerwerk ausbrach und in eine Fontäne staubiger Trümmerstücke zerbarst, hob er den Blick. Was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Seit dem Fehlschlag in Parkutta war Reginald Bull mehr denn je der Überzeugung, dass Porta Pato als Versteck für die OGN bald ausgespielt haben würde. Der Gegner ahnte zweifellos schon lange, dass nur ein bislang unentdeckter unterseeischer Stützpunkt der Lemurer den Emotio-Narren die Möglichkeit geboten haben konnte, spurlos von der Bildfläche zu verschwinden. Irgendwann würden die Aphiliker einen der geheimen Zugänge finden und angreifen. Für diesen Fall hatte Reginald Bull in den Tagen und Nächten seit der Rückkehr von Parkutta vorgesorgt. Die Evakuierungspläne standen. Es sollte dem Gegner nicht gelingen, auch nur einen Immunen in ihre Gewalt zu bekommen.
Stundenlang hatte Bully mit dem Gedanken gespielt, das lemurische Arsenal gegen die Aphiliker einzusetzen. Was Porta Pato an Waffen barg, reichte aus, um den Planeten in eine glühende Gaswolke zu verwandeln. Er konnte auf die triebhafte Todesangst zählen, die charakteristisch für jeden Aphiliker war. Aber schon die Drohung mit dem Einsatz Planeten zerstörender Waffen barg das Risiko, dass es tatsächlich zu einem solchen Einsatz kam. Und das Risiko war einfach zu groß.
In der vergangenen Nacht, nach Festlegung des letzten Details für den Evakuierungsplan, hatte Reginald Bull zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ruhig geschlafen. Schon lange hatte er sich nicht mehr den Luxus eines ausgedehnten Frühstücks gegönnt, bei dem ihm noch dazu sein Leibwächter, der Roboter Breslauer, Gesellschaft leistete. Mitten in dieser Mußestunde wurde er von drei frühen Besuchern gestört: Oliveiro Santarem, Sulliman Cranoch und Sylvia Demmister.
Der Mediziner kam ohne Umschweife zur Sache. »Ich habe bei der Behandlung des Patienten Ranjit Singh eine Aufzeichnung seines Gedächtnisinhalts angefertigt. Sully hat diese Aufzeichnung analysiert und dabei eine atemberaubende Entdeckung gemacht. Außerdem haben wir die Aufzeichnung Sylvia vorgespielt, sie stimmt der Analyse zu.« Santarem machte eine bedeutungsvolle Pause, ehe er fortfuhr: »Wir glauben zu wissen, dass das Pseudogedächtnis, das den Menschen im Bezirk Parkutta aufgepfropft wurde, und das Buch der Liebe von ein und demselben Verfasser stammen.«
Reginald Bull hatte im Laufe seines langen Lebens gelernt, Überraschung zu verbergen. Das Buch war kurz nach der Überhandnahme der Aphilie von unbekannten Quellen verteilt worden. Es hatte die Geschichte der Menschheit bis hin zu Perry Rhodans Sturz berichtet. Der Text war in einem Rhythmus abgefasst, der eine intensive Wirkung auf den Leser ausübte und jeden Aphiliker für wenige Stunden aus dem Griff der Aphilie befreite. Für die Söhne der Vernunft hatte das Buch eine ernsthafte Bedrohung dargestellt. Unter Einsatz aller Mittel hatten sie es fertig gebracht, die Verbreitung des Buches zu
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