Silberband 086 - Inferno der Dimensionen
Abgesandten des Teufels hält?«, fragte Bull spöttisch.
»Ich verstehe nicht …«
»Tut auch wenig zur Sache. Also, noch einmal: Was wollen Sie?«
»Es geht um die Erde«, erklärte Casalle. »Nach gegenwärtiger Erkenntnis scheint es unmöglich, ihren Sturz in den Schlund zu verhindern. Wir müssen davon ausgehen, dass alles Leben ausgelöscht wird. Die Regierung bemüht sich, die Menschheit zu retten. Sie bedarf dabei der Mitarbeit jener, die gelernt haben, dass der Besitz der reinen Vernunft nicht an der konstruktiven Zusammenarbeit mit anderen hindert. Notfalls sind auch alle die zur Mitarbeit aufgefordert, die zwar nicht im Besitz der reinen Vernunft, jedoch zur Teamarbeit befähigt sind.«
Reginald Bull wirkte verkniffen. »Wenn ich Ihre gestochene Diktion in gemeines Terranisch übersetze, dann heißt das, Sie haben einen Plan. Dessen Durchführung erfordert die gemeinsame Arbeit vieler Menschen. Ihre Aphiliker sind jedoch so in das Nur-an-sich-selbst-Denken verrannt, dass sie mit anderen nicht fruchtbar zusammenarbeiten können. Also kommen Sie zu uns, in erster Linie zu den Leuten der Logik des Glaubens, denen Ironside das friedliche Miteinander beigebracht hat. Und in zweiter Linie zu solch armen Narren wie Ironside und mir selbst, die die Gnade der reinen Logik niemals erfahren haben, dafür aber umso besser in der Gruppe arbeiten können.«
»Formulieren Sie den Sachverhalt, wie es Ihnen beliebt«, antwortete Casalle steif. »An der Lage ändert sich dadurch nichts.«
»Was für einen Plan haben Sie ausgekocht?«
»Den Bau einer Evakuierungsflotte.«
Reginald Bull, der seine Muskeln längst wieder in der Gewalt hatte, sprang auf. Er vergaß, dass er nach wie vor an den Stuhl gefesselt war, und riss den Stuhl mit sich in die Höhe. »Sie wollen die Menschen evakuieren …?«
»Ja.«
»Sie? Ausgerechnet Sie? Nachdem Sie Enkher Hodj heimtückisch ausgeschaltet haben, weil er dafür plädierte, die Menschheit durch Evakuierung zu retten?«
»Damals bestand plausible Aussicht, den Sturz der Erde in den Schlund zu verhindern«, antwortete Casalle ruhig, ohne sich von Bulls Zornesausbruch beeindrucken zu lassen. »Diese Aussicht gibt es heute nicht mehr. Also muss die Möglichkeit einer Evakuierung erneut ins Auge gefasst werden.«
Casalles unnatürliche Ruhe nahm Bully den Wind aus den Segeln. Er setzte den Stuhl knallend wieder auf den Boden. »Das müssen Sie mir in Einzelheiten auseinander setzen«, knurrte er.
Trevor Casalle ließ sich freiwillig in Verwahrung nehmen. Allerdings mussten Reginald Bull und Vater Ironside ihm versprechen, dass sie ihn, unabhängig vom Ausgang der Besprechungen, in spätestens drei Tagen unbeschadet entlassen würden.
»Ich denke, Sie halten nichts von Versprechen?«, wandte Bull ein.
»Ich nicht … aber Sie!« Casalle stellte damit erneut unter Beweis, wie fachmännisch er es verstanden hatte, die von seiner Warte aus unverständlichen Charakterzüge der Immunen zum Bestandteil seines Kalküls zu machen.
Es war gegen fünf Uhr morgens, als Ironside und Bull, nachdem sie für die sichere Verwahrung ihres Gastes Sorge getragen hatten, über Trevor Casalles Vorhaben diskutierten.
»Halten Sie ihn für aufrichtig?«, fragte Bull.
»Nein«, antwortete der Mönch mit Nachdruck. »Der Gesandte des Satans ist niemals aufrichtig. Allerdings bin ich überzeugt, dass er es im Augenblick ernst meint. Er will die Evakuierungsflotte bauen und braucht dazu unsere Hilfe. Die Frage ist, was danach kommt.«
»Etwas stört mich an seiner Überlegung«, bemerkte Reginald Bull nachdenklich. »Er fiel damals Enkher Hodj in den Rücken, weil er fürchtete, dass die Aphilie verschwinden werde, sobald die Menschheit sich auf einer anderen Welt ansiedelt. Wie denkt er heute darüber?«
»Er wird es Ihnen sagen«, behauptete Ironside. »Der Mensch ist intelligent genug, um zu wissen, dass genau diese Frage auf ihn zukommt. Aber etwas anderes: Sie sind der technische Experte. Halten Sie Casalles Vorhaben für durchführbar?«
»Das hängt davon ab, wie viel Zeit uns noch bleibt.«
»Bald werden wir genauere Daten haben«, sagte Ironside. »Aber halten Sie eine solche Zusammenarbeit überhaupt für sinnvoll?«
»Ich glaube, ja. – Nicht, weil dadurch mehr Menschen gerettet würden, sondern weil ihnen vor Augen geführt wird, dass jeder etwas für ihre Rettung tut. Fangen wir erst an, Evakuierungsschiffe zu bauen, dann halte ich es für möglich, dass wieder Ruhe
Weitere Kostenlose Bücher