Silberband 086 - Inferno der Dimensionen
auf. Es wurde alles andere als eine sanfte Landung. Die Steuermechanismen mussten beschädigt sein. Reginald Bull schaltete das Triebwerk ab, lehnte sich aufatmend in seinen Sitz zurück und starrte auf seine zitternden Hände.
Am Ende des Tags hatte die Werft mehr als zweihundert Mann ihrer dreitausendköpfigen Belegschaft für immer verloren, weitere vierhundert lagen verletzt in mehreren Hospitälern. Die Produktion war stillgelegt, das Werftgelände glich einer Kraterlandschaft. Die Katastrophe wäre noch entsetzlicher geworden, wenn Vater Ironside, der sich um diese Zeit im unterirdischen Kontrollzentrum befand, nicht sofort alle Verarbeitungsprozesse lahm gelegt hätte.
Dass Reginald Bull und Sylvia Demmister dem stürzenden Glutball aus flüssigem Terkonit lebend entkommen waren, erschien wie ein Wunder. Die Schmelzmasse hatte dank Sylvias Aufmerksamkeit und Bulls blitzschneller Reaktion das Fahrzeug nur gestreift. Immerhin war die Steuerung lahm gelegt, das Triebwerk beschädigt worden. Von den etwa vierzig Personen, die Bully mit dem Gleiter vor sich hergetrieben hatte, waren einunddreißig unverletzt geblieben. Diejenigen, die der plötzliche Ruck des Fahrzeugs aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, lagen unter erstarrtem Terkonit begraben. Zwei weitere Männer waren schwer verletzt.
Es bedeutete für Reginald Bull keinen Trost, dass die Werft Tafeng nicht die einzige war, in der sich an diesem Tag ein Unglück ereignete. Atacama im westlichen Südamerika hatte eine ähnliche Katastrophe erlebt. Auch dort hatten die Leute unvermittelt ihre Arbeitsplätze verlassen und sich in Gruppen auf dem Werksgelände aufgestellt. Ein Fusionsmeiler war explodiert, glücklicherweise nur in einer thermalen Explosion. Wäre das Wasserstoffplasma in den unkontrollierten Fusionsprozess getreten, hätte es den gesamten Küstenstrich nicht mehr gegeben. Aber auch so waren in Atacama über dreihundert Tote zu beklagen.
Zwei Werften waren ausgefallen, den Arbeitern in den verbliebenen achtzig saß von diesem rabenschwarzen Tag an die Angst im Nacken. Es war durchgesickert, dass sich auch an anderen Orten die Menschen mehrere Stunden lang überaus merkwürdig benommen hatten. Wie in Tafeng und Atacama hatten sie alles stehen und liegen lassen. Verzückungsstarre nannte Oliveiro Santarem ihr Verhalten. Die Verzückten zeigten dieselben Symptome wie vor Wochen Joupje Termaar und Artur Prax. Vorläufig war dennoch nicht zu erfahren, woher ihr eigenartiger Zustand rührte. Das hing damit zusammen, dass die Regierung über diese Vorfälle – auch über die Werftkatastrophen – nichts an die Öffentlichkeit gelangen ließ. Das unaphilische Verhalten der Verzückten war Grund genug, das Geschehen der Öffentlichkeit zu verschweigen. Als Leiter der LdG -Delegation wandte sich in Terrania City Sulliman Cranoch mit der Bitte um Aufklärung an die Vertreter der Regierung. Er wurde mit der Ausflucht abgewiesen, die Angelegenheit müsse erst gründlich untersucht werden.
Reginald Bull und Vater Ironside gaben sich damit nicht zufrieden. Ironside setzte den umfangreichen Spürapparat seiner Organisation in Bewegung, und auch Bull alarmierte die verstreuten Reste der OGN. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten.
Gegen Mittag des nächsten Tags saß Reginald Bull in seiner Baracke und studierte einige Ausdrucke, auf denen das Schadenausmaß in Zahlen festgehalten war. Da öffnete sich die Tür, und ein Mann trat ein, den Bull lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte: Leven Strout, früher OGN-Spion in Imperium-Alpha, seit dem Fall von Porta Pato in einem Versteck in Terrania City lebend.
»Schön, dass man sich wieder frei bewegen kann«, sagte Strout. »Noch vor einem Monat hätte ich für diese Strecke mindestens drei Tage gebraucht.«
»Sie bringen Neuigkeiten?«, vermutete Bull.
Strout zog sich mit dem Fuß einen Stuhl heran und setzte sich. »Ich habe Ihren Aufruf gehört. Es ist allerdings nicht mein Verdienst, dass ich Ihre Neugierde teilweise befriedigen kann. Es war weiter nichts als ein Zufall, dass ich mich gerade in der Nähe aufhielt.«
»In der Nähe wovon?«, drängte Reginald Bull ungeduldig.
»Sombrero Station, einer der größten Rohrbahnhöfe von Terrania City. Plötzlich erschienen Ka-zwos in allen Zugängen und riegelten die Fahrgasthalle ab. Die Leute gerieten in Panik, aber die Roboter trieben sie unerbittlich in Gruppen zu zehn oder zwanzig zusammen. Die Menschen beruhigten sich erst, als sie merkten,
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