Silberband 089 - Sie suchen Menschen
öffnete sie. Sechs junge Frauen redeten heftig auf seine Assistentin ein. Der Gynäkologe, der eben noch geschimpft hatte, wurde unvermittelt freundlich.
»Ich bitte Sie«, sagte er sanft. »Es gibt doch keinen Grund für einen derartigen Tumult.«
Die Frauen verstummten und blickten ihn Hilfe suchend an. »Miriam«, sagte er zu einer von ihnen. »Was ist vorgefallen?«
Sie errötete und zuckte unsicher mit den Schultern.
»Wollen Sie es mir nicht sagen?« Seine Stimme wirkte nicht nur beruhigend auf sie, sondern auch auf die anderen.
»Ich möchte in die Klinik«, erklärte Miriam.
Der Gynäkologe lächelte. »Ich bitte Sie, Miriam. Sie haben noch über vier Wochen Zeit. Oder gibt es irgendwelche anderen Anzeichen?«
Der Frau stiegen die Tränen in die Augen. Stumm schüttelte sie den Kopf.
»Nicht? Dann nennen Sie mir bitte den Grund für Ihre Eile. Selbstverständlich werde ich Sie in die Entbindungsklinik aufnehmen, wenn es Sie beruhigt, aber ich bin absolut sicher, dass eine solche Maßnahme völlig unnötig ist.«
Er blickte eine der Frauen nach der anderen an. Seltsam, dachte er. Sie befinden sich alle in der gleichen Situation. Sie haben alle noch mindestens vier Wochen Zeit.
»Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist«, sagte Miriam. »Mit einem Mal hielt ich es nicht mehr in meiner Kabine aus. Ich musste einfach zu Ihnen kommen, Doktor, verstehen Sie? Als ob es mir eine innere Stimme befohlen hätte.«
Die anderen Frauen nickten beipflichtend.
Dr. Merveur schluckte. Er spürte, dass etwas gar nicht in Ordnung war. Bestand womöglich ein Zusammenhang mit den anderen Geschehnissen? Ausschließen konnte er das keineswegs.
»Also gut«, sagte er beruhigend. »Ich nehme Sie alle zur Beobachtung in die Klinik auf. Einverstanden?«
Miriam strahlte ihn an. »Ich wusste, dass Sie Verständnis für mich haben würden, Doktor«, erwiderte sie in einem Ton, der Dr. Merveur fast zu freundlich klang.
In dem Moment glitt das Eingangsschott auf, und Dobrak, der Rechenmeister, schob sich langsam herein. Sein plumper Körper passte kaum durch die Öffnung, und er riss einen Instrumententisch am Eingang um. Bei dem Versuch, noch etwas zu retten, fuhr er mit seinen Tentakeln zwischen die aufgestellten Instrumente, schleuderte sie jedoch nur zur Seite, sodass sie an der Wand zerbrachen. Glassplitter wirbelten durch den Empfangsraum.
Dobrak, der auf allen vieren hereingekommen war, richtete sich danach mühsam auf. Er streckte die Arme aus und wedelte vor Dr. Merveur mit den Greiflappen herum. Seine sonst lederartige, schlaff aussehende Haut schien sich strammer als sonst über dem Körper zu spannen.
»Was kann ich für Sie tun, Dobrak?«, fragte Merveur so ruhig wie immer, wenn er sich Patienten oder vermeintlichen Patienten gegenübersah.
»Bitte?«, röhrte der Kelosker. »Wovon sprechen Sie?«
»Ich wusste nicht, dass Sie weiblichen Geschlechts sind, Dobrak«, sagte der Frauenarzt. »Bisher hielt ich Sie für ein maskulines Geschöpf.«
»Ich verstehe Sie nicht!«, rief Dobrak. »Was wollen Sie von mir?«
»Sie kommen in meine gynäkologische Klinik und fragen mich, was ich von Ihnen will?«
»Klinik?«, schnaubte der Kelosker. »Sie fragen mich, ob ich weiblichen oder männlichen Geschlechts bin? Eine derartige Frechheit hat sich noch niemand erlaubt. Verlassen Sie sofort den Raum!«
»Das sind meine Räume, Dobrak. Sollten Sie sich in der Tür geirrt haben? Wohin wollen Sie?«
»Zu SENECA selbstverständlich. Gehen Sie mir aus dem Weg!«
Dr. Merveur ließ sich stöhnend in den nächsten Sessel sinken. »Zu SENECA«, wiederholte er und aktivierte gleichzeitig den Interkom. »Sie haben sich gründlich verirrt, Dobrak.«
Er hatte seinen Satz noch nicht beendet, als Fellmer Lloyd eintrat.
Der Kelosker fuhr sich mit den Greiflappen über die Augen. Er drehte sich um und blickte den Mutanten an. »Wie komme ich hierher?«, fragte er bebend.
»Dobrak war völlig außer sich«, berichtete Fellmer Lloyd. »Er schwor mir, dass er sich in seinem ganzen Leben noch nicht verirrt hat.«
Rhodan war bestürzt. Er saß am Konferenztisch in der Hauptzentrale und wurde von einem Gefühl einer gewissen Hilflosigkeit beherrscht.
»Wir müssen irgendwie dieses Etwas da draußen beruhigen«, sagte er endlich. »Hast du versucht, Kontakt mit ihm aufzunehmen?«
»Allein ebenso wie gemeinsam mit anderen Mutanten«, antwortete Lloyd. »Leider vergeblich.« Er blickte auf den Hauptschirm und stellte fest, dass die
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