Silberband 090 - Gegner im Dunkel
Ungeborene lernte die Bedeutung von Ehre, Güte und Liebe kennen. Und es fing an, ein nach diesen Maßstäben geformtes Bewusstsein zu entwickeln.
Ehrlichkeit.
Gerechtigkeit.
Selbstaufopferung.
Das waren die nächsten Stufen zur Erlangung der Weisheit.
Das Kind im Leib der Sh’majino verstand. Es nahm die telepathisch vermittelten Lehren auf und verarbeitete sie. Es entwickelte eine Persönlichkeit.
Da brach der Grauvater aus der Sphäre der 20.000 Väter aus, stürzte sich auf den im Werden begriffenen Geist und impfte ihm sein Gift ein. Er stellte der Güte Grausamkeit entgegen. Liebe konfrontierte er mit Hass. Gerechtigkeit verdrängte er durch Intoleranz.
Lüge ist stärker als Ehrlichkeit.
Egoismus statt Selbstzerfleischung.
Das war des Grauvaters Weisheit letzter Schluss.
Und in der Gewissheit, das Neugeborene völlig verwirrt und das sorgsam von den Vätern aufgebaute Bewusstsein gestört zu haben, zog er sich wieder in die Anonymität zurück.
Er hatte mit einem Schlag zerstört, was die 20.000 Väter unter großer Geduld und in klein dosierten Impulsen erschaffen hatten.
Das Entsetzen unter den Vätern war groß. Doch wie sehr sie sich auch bemühten, den Fremdkörper innerhalb ihres Mentalblocks ausfindig zu machen, sie bekamen ihn nicht zu fassen. Seine Tarnung war perfekt.
Der Grauvater wartete geduldig auf seinen nächsten Einsatz.
Bericht Mausbiber Gucky
»Harrerath hält uns nun schon zwei Tage hin«, sagte Perry ärgerlich. »Warum empfängt er uns nicht und äußert sich zu unserem Angebot?«
»Der Regent der 20.000 Väter wird Ihnen die Audienz gewähren, sobald es ihm seine Zeit erlaubt«, versicherte Konemoth. »Bis dahin können Sie die Zeit nutzen, um das feyerdalische Volk und seine Zivilisation kennen zu lernen. Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung. Ich zeige Ihnen alles, was Sie sehen wollen.«
»Danke«, sagte Perry frostig.
»Ihnen bietet sich sogar die einmalige Gelegenheit, DAS WORT kennen zu lernen«, ereiferte sich Konemoth. »Dieses einmalige Erlebnis sollten Sie sich nicht entgehen lassen. Sie werden im Universum nichts Gleichwertiges finden. Wenn Sie DAS WORT gehört haben, werden Sie die Poesie des Universums verstehen und Einblick in die Philosophie der Schöpfung gewinnen.«
»Das ist doch nur ein Ablenkungsmanöver!«, rief Perry ärgerlich.
Ich streckte meine telepathischen Fühler nach dem Zeremonienmeister aus und berichtete Perry anschließend. »Konemoth versucht keineswegs, uns hinzuhalten, er ist ehrlich bemüht, uns den Aufenthalt auf Kursobilth möglichst angenehm zu machen. Er ist selbst ratlos und weiß nicht, warum Harrerath nicht auf unser Angebot reagiert. Er vermutet nur, dass es sich um diplomatische Winkelzüge verschiedener Interessengruppen handelt. Und was er über DAS WORT gesagt hat, meint er wirklich so. Diese Supershow ist die Sensation in Dh’morvon.«
»Was ist darunter wirklich zu verstehen?«, fragte Perry missmutig.
»Konemoths Gedanken sind diesbezüglich nicht gerade konkret«, antwortete ich. »Aber soviel ich herausgehört habe, handelt es sich um eine Sieben-Mann-Show. Diese sieben feyerdalischen Superbarden rezitieren in einer mythischen Sprache, deren Worte jedem unverständlich bleiben, deren Sinn sich jedoch auf übernatürliche Weise offenbart. Es handelt sich um verlockende Prophezeiungen … Doch welchen Eindruck das wirklich auf Konemoth gemacht hat, kann ich selbst nicht ausdrücken. Wir müssten DAS WORT hören.«
»Das wäre Zeitverschwendung«, wehrte Perry ab. Er wandte sich wieder Konemoth zu. Aber bevor er etwas sagen konnte, stürzte ein Offizier herbei.
»Überfall!«, rief er. »Aus Richtung der Stadt nähern sich Hunderte Gleiter dem Raumhafen in Kampfformation.«
»Typisch Militär«, sagte ich abfällig. »Nun mach dir nicht gleich in die Hosen.«
»Ist das Harreraths Antwort auf unser Angebot?«, herrschte Atlan den Zeremonienmeister an. »Will er uns gefangen nehmen?«
»Das ist unmöglich«, versicherte Konemoth. »Ich kann mir nicht erklären, was das bedeutet.«
Die Offiziere hatten ihre Waffen gezogen und stellten sich schützend vor Perry und Atlan. Die Feyerdaler schnatterten aufgeregt durcheinander und rannten kopflos durch das Demonstrationszelt. Sie waren völlig konfus.
Das Verhalten der Feyerdaler zeigte deutlich, dass es sich nicht um eine vorbereitete Aktion handelte. Sie waren ebenso überrascht wie wir.
Das heißt, meine Überraschung dauerte nur kurz. Denn ich streckte meine
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