Silberband 091 - Die Terra-Parouille
Ich fragte mich, was wirklich aus Terra geworden sein mochte.
»Haben Sie die Insel gesehen?«, wandte ich mich an meine Begleiter. »Sie ähnelt den Atollen auf der Erde.«
»Ah!«, machte Asuah Gemroth einsilbig. Er versuchte gar nicht erst, einen Blick in die Tiefe zu erhaschen.
»Warum sind Sie nur so stur?«, fragte ich. »Ohne die Erde würde es weder die SOL noch uns geben. Wir alle sind Kinder dieses einen Planeten.«
Sagullia Et schüttelte nachsichtig den Kopf. »Alle Lebewesen sind Kinder des Weltalls«, belehrte er mich. »Ohne das All würde es weder Planeten noch organische Materie geben, denn das All hat die Planeten geboren und war der Ursprung der Evolution. Niemals hätte sich auf den Planeten Leben entwickelt, wären die vielfältigen Einflüsse von außen nicht gewesen. Wir sind eindeutig Kinder des Weltalls – und deshalb gehören wir dorthin und nicht auf einen Materieklumpen, der doch nur als Zeugungsstätte diente.«
»Du verletzt seine Gefühle, Sagullia«, sagte Goor Toschilla.
Et sah mich betroffen an. »Das wollte ich nicht, wirklich nicht, Sir«, erklärte er.
»Vielleicht schadet es mir gar nichts, wenn ich meine Gefühle ein wenig abhärte.« Ich lächelte schmerzlich. »Aber das ›Sir‹ ist ein Relikt aus vergangener Zeit, also lassen wir das. Natürlich weiß ich, dass ohne einen Kräfteaustausch alle Planeten steril geblieben wären, Sagullia. Aber die Menschheit hat sich auf der Erde durch Höhen und Tiefen hindurch erst zum kosmischen Menschen entwickelt. Milliarden und Abermilliarden Menschen sind auf dem Blauen Planeten geboren worden, haben gelacht und geweint, geliebt und gehasst, haben gelitten und Wonnen gekostet, sind gestorben und vergangen und wieder und wieder in den Zyklus des Lebens einbezogen worden. Das ist etwas so Einmaliges, dass ich mir keine neue Blütezeit der Menschheit vorstellen könnte ohne eine innige Bindung an die Erde – so, wie eine Blume zwar noch blühen, aber keine Frucht mehr bilden kann, wenn man sie ausreißt.«
Amja Luciano starrte mich aus geweiteten Augen an. In ihrem Gesicht zuckte es, als würde sie im nächsten Moment in Tränen ausbrechen.
»Auf der SOL werden auch Menschen geboren und sterben«, sagte Cesynthra Wardon vorwurfsvoll. »Dort wird auch gelebt und wird alles immer wieder in den Kreislauf einbezogen. Ich respektiere Ihre sentimentale Bindung an den Planeten, denn Sie wurden dort geboren, aber unsere Welt ist eben die SOL. Bitte respektieren Sie das endlich.«
Ich schluckte trocken.
In dem Moment erwachte der Feinsprecher Ruurdoc, der bislang durch eisiges Schweigen geglänzt hatte, aus seiner Erstarrung. Er deutete mit ausgestrecktem Arm nach vorn und sagte ehrfurchtsvoll: »Yuurmischkohn!«
Schräg unter uns ragte eine Insel aus dem Ozean. Im ersten Moment war ich überrascht über ihre geringe Größe, dann erst bemerkte ich, dass wir nur die höchsten Erhebungen der Insel sahen. Alles andere lag unter einem Wolken- und Nebelschleier.
»Trübe!«, kommentierte Garo Mullin. Er zog seine ZenZahn-Orgel aus der Tasche, das silberfarbene Musikinstrument von doppelter Eigröße, und strich mit den Fingerspitzen darüber. Eine wehmütige Melodie hallte durch den Innenraum des Fluggleiters. Allmählich wurden die Klänge optimistischer, bis sie sich zu einem enthusiastischen Jubel steigerten. Unsere feyerdalischen Begleiter lauschten fasziniert und beinahe andächtig.
Der Gleiter neigte den Bug. Erneut schaute ich in die Tiefe.
Die Nebel hatten sich aufgelöst, nur an dem höchsten Gipfel des Kleinkontinents klebte noch eine düstere Wolke. Ich ertappte mich bei der unsinnigen Überlegung, ob Mullin mit seinem Orgelspiel den Himmel über Yuurmischkohn aufgeheitert hätte.
Ich wandte mich an Ruurdoc. »Wäre es möglich, Yuurmischkohn per Rundflug genauer zu besichtigen?«
Seine Miene wurde abweisend, dennoch formulierte er seine Absage überaus höflich. »Es ist uns leider nicht gestattet, den Berührungskreis zu inspizieren, Perry Rhodan. Deshalb kann ich Ihren Wunsch bedauerlicherweise nicht erfüllen.«
»Werden Sie uns direkt in die Kontaktzentrale bringen, Ruurdoc?«, fragte Honth Pryth-Fermaiden, der Techniker und Tierpfleger.
Ruurdoc hob die Hände und spreizte die Finger. »Meine Gefährten und ich sind nicht würdig, die Kontaktzentrale auch nur zu sehen«, antwortete er. »Das bleibt allein den Regelerschaffern und Unfehlbarkeiten vorbehalten. Deshalb werden wir Sie auch nicht direkt zur
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