Silberband 093 - Abschied von Terra
aktivierte vorsichtshalber schon den Minikom.
Mit heller Stimme, die keinen Unterton von Respekt enthielt, verkündete er: »Die Weisen der Iti-Iti haben beschlossen, dass der böse Gott in Gefangenschaft bleiben soll!«
Mit einem Ruck stand ich auf. Der Allerälteste fuhr entsetzt zurück.
»Wie könnt ihr es wagen, den Willen eines Gottes zu missachten!«, fragte ich bedrohlich leise. »Als Strafe für diesen Frevel wird eure Burg vernichtet werden.«
Das Funkgerät war aktiviert. Douc Langur musste, wenn er auf dem Posten war, alles mithören. Ich hoffte, dass er angemessen reagierte.
»Das wagst du nicht!«, gellte die Stimme des Allerältesten. »Ehe der erste Schaden an dieser Burg entsteht, werden wir dich töten!«
»Wahnsinniger!«, herrschte ich ihn an. »Wie kannst du einen Gott töten?«
»Götter sind ebenso verletzlich wie wir«, höhnte er.
»Woher nimmst du diese Lüge?«
»Von einem, der fast ein halbes Dutzend eurer Art hat sterben sehen – an Keulenschlägen, an Messerstichen und dem Stich der Lanze.«
Das klang bedrohlich. Ich dachte unwillkürlich an die Besatzung der Station in den Bergen. Hatten die Mucierer sie also doch umgebracht?
»Zeig mir diesen Lügner!«, verlangte ich.
»Ihn sollst du sehen und viele andere! Herein mit euch, Krieger der Iti-Iti!«
Die Matte am Eingang wurde beiseite gezerrt. Mit schrillen Schreien drang eine Horde bewaffneter Krieger herein. An ihrer Spitze rannte der schmächtige Feuerflieger, der mich in der finsteren Zelle bewacht hatte. Triumphierend wies der Alte auf ihn. »Er ist derjenige, der schon viele von euch hat sterben sehen!«
Meine Lage war fast aussichtslos. Der steinerne Thron bot mir keine Deckung, denn die Mucierer hatten ihn von allen Seiten umrundet. Sie zogen die Lanzen aus den hölzernen Gestellen auf ihrem Rücken und legten sie mit wippenden Armbewegungen auf mich an. Bluff, auf dessen Wort sie vielleicht noch gehört hätten, wirkte völlig abwesend und schien das Geschehen überhaupt nicht wahrzunehmen. Auf meinen Zuruf reagierte er nicht. Wenn nicht Douc Langur rechtzeitig die Energieschleuder einsetzte, war ich verloren.
Es kam anders. Douc Langur reagierte nicht, aber trotzdem ging es mir nicht an den Kragen. Das verdankte ich zunächst einer kleinen Horde von Mucierern, die quietschend hereinstürmten, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her. Sie wandten sich dem Allerältesten zu und überschütteten ihn mit einem derart aufgeregten Redefluss, dass mein Translator schlicht versagte.
Vorerst, schien es, war ich gerettet.
9.
Bluff Pollard hatte seinen Platz auf dem Thron wieder eingenommen. Träumend blickte er vor sich hin.
»Wo ist der Thermostrahler, den ihr mir abgenommen habt?«, fuhr ich ihn an.
Anstatt zu antworten, summte er eine Melodie. Er nahm mich erst wieder wahr, als ich ihn an der Schulter packte und kräftig schüttelte.
»Wo ist der Strahler?«
»Mitsino hat ihn«, antwortete er unbewegt. »Er bewahrt ihn irgendwo auf.«
»Deine Dummheit übersteigt wirklich alle Grenzen. Ich nehme an, es macht dir nicht allzu viel aus, wenn sie mich umbringen.«
Er lächelte und schüttelte langsam den Kopf. »Sie werden dich nicht umbringen. Ich verbiete es ihnen!«
Sein Optimismus war entnervend. »Warum, glaubst du, werden sie auf dich hören?«, fragte ich.
»Ich bin ihr Gott, nicht wahr?«
»Sie haben nicht mehr viel Respekt vor Göttern!«
»Nicht vor bösen«, widersprach er. Wahrscheinlich wollte er noch mehr sagen, aber er kam nicht dazu.
Der Allerälteste hatte den Bericht der aufgeregten Meute zu Ende gehört. Schrill gab er seine Befehle.
»Alle Krieger rücken auf den Hauptstollen ins Innere der Burg vor! Der Eindringling muss mit allen Mitteln aufgehalten werden! Fünf Silberechsen dem Krieger, der mir den Leichnam des Fremden bringt!«
Wer war der Fremde, von dem der Alte sprach? Douc Langur vielleicht? Das hätte erklärt, warum er nicht auf meinen Ruf reagierte.
Die lanzenbewaffneten Krieger eilten dem Ausgang zu. Als sie hindurchdrängen wollten, erwuchs ihnen von außen Widerstand. Jedenfalls war der seltsame Vorgang nur so zu erklären. Aus der Mitte der Krieger kamen plötzlich einzelne zurückgeflogen. Die Menge hatte sich am Ausgang verkeilt, und dort war eine Kraft am Werk, die sie in die Halle zurückbeförderte. Ihr wütendes Heulen gellte mir in den Ohren. Mit ihren Lanzen drangen sie gegen den noch unsichtbaren Gegner vor. Dennoch wurden immer mehr Mucierer
Weitere Kostenlose Bücher