Silberband 095 - Mensch aus dem Nichts
Unterstützung.«
»Wenn ich helfen kann …«
»Ja, du kannst es! Ich werde dich nach Gäa senden, zum Versteck der Menschheit in der Provcon-Faust.«
Ernst Ellert spürte eine abrupte Veränderung – er wurde in einen Körper hineingezogen.
Der Körper hatte einem Mann gehört, untersetzt und sehr muskulös. Das Gesicht wirkte uneben und vierschrötig. Im Widerspruch dazu standen die blauen Augen und das braune lockige Haar. Er wirkte gesund und physisch leistungsfähig. Sein Alter mochte zwischen fünfunddreißig und vierzig Jahren liegen. Die schwieligen Hände und die fliehende Stirn ließen darauf schließen, dass der Mann keine besondere Leuchte war. Er wirkte eher primitiv.
Aber Körper war Körper. Auf den ihn beseelenden Geist kam es letztlich an … Ohne Widerstand ließ Ernst Ellert sich von dem Körper aufnehmen.
Jäh war der Sog wieder da. Ellert fühlte, dass er ins Bodenlose stürzte, doch gab es keine Sterne, die ihm einen Anhaltspunkt geboten hätten.
Und plötzlich war er nicht mehr allein. Der Körper, den ES ihm gegeben hatte und in den sein Bewusstsein geschlüpft war, beherbergte ein zweites Bewusstsein, das sich passiv verhielt und abwartete.
Als er das registrierte, stand er schon auf festem Boden und sah mit den Augen des Mannes, dessen Körper nun sein eigener war, über sich eine rote Sonne am wolkenlosen Himmel …
17.
Die Bürgerversammlung, die routinemäßig in der verfallenen Stadthalle von Stonoc abgehalten wurde, hatte nichts Neues ergeben. Thorn Kersten, Bürgermeister der insgesamt 432 Seelen zählenden Restkolonie auf dem Planeten Stiftermann III im Bedden-System, ging durch die leeren Straßen der Stadt nach Hause.
Seit die Laren und Überschweren in dieses abgelegene System gekommen waren und alle wichtigen Anlagen demontiert hatten, war auf dem ehemaligen Kolonialplaneten nichts mehr los. Jeder, der noch hier lebte, konnte froh sein, nicht mit den anderen Siedlern verschleppt worden zu sein. Aber vielleicht legte das Konzil Wert darauf, dass nicht alles verfiel. Und den Überlebenden von Stiftermann III war nur wichtig, dass man sie in Ruhe ließ. Was in der Milchstraße geschah, blieb für sie ohne Interesse.
In der heutigen Versammlung hatte Forrest Palcot vorgeschlagen, einige der alten Abwehrforts wieder in Stand zu setzen und zumindest den Überschweren einen Denkzettel zu verpassen, wenn sie mal wieder auftauchten. Palcot war Kerstens Gegenspieler. Mit seinen sechzig Jahren hoffte er, den um vierundzwanzig Jahre älteren Bürgermeister der kleinen Restkolonie eines Tages ablösen zu können.
»Statt dass wir zusammenhalten …«, knurrte Kersten unmutig vor sich hin. »Nur vierhundert Menschen sind wir, aber doch nicht einig. Kirna wird ihm schon die Meinung sagen! Schade, dass sie heute nicht dabei war …«
Bei dem Gedanken an seine Frau teilten sich seine Gefühle. Auf der einen Seite hatte sie immer zu ihm gehalten und war ihm eine unschätzbare Hilfe gewesen. Auf der anderen Seite gab es genug Stimmen, die sie als den eigentlichen Bürgermeister bezeichneten. Thorn Kersten hätte das zwar nie öffentlich zugegeben, aber es stimmte.
»Forrest muss wahnsinnig sein«, beendete er eine Stunde später beim Essen seinen Bericht über die Versammlung. »Wir können froh sein, dass die Laren und ihre Söldner uns in Ruhe lassen. Ich habe keine Lust, den Rest meines Lebens auf einem ihrer Strafplaneten zu verbringen.«
»Ich werde Forrest Palcot schon die Meinung sagen!«, versprach Kirna grimmig. »Er hat Angst vor mir.«
»Vor mir leider nicht«, bedauerte Thorn.
Der Nachmittag verlief dann in Routine. Wie jeder andere Bürger von Stonoc arbeitete auch der Bürgermeister auf den gemeinsamen Feldern. Er schloss sich einer Gruppe von Männern an, die seine Ansichten teilten, weil er keine Lust zum Debattieren verspürte.
Müde kehrten sie zu Beginn der Dämmerung in die Stadt zurück. Vom Rand des Landefelds her stieß eine andere Gruppe zu ihnen. Es waren Männer mit verschlossenen Gesichtern, und an ihrer Spitze ging Forrest Palcot. Sie kamen aus einer Richtung, in der es keine Felder gab.
Thorn Kersten gab sich einen Ruck. »He, Forrest, wo kommt ihr her? Neue Felder angelegt? Davon weiß ich ja nichts.«
Palcot schüttelte stumm den Kopf.
»Da drüben …«, Thorn deutete nach rechts, direkt an dem ehemaligen Raumhafen vorbei, auf dem längst kein Schiff mehr stand, »… da drüben liegen die alten Forts. Willst du mir nicht verraten, was
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