Silberband 095 - Mensch aus dem Nichts
Funkspruch abzustrahlen. Mit anderen Worten: Ich empfehle nicht den offenen, sondern den geheimen Widerstand. Alles andere ist gefährlich.«
Die anschließende Debatte ergab eine überwältigende Mehrheit für den Kompromissvorschlag.
Kommandant Marc und seine Begleiter akzeptierten das Abstimmungsergebnis. Sie hatten immerhin eine Saat ausgebracht, die eines Tages aufgehen würde. Die Einladung zum Abendessen beim Bürgermeister nahmen sie gerne an.
Kirna Kersten brachte nach dem Essen gerade die Weinkrüge, als ein Mann in den Raum stürzte. Thorn sah unwillig auf. »Hast du deine gute Erziehung vergessen, Rarok? Wir haben Gäste, wie du siehst.«
»Der Gefangene, Thorn …! Er ist fort!«
Kersten erhob sich langsam, aber in seinen ruhigen Bewegungen lag eine unheilvolle Drohung. »Wer hatte Wache?«
»Niemand. Nach der Versammlung dachte keiner mehr daran.«
Der Bürgermeister warf Palcot einen wütenden Blick zu, als dieser das Gesicht zu einem hämischen Lachen verziehen wollte.
»Findet den Kerl und bringt ihn her!«
Als sich die Tür wieder geschlossen hatte, fragte Marc: »Ihr habt einen Gefangenen? Was hat er verbrochen?«
Mit wenigen Worten war alles gesagt, was es zu sagen gab.
»Ein Spion der Überschweren …?«, sann der Kommandant der GOR.
»Alles spricht gegen ihn«, bestätigte nun auch Kersten. »Aber der Beweis oder ein Geständnis fehlen.«
Marc warf Orkos einen Blick zu. Der Akone nickte.
»Schafft diesen Spion wieder herbei und überlasst ihn uns!«, sagte der Kommandant. »Wir haben die Mittel, ihn zum Sprechen zu bringen.«
»Wohin sollte er sich schon wenden auf einem sonst unbewohnten Planeten?«, bemerkte Palcot. »Er kann sich in die Berge zurückziehen und dort sein Leben als Einsiedler beenden.«
»So viel Zeit haben wir nicht.« Der Akone legte die Stirn in Falten. »Morgen machen wir uns mit einem Gleiter auf die Suche. Wir finden ihn.«
»Und was dann?«, fragte Kersten beunruhigt. »Wollen Sie den Mann an Bord Ihres Schiffes verhören?«
»Wir werden ihn zu unserem Hauptstützpunkt bringen. Falls er wirklich ein Spion der Laren oder Überschweren ist, könnten wir wertvolle Dinge in Erfahrung bringen. Machen Sie sich keine Sorgen um sein Wohlergehen – tot nützt er uns nichts.«
Der Bürgermeister hatte trotzdem Bedenken. »Sollte er ein Spion sein, dann ist seinen Auftraggebern bekannt, wo er sich aufhält. Wenn er nicht zurückkehrt, werden sie sich bei uns umsehen. Was sollen wir dann sagen?«
Marc beugte sich vor. »Die Wahrheit, Kersten, nur die Wahrheit! Wir haben keine Furcht vor den Überschweren, und sie sollen ruhig wissen, dass wir nicht untätig sind.«
»Aber sie werden uns bestrafen.«
»Wieso denn? Sagt ihnen einfach, der Mann habe frei unter euch gelebt, und dann seien wir gekommen und hätten ihn mitgenommen.«
»Richtig!«, rief Palcot. »Wir sind den Spion los und tragen nicht länger die Verantwortung für ihn.«
»Ich habe keine Einwände mehr«, erklärte Thorn Kersten.
Ernst Ellert lauschte in die Dunkelheit des provisorischen Kerkers.
»Ich glaube, Gorsty, die Wächter sind fort«, stellte er nach einer Weile fest. »Ich kann sie jedenfalls nicht mehr hören.«
»Sie stehen schon seit einiger Zeit nicht mehr vor der Tür«, erwiderte der Junge. »Sie wurden abgezogen.«
»Eine Falle?«
»Das glaube ich nicht. Vielleicht halten sie wieder eine ihrer Versammlungen ab.«
Ellert hatte es sich abgewöhnt, allein Entscheidungen zu treffen, seit Ashdons Bewusstsein bei ihm war. Der Junge besaß ein gutes Urteilsvermögen und war äußerst praktisch veranlagt. Er bedeutete in jeder Situation eine unschätzbare Hilfe.
»Sollen wir die Flucht wagen?«
»Ich schlage vor, ja«, antwortete Gorsty.
Ernst Ellerts Bewusstsein zog sich zurück und überließ dem Jungen die Initiative und den gemeinsamen Körper. Einmal zur Flucht entschlossen, hantierte Gorsty Ashdon an dem primitiven Schloss, bis es aufschnappte.
Jetzt waren wieder Geräusche zu hören. Sie kamen von oben, aus dem Gemeindesaal. Jemand sprach, mehrfach erklang Beifall.
Tatsächlich eine Sitzung, dachte Ashdon erleichtert. Sie haben genug mit sich selbst zu tun und werden nicht auf mich … auf uns achten.
»Ich übernehme nun wieder, Gorsty, aber zieh dich nicht zurück.«
Vorsichtig schlich Ellert durch den Kellergang bis zur Treppe. Seine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit.
Die obere Tür war unverschlossen, Gorsty Ashdon musste nicht noch einmal
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