Silberband 096 - Die Gravo-Katastrophe
dem kleinen Datenholo prangte die Aufforderung, die nächste Anfrage zu starten. Auf der großen Anzeige leuchtete die Schrift Privilegierte Information. Grukel formulierte seine Fragen mit Hilfe der Lichttastatur und bekam bestätigt, was schon Ponto gesagt hatte: Knapp ein Prozent der Funktionen des Riesenrechners war aktiv. Er prüfte weiter und erfuhr, dass Rechneraktivität sogar nur in bestimmten Sektoren vorhanden war.
Athosien wollte sich weitere Daten beschaffen, da hörte er das Geräusch einer aufgleitenden Tür. Er wandte sich um – langsam, weil er aus Erfahrung wusste, dass hastige Bewegungen gefährlich sein konnten – und erblickte einen hochgewachsenen, schlanken Mann, der mit langsamen Schritten und deutlichen Anzeichen der Verwirrung auf ihn zukam.
Grukel stand auf. Der Mann kam ihm bekannt vor. Was ihn aber wirklich beeindruckte, war die schussbereite Waffe in dessen Hand.
Grukel Athosien grinste. »Willkommen«, sagte er.
Es kostete Geoffry Abel Waringer Mühe, seine Überraschung zu ignorieren. Seine erste Frage war nicht besonders geistvoll: »Was haben Sie hier zu suchen?«
Der Fremde grinste eine Spur breiter. »Ich sehe mich hier um, ob ich diese Anlage für meine Zwecke gebrauchen kann.«
»Woher kommen Sie?«
»Von weit her!«
»Weichen Sie nicht aus …«
»Sie würden mir ohnehin nicht glauben.«
»Wie sind Sie hereingekommen?«
Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. »Das fällt in dieselbe Kategorie.«
Waringer wurde zornig. »Sie antworten gefälligst, oder ich …«
Der Fremde ignorierte den Zorn. Plötzlich leuchtete es in seinen Augen, und ein fröhliches Lächeln zog über sein hässliches Gesicht. »Jetzt weiß ich es! Waringer – Geoffry Waringer! Nicht wahr, der sind Sie?«
Waringers Zorn verpuffte. »Woher kennen Sie mich?«, fragte er verblüfft.
»Ich habe Archivbilder von Ihnen gesehen. Damals, als ich noch für den aphilischen Nachrichtendienst arbeitete. Übrigens: Ich bin Grukel Athosien.«
Er streckte die Hand aus. Aber der Wissenschaftler wich einen Schritt zurück und hob den Lauf des Schockers ein paar Zentimeter an, bis er auf Grukels Kopf zielte.
»Bleiben Sie mir vom Leib! Sie sind unbefugt hier eingedrungen. Betrachten Sie sich deshalb als festgenommen.«
In dem Augenblick – für Waringer unbemerkt – geschah etwas Seltsames. Grukel Athosien spürte einen fremden Gedankenstrom. Er erschrak vor der unerbittlichen Härte, die in diesen Mentalimpulsen mitschwang. Gleichzeitig wurde er angeherrscht: »Geh weg da! Jetzt bin ich dran!«
Athosien geriet nur eine halbe Sekunde lang aus dem Gleichgewicht. Die Zeitspanne genügte seinem Konkurrenten jedoch, die Kontrolle zu übernehmen.
Der schlaksige Körper des Konzepts explodierte förmlich. Sein Sprung aus dem Stand heraus kam für Waringer so überraschend, dass er zu spät reagierte. Der Aufprall schleuderte den Wissenschaftler zur Seite, der Schocker wurde ihm aus der Hand geprellt. Waringer schlug mit dem Hinterkopf auf die Metallabdeckung eines Kontrollgeräts und verlor das Bewusstsein.
Einen Atemzug später war Grukel Athosien wieder Herr des Konzepts. Er hatte die Kontrolle nicht zurückgefordert, sie war ihm zugeworfen worden. Eines seiner Mitbewusstseine war anscheinend plötzlich aktiv geworden und hatte ihn vorübergehend aus der kontrollierenden Position verdrängt.
Ponto Sassolas Gedanken, soweit sie dem Überlappungsbereich zugeordnet waren, konnte Athosien einwandfrei erkennen. Aber da war auch ein Komplex von Mentalimpulsen an den Grenzen der Überlappungszone, fast schon in einem der privaten Bereiche. Grukel Athosien empfand eine schonungslose Härte, die er zuvor schon wahrgenommen hatte. Es war eine Unterschwingung, die sämtlichen Gedanken dieses Bewusstseins anzuhängen schien.
Unter seinen sechs Mitbewusstseinen gab es nur eines, dem solche Härte zuzutrauen war: Veyto Balaschy, den Nutzwaffen-Radikalplaner.
Grukels Athosiens Gedanken waren beinahe so erbarmungslos wie die Balaschys, als er formulierte: »Du hast mich einmal überrascht, Veyto. Versuch's niemals wieder!«
Ein dumpfes Rumoren erfüllte Reginald Bulls Schädel. Er hörte Geräusche und schlug die Augen auf. Mit Mühe erkannte er, dass er sich in einer Krankenstation befand. Ein Medoroboter stand neben seiner Liege und beobachtete ihn mit einer Reihe optischer Sonden. Bully stemmte sich auf den Ellenbogen hoch. »Wo ist der Narr hin?«, knurrte er.
»Sie bedürfen noch der Ruhe«, mahnte der
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